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Beim Formulieren von Gesetzestexten stellt sich regelmässig die Frage, ob man den Pflichtcharakter eines Rechtssatzes sprachlich explizit zum Ausdruck bringen soll (z. B. mit dem Modalverb müssen) oder ob man davon ausgehen kann, dass der Pflichtcharakter auch ohne eine solche explizite sprachliche Markierung verstanden wird und es deshalb reicht, wenn man den Satz quasi deskriptiv formuliert. Im Schweizer Recht kommen beide Formulierungsvarianten vor. So ist etwa im ersten der folgenden beiden Beispiele der Pflichtcharakter sprachlich explizit markiert, während er im zweiten Beispiel implizit bleibt:
Die Kantone müssen alle wirksamen und angemessenen Massnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass der Urnengang korrekt durchgeführt und abgeschlossen werden kann. (Art. 24j Abs. 1 VPR1)
Die Kantone ordnen jedem Zivilstandsamt die nötige Anzahl Zivilstandsbeamtinnen und Zivilstandsbeamte zu. (Art. 4 Abs. 1 erster Satz ZStV)
Trotz der unterschiedlichen Formulierung verpflichten beide Rechtssätze die Kantone dazu, gewisse Handlungen vorzunehmen. In der ersten Bestimmung ist das am Modalverb müssen unmittelbar erkennbar, in der zweiten Bestimmung muss es aus der Tatsache abgeleitet werden, dass der Satz in einem Gesetzestext steht. Man hätte die beiden Rechtssätze auch genau umgekehrt formulieren können, ohne dass sich an ihrer Bedeutung etwas geändert hätte:
Die Kantone ergreifen alle wirksamen und angemessenen Massnahmen, um zu gewährleisten, dass der Urnengang korrekt durchgeführt und abgeschlossen werden kann.
Die Kantone müssen jedem Zivilstandsamt die nötige Anzahl Zivilstandsbeamtinnen und Zivilstandsbeamte zuordnen.
Ist es also lediglich eine Frage des Geschmacks, ob man den Pflichtcharakter eines Rechtssatzes sprachlich explizit zum Ausdruck bringt oder es dem Leser überlässt, ihn aus dem Zusammenhang herzuleiten? Ist die Verwendung des Modalverbs müssen ein Relikt aus alten Zeiten, in denen Gesetze in einem «barockeren» Sprachstil formuliert wurden als heute (vgl. Wüest 2011, 105)? Kann in Gesetzestexten im Sinne der Knappheit sogar ganz auf das Modalverb müssen verzichtet werden, weil damit etwas ausgedrückt wird, das sowieso klar ist? Oder gibt es etwa doch Gründe, die dafürsprechen, den Pflichtcharakter eines Rechtssatzes in bestimmten Fällen mit dem Modalverb müssen sprachlich explizit zu machen?
Diesen Fragen wird im vorliegenden Beitrag nachgegangen. Dabei wird zunächst beschrieben, welche Arten von Modalität es in Gesetzestexten überhaupt gibt (Ziff. 2)? Darauf aufbauend wird erörtert, welchen Zweck die explizite sprachliche Markierung des Pflichtcharakters eines Rechtssatzes erfüllen kann und wann es Sinn macht, auf eine solche zu verzichten (Ziff. 3). Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen werden dann ein paar wiederkehrende Zweifelsfälle diskutiert (Ziff. 4). Zum Schluss werden die wichtigsten Erkenntnisse in Form von einfachen Handlungsanleitungen für die Gesetzesredaktion zusammengefasst (Ziff. 5).
Um die eingangs gestellte Frage, nämlich wann man den Pflichtcharakter eines Rechtssatzes sprachlich explizit machen soll und wann er implizit bleiben kann, beantworten zu können, muss man sich zunächst vergegenwärtigen, welche verschiedenen Arten von Modalität in Gesetzestexten überhaupt vorkommen und was für Inhalte sie zum Ausdruck bringen. Erst dann stehen der Gesetzesredaktion Kategorien zur Verfügung, die es ihr erlauben, sich im Einzelfall nicht nur intuitiv, sondern wissenschaftlich begründet für die eine oder andere Formulierung zu entscheiden. Diese Kategorien sollen im Folgenden erarbeitet werden.
Der sprachwissenschaftliche Begriff der «Modalität» bezeichnet zunächst ganz allgemein die Haltung, die der Sprecher zur Geltung des in einer Aussage dargestellten Sachverhalts einnimmt (vgl. Bussmann 2008, 442). So haben die folgenden drei Sätze etwa den gleichen Sachverhalt zum Inhalt, unterscheiden sich aber darin, dass der Sprecher jeweils andere Annahmen in Bezug auf die Geltung dieses Sachverhalts trifft:
Der Baum wird gefällt.
Wird der Baum gefällt?
Der Baum sollte gefällt werden!
In einem engeren, gebräuchlicheren Sinn bezieht sich der Begriff der «Modalität» dagegen nur auf Situationen, in denen der Sprecher einen Sachverhalt nicht als gegeben, sondern lediglich als notwendig oder möglich auffasst (vgl. Fabricius-Hansen 2016, 579):
Der Baum muss gefällt werden. (Notwendigkeit)
Der Baum kann gefällt werden. (Möglichkeit)
Die Notwendigkeit oder Möglichkeit eines Sachverhalts kann allerdings verschiedene Ursachen haben, und entsprechend können verschiedene Arten von Modalität unterschieden werden (vgl. Palmer [1986] 2001, 8–10; Kratzer 1991, 639 f.; Nuyts 2016, 33–40). Zum einen kann Notwendigkeit oder Möglichkeit eines Sachverhalts sozialer (z. B. rechtlicher) Natur sein (sog. deontische Modalität):
Die Verkehrsteilnehmer müssen die Verkehrsregeln beachten.
Das Inserat kann bis Ende Woche am Anschlagbrett hängen bleiben.
Die Notwendigkeit oder Möglichkeit eines Sachverhalts kann aber auch einfach den faktischen Gegebenheiten geschuldet sein (sog. dynamische Modalität):
Um Wasser zum Kochen zu bringen, muss man es auf mindestens 100 Grad Celsius erwärmen.
Diese Türe kann nur von aussen geöffnet werden.
Schliesslich kann die Notwendigkeit oder Möglichkeit eines Sachverhalts auch den Erkenntnisstand des Sprechers widerspiegeln (sog. epistemische Modalität):
So wie er aussieht, muss er seit Tagen nicht mehr geschlafen haben.
Vielleicht ist er verstorben, er kann aber auch einfach weggezogen sein.
In Gesetzestexten erwartet man vor allem deontische Modalität. Für die Rechtsfolgeseite von Normen trifft das auch grossmehrheitlich zu. Auf der Tatbestandsseite findet man dagegen auch regelmässig Fälle von dynamischer und epistemischer Modalität. Die folgende Bestimmung enthält alle drei Arten von Modalität:
Das BLW kann für gewisse geografische Gebiete festlegen, dass die Verwendung von Schwefeldioxid bis zu den nach der Lebensmittelgesetzgebung festgelegten Höchstwerten zugelassen ist, falls die aussergewöhnlichen Witterungsbedingungen in einem bestimmten Erntejahr den Gesundheitszustand von biologischen Trauben in diesen Gebieten durch heftigen Bakterien- oder Pilzbefall beeinträchtigen und falls davon ausgegangen werden muss, dass mehr Schwefeldioxid als in den Vorjahren verwendet werden muss, um ein vergleichbares Enderzeugnis zu erhalten. (Art. 16n Abs. 2 BioV)
Der Rechtsfolgeteil dieser Norm enthält an zwei Stellen deontische Modalität («Das BLW kann ... festlegen, dass die Verwendung ... zugelassen ist»). Im Tatbestandsteil findet man dagegen epistemische Modalität und dynamische Modalität: Die beiden Vorkommen des Modalverbs müssen drücken in diesem Rechtssatz keine rechtlichen Notwendigkeiten aus, sondern sie bezeichnen Notwendigkeiten, die auf den Erkenntnisstand der betroffenen Person («falls davon ausgegangen werden muss») bzw. auf die faktischen Umstände («dass mehr ... verwendet werden muss, um ein vergleichbares Enderzeugnis zu erhalten») zurückzuführen sind.
Das Beispiel zeigt auch, dass das Modalverb müssen, wenn es im dynamischen oder epistemischen Sinn verwendet wird, nicht ersatzlos gestrichen werden kann: Die Bedeutung des obigen Tatbestands würde sich verändern, wenn man die beiden Vorkommen von müssen wegliesse («falls davon ausgegangen wird, dass mehr ... verwendet wird, um ein vergleichbares Enderzeugnis zu erhalten»). Wenn im Folgenden also gefragt wird, wann in Gesetzestexten auf eine explizite Markierung von Modalität verzichtet werden kann bzw. verzichtet werden soll, so bezieht sich das nur auf deontische Modalität. Dynamische und epistemische Modalität muss in Gesetzestexten immer explizit zum Ausdruck gebracht werden.
Teilte man gesetzliche Bestimmungen nur in Kann- und in Muss-Bestimmungen ein, würde man der Vielfalt an Typen von Rechtssätzen (sog. Normtypen), die man in Gesetzestexten finden kann, nicht gerecht: In Gesetzestexten gibt es noch feinere Abstufungen von Modalität. Will man also nach der Versprachlichung rechtlicher Modalität fragen, so ist zunächst eine weitere Differenzierung der verschiedenen Normtypen vorzunehmen. Diese Normtypen sollen deshalb im Folgenden überblicksmässig dargestellt werden (vgl. Larenz/Canaris 1995, 71–85; Röhl/Röhl 2008, 223–239; Rüthers et al. 2013, 80–87; Schluep 2006, 90–132).
Verhaltensnormen definieren Handlungspflichten (Gebote) und Handlungsrechte (Erlaubnisse) sowie Unterlassungspflichten (Verbote) und Unterlassungsrechte (Freistellungen). Sie werden prototypisch mit den Modalverben müssen und dürfen (Gebote und Erlaubnisse) bzw. nicht dürfen und nicht müssen (Verbote und Freistellungen) sprachlich zum Ausdruck gebracht:
Gebot:
Der Fahrzeugführer muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zu wenden. (Art. 3 Abs. 1 erster Satz VRV)
Verbot:
Tiere dürfen nicht dauernd angebunden gehalten werden. (Art. 2 Abs. 2 TSchV)
Erlaubnis:
Erzeugnisse [...] dürfen als biologische Produkte gekennzeichnet werden, wenn sie nach dieser Verordnung produziert oder eingeführt sowie aufbereitet und vermarktet werden. (Art. 2 Abs. 1 BioV)
Freistellung:
Der Leistungsempfänger muss nicht prüfen, ob die Mehrwertsteuer zu Recht eingefordert wurde. (Art. 59 Abs. 2 erster Satz MWSTV)
Im Hinblick auf die Modalität ist entscheidend, dass Verhaltensnormen präskriptiver Natur sind: Sie regulieren bereits vorhandene (d. h. natürliche) Handlungsmöglichkeiten, indem sie vorschreiben, ob eine bestimmte Handlung, zu der die Normadressaten grundsätzlich befähigt sind, ausgeführt werden muss oder darf bzw. unterlassen werden muss oder darf.
Im Gegensatz zu reinen Verhaltensnormen konstituieren Organisations- und Verfahrensnormen neue (d. h. institutionelle) Handlungsmöglichkeiten: Es handelt sich um Normen, die «rechtliches Können» erschaffen und damit «rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten erst begründen» (Rüthers et al. 2013, 98; zur Unterscheidung zwischen natürlichem und institutionellem Handeln siehe Searle [1995] 2013). In der Gesetzessprache werden solche Ermächtigungen zu rechtlichem Handeln typischerweise mit dem Modalverb können realisiert. Ein Beispiel dafür ist die folgende Bestimmung:
Die inhaftierte Person kann einen Monat nach der Haftüberprüfung ein Haftentlassungsgesuch einreichen. (Art. 80 Abs. 5 erster Satz AIG)
Bei dieser Bestimmung geht es nicht etwa darum, ein natürliches Handeln zu erlauben, sondern ein institutionelles Handeln überhaupt erst zu ermöglichen: Die betroffenen Personen werden befähigt, unter den angegebenen Voraussetzungen die beschriebene institutionelle Handlung – das Einreichen eines Haftentlastungsgesuchs – zu vollziehen.
Der Unterschied zwischen (konstitutiver) Ermächtigung und (präskriptiver) Erlaubnis wird besonders deutlich, wenn man die beiden Normtypen einander gegenüberstellt. Das zeigt die folgende Bestimmung:
Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann. (Art. 62 Abs. 2 OR)
Diese Bestimmung enthält sowohl eine (negierte) Ermächtigung («kann ... keinen Ersatz verlangen») als auch eine Erlaubnis («darf ... wieder wegnehmen»): Beim Verlangen eines Ersatzes handelt es sich um eine institutionelle, beim Wegnehmen des verwendeten Teils einer Sache um eine natürliche Handlung. Die Ermächtigung ist mit dem Modalverb können, die Erlaubnis mit dem Modalverb dürfen realisiert. Dass die beiden Teile der Bestimmung nicht die gleiche Modalität aufweisen, zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass man die Erlaubnis zwar auch mit können, die Ermächtigung aber nicht mit dürfen formulieren könnte, ohne dass sich die Bedeutung (ins Unsinnige) verschöbe:
Für andere Verwendungen darf er keinen Ersatz verlangen, kann aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.
Der erste Teil der Bestimmung («für andere Verwendungen ... Ersatz verlangen») besagt nun nicht mehr, dass die betroffene Person nicht die Möglichkeit hat, einen Ersatz zu verlangen, sondern verbietet dieser Person lediglich, einen solchen zu verlangen. Sie untersagt also die natürliche Handlung des Verlangens anstatt, wie eigentlich gedacht, das institutionelle Anrecht auf einen Ersatz zu negieren. Ähnlich unsinnig ist (aus heutiger Sicht) die Modalität der folgenden Bestimmung:
Bei Fund in einem bewohnten Hause oder in einer dem öffentlichen Gebrauch oder Verkehr dienenden Anstalt wird der Hausherr, der Mieter oder die Anstalt als Finder betrachtet, hat aber keinen Finderlohn zu beanspruchen. (Art. 722 Abs. 3 ZGB)
Die Konstruktion nicht haben zu hat dieselbe Bedeutung wie nicht dürfen; die Bestimmung hat also die sprachliche Form eines Verbotes. Hier soll aber dem Finder nicht verboten werden, einen Finderlohn zu beanspruchen (und womöglich mit lautem Gezeter einzufordern), sondern es soll geregelt werden, dass er rechtlich gar keinen Anspruch auf einen solchen hat. Nach heutigem Sprachverständnis wäre diese Modalität der Norm mit nicht können besser zum Ausdruck gebracht gewesen als mit nicht haben zu. Während also das Modalverb können sowohl eine Erlaubnis als auch eine Ermächtigung ausdrücken kann, kann das Modalverb dürfen nur für Ersteres verwendet werden: Es drückt nie die Befähigung zu einer institutionellen, sondern immer nur die Erlaubnis zu einer natürlichen Handlung aus.
Für unsere Zwecke bedeutungsvoller ist allerdings die Tatsache, dass Organisations- und Verfahrensnormen oft nicht nur eine Handlungsmöglichkeit, sondern zugleich auch eine Handlungspflicht konstituieren. Die folgende Bestimmung macht diese kombinierte Modalität sprachlich explizit, in dem sie die beiden Modalverben können und müssen gemeinsam verwendet:
Der Generalsekretär kann und muss die einem Beamten gewährte Immunität in allen Fällen aufheben, in denen nach seiner Auffassung die Immunität die normale Durchführung eines Gerichtsverfahrens verhindern würde [...]. (Art. 19 zweiter Satz AAVIE)
Solche Doppelformulierungen sind allerdings ausgesprochen selten; am ehesten trifft man sie noch als Umschreibung an («... hat das Recht und die Pflicht ...»). In den allermeisten Fällen sind aber Rechtssätze, die zu einer Handlung sowohl ermächtigen als auch verpflichten, ohne explizite sprachliche Markierung der Modalität formuliert. Ein Beispiel dafür ist die folgende Bestimmung:
Das Bundesgericht regelt seine Organisation und Verwaltung. (Art. 13 BGG)
Auch wenn sie dies nicht ausdrücklich sagt, überträgt diese Bestimmung dem Bundesgericht sowohl das Recht als auch die Pflicht, seine Organisation und Verwaltung selber zu regeln. Diese doppelte Modalität muss aber aus dem Zusammenhang hergeleitet werden; im Wortlaut der Bestimmung kommt sie nicht zum Ausdruck.
Auch Strafnormen ermächtigen und verpflichten den Staat dazu, bestimmte Handlungen vorzunehmen. Insofern sind sie also konstitutiv: Sie schaffen rechtliches Können. Wie andere solche Normen werden auch Strafnormen typischerweise ohne explizite sprachliche Markierung der Modalität formuliert. Ein Beispiel dafür ist etwa die folgende Strafbestimmung:
Wer Wahl- und Stimmzettel planmässig einsammelt, ausfüllt oder ändert oder wer derartige Wahl- und Stimmzettel verteilt, wird mit Busse bestraft. (Art. 282is StGB)
Der Staat ist sowohl dazu berechtigt als auch verpflichtet, Stimmenfang mit Busse zu bestrafen. In diesem Sinne unterscheiden sich Strafnormen nicht von anderen Normen, die staatliche Aufgaben festlegen.
In vielen Fällen machen Strafnormen jedoch zusätzlich auch noch eine präskriptive Aussage: Sie kommunizieren eine implizite Verhaltensnorm (vgl. Weinberger 1988, 90). So wird etwa das vorsätzliche Töten eines Menschen im Schweizer Recht nirgends ausdrücklich verboten. Ein Pendant zum Gebot «Du sollst nicht töten!», wie es aus dem Alten Testament bekannt ist, sucht man in der schweizerischen Gesetzgebung vergeblich. Das vorsätzliche Töten eines Menschen wird dort lediglich implizit verboten, nämlich indem es unter Strafe gestellt wird:
Wer vorsätzlich einen Menschen tötet [...], wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (Art. 111 StGB)
Indirekt drückt diese Strafnorm also auch eine Verhaltensnorm aus, die, wenn man sie explizit machen wollte, etwa wie folgt lauten würde:
Niemand darf einen Menschen vorsätzlich töten.
Streng genommen enthalten Strafnormen allerdings nur dann eine implizite Verhaltensnorm, wenn diese Verhaltensnorm nicht selber explizit im Gesetz steht. Ist die Verhaltensnorm an anderer Stelle im Text ausformuliert, so ist die Normaussage der Strafnorm tatsächlich nur die einer Norm, die den Staat ermächtigt und verpflichtet, Verletzungen der entsprechenden Verhaltensnorm zu bestrafen. Das wird dann besonders deutlich, wenn die Strafnorm in ihrem Tatbestand die Verhaltensnorm nicht wiederholt, sondern lediglich auf sie verweist. Ein Beispiel dafür ist die folgende Strafbestimmung:
Wer Vorschriften dieser Verordnung verletzt, wird, wenn keine andere Strafbestimmung anwendbar ist, mit Busse bestraft. (Art. 96 VRV)
Meta-präskriptiver Natur ist die Modalität von Zielnormen: Zielnormen regeln nicht eine Sache an sich, sondern schreiben lediglich vor, wie andere Normen umzusetzen sind – nämlich so, dass ein bestimmtes Ziel möglichst erreicht wird. Dabei ist allerdings meist nur bedingt beeinflussbar, ob dieses Ziel dann auch tatsächlich erreicht wird (vgl. Müller/Uhlmann 2013, Rz. 304).
Sprachlich wird die besondere Modalität von Zielnormen typischerweise mit dem Modalverb sollen zum Ausdruck gebracht.2 Das zeigt zum Beispiel die folgende Bestimmung:
In der praktischen Grundschulung soll der Fahrschüler sich das für das Fahren im Verkehr erforderliche Grundverständnis der Fahrdynamik und die Blicktechnik aneignen und lernen, das Fahrzeug richtig zu bedienen. (Art. 19 Abs. 2 erster Satz VZV)
Diese Norm legt fest, wie die praktische Grundschulung von Fahrschülern ausgestaltet sein und auf welches Ziel dabei hingearbeitet werden soll. Ob das Ziel im Einzelfall erreicht wird, ist natürlich nicht etwas, das der Gesetzgeber verbindlich vorschreiben kann. Er kann lediglich vorschreiben, dass die Normadressaten darauf hinarbeiten, dieses Ziel zu erreichen. Eine Formulierung mit müssen anstatt sollen wäre hier deshalb unangebracht gewesen.3
Schliesslich gibt es auch Normen, deren Modalität als meta-konstitutiv bezeichnet werden kann. Dazu gehören insbesondere die verschiedenen Typen von Hilfsnormen: Legaldefinitionen, gesetzliche Fiktionen, gesetzliche Vermutungen. Sie stellen gesetzgeberische Hilfskonstrukte dar, mit denen der Geltungsbereich anderer Normen eingeschränkt oder erweitert wird.
Legaldefinitionen präzisieren die Bedeutung eines vagen, missverständlichen oder wenig gebräuchlichen Begriffs (vgl. Bratschi 2009). So definiert etwa die folgende Begriffsbestimmung, unter welchen Voraussetzungen zwei Personen als «in gerader Linie miteinander verwandt» gelten:
In gerader Linie sind zwei Personen miteinander verwandt, wenn die eine von der andern abstammt [...]. (Art. 20 Abs. 2 erster Halbsatz ZGB)
Gesetzliche Fiktionen schreiben vor, dass ein Sachverhalt unter einen bestimmten Tatbestand fällt, obwohl er aufgrund des Wortlauts eigentlich gerade nicht darunter fallen würde. So legt die folgende Bestimmung etwa fest, dass auch der Gebrauch einer Marke durch Dritte als Eigengebrauch durch den Inhaber der Marke gilt, sofern dieser dem Gebrauch zugestimmt hat:
Der Gebrauch der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Gebrauch durch diesen selbst. (Art. 11 Abs. 3 MSchG)
Gesetzliche Vermutungen regeln schliesslich, dass ein Tatbestand unter bestimmten Voraussetzungen als erfüllt zu betrachten ist, auch wenn der Nachweis fehlt, dass dies tatsächlich der Fall ist. Vermutungen sind Beweislastregeln. Dabei ist zwischen gesetzlichen Vermutungen zu unterscheiden, die widerlegt werden können, und solchen, die unwiderleglich sind. Die folgenden beiden Beispiele illustrieren den Unterschied zwischen diesen zwei Typen gesetzlicher Vermutungen. Die erste Vermutung kann durch Vorlegen entsprechender Beweise (z. B. eines DNA-Tests) widerlegt werden, die zweite nicht:
Ist ein Kind während der Ehe geboren, so gilt der Ehemann als Vater. (Art. 255 Abs. 1 ZGB)
Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung gilt als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 Gewichtspromille oder mehr aufweist [...]. (Art. 1 Bst. a VAGWS)
Sprachlich werden Hilfsnormen, wie die obigen Beispiele zeigen, typischerweise mit der Konstruktion A gilt als B zum Ausdruck gebracht; bei Legaldefinitionen kommen zudem Umschreibungen wie A im Sinne dieses Gesetzes ist B oder A im Sinne dieser Verordnung umfasst B zum Einsatz (vgl. Höfler et al. 2011). Obwohl auch Hilfsnormen für die rechtsanwendenden Behörden verpflichtend sind, ist eine explizite Kennzeichnung der Modalität mit dem Modalverb müssen oder einem äquivalenten Ausdruck nicht üblich; Formulierungen wie die folgende sind im Schweizer Recht selten:
Eine Uhr ist als Schweizer Uhr anzusehen, wenn: [...]. (Art. 1a VBSNU)
Insgesamt lässt sich also in Bezug auf die Modalisierung der verschiedenen Typen von Pflichtnormen durchaus ein Muster beobachten: Verhaltensnormen werden typischerweise mit einem Modalverb formuliert, während Organisations- und Verfahrensnormen, Strafnormen und Hilfsnormen meistens ohne Modalverb auskommen. Ein Muster ist aber noch keine Erklärung. Lässt sich das Beobachtete auch sprachwissenschaftlich begründen? Das ist in der Tat möglich – sofern man Rechtssätze nicht nur als bedeutungstragende sprachliche Einheiten, sondern als kommunikative Handlungen zu verstehen versucht. Das soll im Folgenden unternommen werden.
Die linguistische Pragmatik geht in Anlehnung an die sprachphilosophischen Arbeiten von Austin (1962) und Searle ([1969] 2013) davon aus, dass mit sprachlichen Äusserungen nie nur Sachverhalte beschrieben, sondern immer auch kommunikative Handlungen, sogenannte Sprechakte, vollzogen werden. Der Sprecher verfolgt mit einer sprachlichen Äusserung eine Absicht: Er will einen bestimmten Zielzustand in der Welt herbeiführen. Searle ([1979] 1982) unterscheidet dabei fünf Typen von Sprechakten, an denen sich – trotz verschiedentlich vorgebrachter Kritik – nach wie vor auch die meisten modernen Ansätze orientieren (vgl. Meibauer 2001, 97 f.; Adamzik 2016, 176; Liedtke 2016, 62 f.): Assertiva, Direktiva, Kommissiva, Expressiva und Deklarativa. Sie sind deshalb auch den folgenden Überlegungen zugrunde gelegt. In Gesetzestexten kommen alle fünf von Searle unterschiedenen Typen von Sprechakten vor – wenn auch mit unterschiedlicher Häufigkeit.
Als assertive Sprechakte werden Sprechakte bezeichnet, mit denen der Sprecher den Adressaten über einen Sachverhalt in Kenntnis setzt. Es sind dies also z. B. Sprechakte des Feststellens, Behauptens, Mitteilens, Berichtens, Aussagens und Informierens. Assertive Sprechakte in Gesetzestexten werden in der Rechtsetzungslehre als «deklaratorisch» bezeichnet. Sie gelten als unerwünscht. Gesetzestexte sollen normieren, nicht informieren; assertive Sprechakte können in Gesetzestexten «zu Unsicherheiten bei der Interpretation führen, weil auch den rechtsanwendenden Organen nicht immer klar sein dürfte, ob der infrage stehende Text normativen oder bloss informativen Charakter hat» (Müller/Uhlmann 2013, 194; vgl. Lötscher 1995, 118).
Mindestens ein assertiver Sprechakt ist in den Erlasstexten des Bundes aber relativ weit verbreitet und aufgrund seiner konventionalisierten Funktion redaktionell auch einigermassen unproblematisch: die Gegenstandsbestimmung. Gegenstandsbestimmungen dienen dazu, die Leserinnen und Leser darüber zu informieren, welche Materie in einem Erlass geregelt wird; zudem geben sie oft einen ersten Hinweis auf den Aufbau des Textes und helfen damit den Leserinnen und Lesern, sich im Erlass möglichst rasch zurechtzufinden (vgl. Höfler 2017, N 29–35). Eine typische Gegenstandsbestimmung lautet z. B. wie folgt:
Dieses Gesetz regelt die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt sowie den Familiennachzug von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz. (Art. 1 erster Satz AIG)
Diese Bestimmung ist ohne Modalverb formuliert, bringt aber im Gegensatz zu den meisten anderen so formulierten Bestimmungen keine Pflicht zum Ausdruck. Sie hat lediglich die Funktion einer Lesehilfe, stellt also einen assertiven Sprechakt dar.
Als direktive Sprechakte werden in der Sprechakttheorie Sprechakte bezeichnet, mit denen der Sprecher den Adressaten zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen versucht. Dazu gehören z. B. Akte des Bittens, Befehlens, Aufforderns, Verlangens oder Fragens. In Gesetzestexten können Verhaltensnormen die Rolle von direktiven Sprechakten spielen: Mit ihnen fordert der Gesetzgeber die Rechtsunterworfenen – allenfalls unter Strafandrohung – dazu auf, bestimmte Handlungen auszuführen oder zu unterlassen. Als Beispiel sei noch einmal die folgende Bestimmung angeführt:
Der Fahrzeugführer muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden. (Art. 3 Abs. 1 VRV)
Hier dient das Modalverb müssen als sogenannter Illokutionsindikator (vgl. Searle [1969] 2013, 49f.; Polenz [1985] 2008, 197 f.): Es gibt den Leserinnen und Lesern einen Hinweis darauf, was für ein Sprechakt mit der vorliegenden Äusserung vollzogen werden soll. Noch etwas autoritärer kommt der direktive Charakter einer Bestimmung bei der Formulierung mit sein zu oder haben zu zum Ausdruck:
Rechtsschriften sind in einer Amtssprache ab zu fassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. (Art. 24 Abs. 1 BGG)
Während in einem direktiven Sprechakt der Sprecher den Adressaten zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, verpflichtet er sich in einem kommissiven Sprechakt selbst, eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Kommissiv sind z. B. Akte des Gelobens, des Zusicherns, aber auch des Anbietens und des Drohens. In Gesetzestexten treffen wir kommissive Sprechakte überall dort an, wo sich der Staat gegenüber dem Bürger auf ein bestimmtes Verhalten festlegt. Das ist z. B. in den folgenden beiden Bestimmungen der Fall:
Die Versammlungsfreiheit ist gewährleistet. (Art. 22 Abs. 1 BV)
Betrifft das Gesuch amtliche Dokumente, die Personendaten enthalten, und zieht die Behörde die Gewährung des Zugangs in Betracht, so konsultiert sie die betroffene Person und gibt ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innert zehn Tagen. (Art. 11 Abs. 1 BGÖ)
In diesen beiden Bestimmungen verpflichtet sich der Staat, die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten bzw. unter den genannten Umständen die betroffene Person zu konsultieren und ihr innert zehn Tagen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Natürlich lassen sich aus diesen Bestimmungen auch Handlungsanweisungen an die Behörden ableiten: Die zuständigen Behörden müssen die Versammlungsfreiheit gewährleisten bzw. die betroffene Person konsultieren und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Formuliert sind die Bestimmungen aber als Zusicherungen gegenüber dem Bürger und damit nicht als direktive, sondern als kommissive Sprechakte.
Ein Vergleich der schweizerischen und der österreichischem Strafbestimmungen für den Tatbestand der Tötung eines Menschen zeigt, dass ein und dieselbe Norm sprachlich sowohl als kommissiver als auch als direktiver Sprechakt realisiert werden kann:
Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird mit Freiheitsstrafe […] bestraft. (Art. 111 StGB)
Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe [...] zu bestrafen. (§ 75 öStGB)
Grundsätzlich regeln diese beiden Bestimmungen dasselbe: die Strafe für das vorsätzliche Töten eines Menschen. Im schweizerischen Sprachgesetzbuch ist diese Norm als Strafandrohung gegenüber den Rechtsunterworfenen formuliert («der Staat verspricht dir, dass du mit Freiheitsstrafe bestraft wirst, wenn du vorsätzlich einen Menschen tötest»), im österreichischen Strafgesetzbuch dagegen als Handlungsanweisung an die rechtsanwendenden Behörden («wenn jemand einen Menschen vorsätzlich tötet, müssen ihn die zuständigen Behörden mit Freiheitsstrafe bestrafen»). Dieselbe Norm ist im einen Fall also als kommissiver Sprechakt und im andern Fall als direktiver Sprechakt formuliert. In der Schweiz ist die Norm sprachlich an die Rechtsunterworfenen adressiert, in Österreich an die Behörden.
Mit einem deklarativen Sprechakt stellt der Sprecher einen bestimmten institutionellen Zustand her. Typische Beispiele sind Akte des Taufens, des Den-Krieg-Erklärens, des Ernennens und des Definierens. Letzteres ist die Form, in der deklarative Sprechakte in Gesetzestexten vorkommen: Legaldefinitionen, gesetzliche Fiktionen und Vermutungen sind alles Sprechakte, mit denen bestimmte institutionelle Tatsachen geschaffen werden. Zur Illustration sei noch einmal das folgende Beispiel angeführt:
Der Gebrauch der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Gebrauch durch diesen selbst. (Art. 11 Abs. 3 MSchG)
Mit dieser Bestimmung wird ein von der physischen Realität abweichendes Faktum konstituiert: Obwohl der Gebrauch der Marke mit Zustimmung des Inhabers in der Realität nicht dasselbe ist wie ihr Gebrauch durch den Inhaber selbst, gilt er institutionell als Gebrauch durch diesen. Rechtlich lässt sich auch aus dieser Bestimmung eine Handlungsanweisung an die Behörden ableiten: Die Behörden müssen den Gebrauch der Marke mit Zustimmung des Inhabers so behandeln, als handle es sich um den Gebrauch durch den Inhaber selbst. Sprachlich ist die Norm aber nicht als direktiver, sondern als deklarativer Sprechakt ausgestaltet.
Als expressive Sprechakte werden schliesslich Sprechakte bezeichnet, mit denen der Sprecher gegenüber dem Adressaten seinen emotionalen Zustand in Bezug auf einen Sachverhalt ausdrückt. Dazu gehören z. B. Akte des Dankens, des sich Entschuldigens, des Beileid-Aussprechens und des Beglückwünschens. In Gesetzestexten kommen expressive Sprechakte kaum vor: Emotionen haben in Gesetzestexten in der Regel nichts verloren. In ganz seltenen Fällen kann der Gesetzgeber aber zu einem expressiven Sprechakt greifen, um bei den Adressaten einen bestimmten psychologischen Effekt zu erreichen. Ein Beispiel dafür ist die folgende Bestimmung aus dem Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981:
Der Bund anerkennt, dass den Opfern Unrecht zugefügt worden ist, das sich auf ihr ganzes Leben ausgewirkt hat. (Art. 3 AFZFG)
Zweck dieser Bestimmung ist nicht, wie man zunächst vermuten könnte, die Herstellung eines institutionellen Zustands. Die Bestimmung dient vielmehr der Rehabilitierung der Opfer; vor allem hat sie aber zum Ziel, den Opfern zu zeigen, dass sie von der Gesellschaft wahrgenommen werden, und ihnen damit die Verarbeitung des Erlebten zu erleichtern. Die Bestimmung hat den Charakter einer Entschuldigung; sie stellt deshalb nicht einen deklarativen, sondern einen expressiven Sprechakt dar (vgl. die Ausführungen in der Botschaft des Bundesrates vom 4. Dez. 2015, BBl 2016 101, hier 118 und 125).
Die dargelegte Auffassung, dass Rechtssätze nicht nur bedeutungstragende sprachliche Einheiten sind, sondern in erster Linie kommunikative Handlungen darstellen, mit denen ein (fiktiver) Sprecher die Welt in einer bestimmten Weise verändern will, erlaubt es nun, sprachwissenschaftlich abgestützte Überlegungen dazu anzustellen, wann der Pflichtcharakter einer Norm in der Gesetzesredaktion explizit zum Ausdruck gebracht werden soll und wann er implizit bleiben kann.
Massstab für die redaktionelle Arbeit an Gesetzesentwürfen ist Artikel 7 Absatz 1 des Sprachengesetzes (SR 441.1), der die Bundesbehörden unter der Sachüberschrift «Verständlichkeit» dazu verpflichtet, sich um eine «sachgerechte, klare und bürgerfreundliche Sprache» zu bemühen (vgl. Höfler 2018, 67–72 zur verfassungsrechtlichen Begründung des Verständlichkeitsgebots). Welchen redaktionellen Nutzen bringt vor diesem Hintergrund die exlizite Modalisierung von Pflichtnormen? Im Folgenden wird gezeigt, dass sie insbesondere zwei Zwecken dient: der Perspektivierung des Textes und der Desambiguierung zwischen Normtypen. Wenn sie richtig eingesetzt wird, fördert die explizite Modalisierung von Pflichtnormen die Bürgerfreundlichkeit und die Klarheit von Gesetzestexten.
Die richtige Versprachlichung der Modalität einer Bestimmung kann dazu beitragen, dass der Staat im entsprechenden Text zu den Bürgerinnen und Bürgern spricht und nicht bloss zu sich selber (vgl. die Bestimmungen aus dem schweizerischen und dem österreichischen Strafgesetzbuch unter Ziff. 2.2.3). Wie das funktionieren kann, veranschaulicht Artikel 6 WeinV:
Art. 6 Widerrechtlich gepflanzte Reben
1 Der Kanton verfügt die Beseitigung widerrechtlich gepflanzter Reben.
2 Die Bewirtschafterin oder der Bewirtschafter oder die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer muss die Reben innerhalb von zwölf Monaten nach Erhalt der Verfügung beseitigen. Nach unbenutztem Ablauf dieser Frist beseitigt der Kanton die Reben auf Kosten des Fehlbaren.
Dieser Artikel enthält drei Bestimmungen: Absatz 1 verpflichtet die Behörden zu einer bestimmten Handlung, Absatz 2 erster Satz verpflichtet Private und Absatz 2 zweiter Satz abermals die Behörden. Dabei fällt auf, dass die beiden Bestimmungen, in denen die Behörden verpflichtet werden, deskriptiv formuliert sind, während in der Bestimmung, in der Private verpflichtet werden, das Modalverb müssen erscheint. Damit wird eine Perspektivierung des Textes erreicht, in der der Staat zu den Bürgern spricht. Pflichten, die sich der Staat selber auferlegt, erscheinen als kommissive Sprachakte: «Ich, der Staat, informiere dich, den Bürger, darüber, dass ich mich so verhalten werde.» Pflichten, die der Staat Privaten auferlegt, erscheinen dagegen als direktive Sprechakte: «Ich, der Staat, informiere dich, den Bürger, darüber, dass du dich so verhalten musst.» Rechtlich sind in der ersten und der dritten Bestimmung zwar die Behörden die Adressaten, sprachlich wenden sich aber alle Bestimmungen des Artikels an die Bürgerinnen und Bürger.
Welche Wirkung hätte eine durchgängige Verwendung des Modalverbs müssen gehabt? Der Artikel hätte dann wie folgt gelautet:
Art. 6 Widerrechtlich gepflanzte Reben
1 Der Kanton muss die Beseitigung widerrechtlich gepflanzter Reben verfügen.
2 Die Bewirtschafterin oder der Bewirtschafter oder die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer muss die Reben innerhalb von zwölf Monaten nach Erhalt der Verfügung beseitigen. Nach unbenutztem Ablauf dieser Frist muss der Kanton die Reben auf Kosten des Fehlbaren beseitigen.
Man kann den Artikel in dieser Formulierung auf zwei Arten lesen: entweder (a) als einen Artikel, der mehrmals den Adressaten und damit die Perspektive wechselt, oder (b) als einen Artikel, der zwar durchgehend zu den Bürgerinnen und Bürgern spricht, dabei aber seltsam rechtfertigend ist. Legt man die erste Lesart zugrunde, wirkt der Artikel kommunikativ inkohärent: In Absatz 1 spricht der Bund zu den Kantonen, im ersten Satz von Absatz 2 spricht der Staat zu den Bürgern und im zweiten Satz von Absatz 2 spricht wieder der Bund zu den Kantonen. Der Text wechselt also von der Behördenperspektive in die Bürgerperspektive und dann wieder in die Behördenperspektive; der Anspruch einer «bürgerfreundlichen» Sprache bleibt unter diesem Gesichtspunkt unerfüllt.
Allerdings kann man eben auch eine zweite Lesart annehmen, in welcher der Text durchgehend aus der Bürgerperspektive formuliert ist, also auch in der ersten und dritten Bestimmung zu den Bürgerinnen und Bürgern spricht. So erweckt nun aber die Formulierung der ersten und der dritten Bestimmung den Anschein, der Gesetzgeber wolle das Handeln der Kantone rechtfertigen oder gar entschuldigen: «Ich weiss, dass das für dich, den Bürger, unangenehm sein wird, aber der Kanton hat unter den genannten Umständen leider gar keine andere Wahl, als so zu handeln: Er muss die widerrechtlich gepflanzten Reben beseitigen, ob er das nun möchte oder nicht.» Rechtfertigungen, Entschuldigungen und Erklärungen gehören aber nicht in einen Gesetzestext: lex iubeat, non suadeat – das Gesetz soll befehlen, nicht überzeugen (vgl. Hernández Ramos/Heydt 2017, 129 f.; Uhlmann/Boxler 2018, 10 f.). Zudem betont die Verwendung von müssen in diesen zwei Bestimmungen einseitig den Aspekt der Verpflichtung und ignoriert den mindestens ebenso relevanten Aspekt der Ermächtigung: Wenn die Frist unbenutzt abläuft, hat der Kanton die Pflicht und das Recht, die Reben auf Kosten des Fehlbaren zu beseitigen (vgl. Ziff. 2.2.2).
Hätte man nun aber umgekehrt sämtliche Bestimmungen, also auch diejenige, in der Private verpflichtet werden, ohne Modalverb formulieren können? Der Artikel hätte dann wie folgt gelautet:
Art. 6 Widerrechtlich gepflanzte Reben
1 Der Kanton verfügt die Beseitigung widerrechtlich gepflanzter Reben.
2 Die Bewirtschafterin oder der Bewirtschafter oder die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer beseitigt die Reben innerhalb von zwölf Monaten nach Erhalt der Verfügung. Nach unbenutztem Ablauf dieser Frist beseitigt der Kanton die Reben auf Kosten des Fehlbaren.
Diese Formulierungsvariante besticht auf den ersten Blick durch ihre Knappheit. Knappheit kann aber auch in der Gesetzesredaktion nie Selbstzweck sein, sondern ist nur dann gerechtfertigt, wenn damit der Verständlichkeit des Textes gedient wird oder sie zumindest keinen Schaden nimmt. Der erste Satz von Absatz 2 wird aber durch das Weglassen das Modalverbs müssen nicht nur nicht besser verständlich, sondern bringt den beschriebenen Sachverhalt wesentlich weniger treffend zum Ausdruck, als dies in der ursprünglichen Formulierung der Fall war. Die deskriptive Formulierung die Bewirtschafterin etc. beseitigt suggeriert, dass der Sprecher (in diesem Fall der Gesetzgeber) davon überzeugt ist, dass die beschriebene Handlung ausgeführt wird. Es wird ein gewisse Voraussehbarkeit, ein Automatismus impliziert. Wo der Staat sein eigenes Handeln darstellt, macht dies durchaus Sinn: Dieses Handeln kann er beeinflussen und darum kann er sich auch auf ein bestimmtes Handeln festlegen. Wenn der Staat aber das Handeln von Privaten beschreibt, kann er nicht voraussehen, ob diese seinen Vorgaben auch tatsächlich Folge leisten werden. Insofern entsteht in der obigen Formulierung ein Widerspruch zwischen dem ersten Satz von Absatz 2, der das Handeln der Privaten als etwas Gegebenes beschreibt, und dem zweiten Satz, der regelt, was passiert, wenn die Privaten die Vorgaben des ersten Satzes nicht erfüllt haben.
Das Weglassen des Modalverbs kann auch dadurch motiviert sein, dass man die dem Recht unterworfenen Personen nicht vor den Kopf stossen will. Gebote und Verbote sind für diejenigen, die sie betreffen, bis zu einem gewissen Grad immer gesichtsbedrohende Akte (engl. face-threatening act, vgl. Brown/Levinson 1987), denn sie schränken ihre Autonomie ein. In vielen Gesellschaftsbereichen wird versucht, diesen «Schlag ins Gesicht» dadurch abzumildern, dass ein eigentlich direktiver Sprechakt als expressiver oder kommissiver Sprechakt formuliert wird. In öffentlichen Gebäuden ersetzt dann ein höfliches «Danke, dass Sie hier nicht rauchen» das barschere «Rauchen verboten!», und in Schulordnungen finden sich anstelle von ausdrücklichen Verboten vermeintliche Absichtserklärungen wie «Wir vermeiden Müll», «Wir tragen im Schulgebäude keine Kopfbedeckung» oder «Wir tragen keine Waffen bei uns».4 Gerade im Bildungsbereich findet diese Art der gesichtswahrenden Kommunikation immer wieder einmal Eingang in Erlassentwürfe. Sie ist dort aber nicht angebracht. Zum einen sind die entsprechenden Formulierungen unredlich. Sie gaukeln nämlich vor, es bestehe ein Einvernehmen, wo in Tat und Wahrheit Macht ausgeübt wird. Und zum andern sind sie potenziell missverständlich. Sie verschleiern, dass es sich beim jeweiligen Sprechakt um ein Gebot handelt (dessen Nichtbefolgung allenfalls sogar sanktioniert wird) und nicht nur um einen frommen Wunsch. Auch hier muss also gelten: lex iubeat, non suadeat. Höflichkeit ist in der Gesetzesredaktion keine Tugend.
Gelegentlich lohnt es sich, die Modalität einer Bestimmung mit dem Modalverb müssen explizit zu machen, obwohl in dieser Bestimmung eigentlich der Staat verpflichtet wird: dann nämlich, wenn sonst unklar wäre, zu welchem Normtyp die Bestimmung gehört bzw. was für einen Sprechakt sie realisiert. Ein Beispiel dafür findet sich in Artikel 5 Absatz 2 BV:
Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns
1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2 Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3 Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4 Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
In allen vier Bestimmungen dieses Artikels wird der Staat verpflichtet: Er muss sich an das Recht halten, sein Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein, er muss nach Treu und Glauben handeln und er muss das Völkerrecht beachten. Die Absätze 1, 3 und 4 sind deskriptiv formuliert; ihre Modalität muss aus dem Kontext abgeleitet werden. Der Verzicht auf eine explizite Modalisierung ist wohl nicht zuletzt auch dem Bestreben geschuldet, einen so wichtigen Verfassungsartikel in aphoristisch-prägnanter Art zu formulieren. Umso auffälliger ist, dass Absatz 2 von diesem Muster abweicht: Die Modalität der Bestimmung ist dort mit dem Modalverb müssen explizit zum Ausdruck gebracht. Warum das so gemacht wurde, wird klar, wenn man sich vor Augen führt, wie die Bestimmung ohne Modalverb lauten würde:
2 Staatliches Handeln liegt im öffentlichen Interesse und ist verhältnismässig.
Ohne das Modalverb müssen geht aus dem Wortlaut nicht mehr eindeutig hervor, ob diese Bestimmung eine Verpflichtung ausdrückt («staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein») oder aber eine gesetzliche Vermutung oder Fiktion («im Zweifelsfall ist anzunehmen, dass staatliches Handeln im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist» bzw. «staatliches Handeln gilt per se als im öffentlichen Interesse liegend und verhältnismässig»). Es ist also unklar, ob ein kommissiver oder ein deklarativer Sprechakt vorliegt. Das Modalverb müssen dient in diesem Fall also der Desambiguierung. Manchmal macht es Sinn, die Modalität einer Bestimmung, in der sich der Staat zu etwas verpflichtet (kommissiver Sprechakt), explizit zu machen, damit die Bestimmung nicht irrtümlich als Definition, Fiktion oder Vermutung (deklarativer Sprechakt) aufgefasst werden kann. Diese Gefahr besteht insbesondere bei Bestimmungen, die keinen Akteur nennen und Zustandsverben (im obigen Beispiel liegen und sein) enthalten.
Unproblematisch sind allerdings Zustands-Formulierungen, bei denen die Modalität durch das Prädikat umschrieben wird (z. B. die Pflicht haben, verpflichtet sein). Das ist auch in Artikel 5 Absatz 1 der Fall: Das Prädikat Grundlage und Schranke sein drückt zwar einen Zustand aus, umschreibt aber auch eindeutig eine Pflicht. Wenn das Recht «Grundlage und Schranke» staatlichen Handelns ist, so heisst das, dass sich staatliches Handeln auf das Recht stützen und sich innerhalb des Rechts bewegen muss. Eine zusätzliche Modalisierung mit dem Modalverb müssen hätte den Pflichtcharakter dieser Bestimmung eher abgeschwächt als gestärkt. Aufgrund der doppelten Modalität würde die Bestimmung dann wie eine Art Meta-Norm wirken, die regelt, wie eine rechtsstaatliche Verfassung auszugestalten ist, anstatt es tatsächlich zu tun:
1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns muss das Recht sein.
Verwirrung über den Normtyp kann aber auch bei Bestimmungen auftreten, die einen Akteur nennen und deren Verb eine Handlung beschreibt. Bis zu einem gewissen Grad ist das z. B. im dritten Absatz des oben zitierten Artikels der Fall:
3 Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
Im Gegensatz zu Absatz 2 fehlt in Absatz 3 das Modalverb müssen. Das scheint zunächst dadurch gerechtfertigt, dass die Bestimmung die Behörden («staatliche Organe») verpflichtet: Der Staat verpflichtet sich hier also selbst (kommissiver Sprechakt). Allerdings werden neben den Behörden auch die «Privaten» dazu verpflichtet, nach Treu und Glauben zu handeln; bei ihnen wirkt die deskriptive Formulierung seltsam. Zum einen ergibt sich das unter Ziffer 3.1. beschriebene Problem, dass mit der deskriptiven Formulierung eine nicht vorhandene Voraussehbarkeit suggeriert wird: Der Gesetzgeber gibt vor, zu wissen, dass sich die Privaten an die Bestimmung halten werden. Zum andern lässt die Formulierung auch die Möglichkeit zu, dass die Bestimmung gar nicht als Gebot, sondern als Vermutung aufgefasst wird: «Es ist grundsätzlich anzunehmen, dass staatliche Organe und Private nach Treu und Glauben handeln.» Diese Unsicherheit hätte sich vermeiden lassen, wenn man die Modalität der Bestimmung mit dem Modalverb müssen explizit gemacht hätte. Eine solche Umformulierung wäre aber natürlich zulasten einer gewissen sprachlichen Eleganz gegangen. Während sprachliche Eleganz bei der Redaktion gewöhnlicher Gesetzestexte kein Kriterium ist, kann sie bei einem Verfassungstext durchaus beabsichtigt sein: Verfassungstexte wollen nie nur normieren, sondern auch identitätsstiftend und integrierend wirken. Das wird nicht zuletzt auch über die Sprache erreicht.
In einigen Fällen verändert das Weglassen des Modalverbs müssen die Bedeutung einer Bestimmung grundlegend. Ein Beispiel findet sich in Artikel 119 Absatz 1 StGB:
Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
Das Modalverb müssen im zweiten Satz sagt aus, dass es hier eine rechtliche Anforderung zu erfüllen gilt: Je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist, desto grösser muss die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage sein, damit ein Schwangerschaftsabbruch noch rechtlich zulässig ist.
Liesse man das Modalverb müssen weg, so würde der Satz zu einer Vermutung:
Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr ist [=gilt als] umso grösser, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
Mit dieser Formulierung würde die Bedeutung der Bestimmung nun aber genau ins Gegenteil verdreht: Die Anforderungen an einen Schwangerschaftsabbruch würden mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft nicht steigen, sondern sinken! Die Verwendung von müssen ist hier also nicht stilistischen Überlegungen geschuldet und dient auch nicht nur der Verdeutlichung des Sprechakts, sondern sie ist zwingend erforderlich, um die richtige Bedeutung wiederzugeben.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen können nun auch einige in der Gesetzesredaktion besonders häufig auftretende Zweifelsfälle diskutiert werden: Bestimmungen zu Zielvorgaben, zu Genehmigungspflichten und zur Einreichung von Gesuchen. Bei diesen Arten von Bestimmungen entstehen im Redaktionsalltag immer wieder Unsicherheiten dazu, wie die Modalität versprachlicht werden soll.
Die besondere Modalität von Zielvorgaben wird typischerweise mit dem Modalverb sollen zum Ausdruck gebracht (vgl. Ziff. 2.2.4). Bei anderen Normtypen ist das Modalverb sollen unzulässig, weil es dort zu wenig klar zum Ausdruck bringt, inwiefern die Bestimmung verbindlich ist. Aber auch bei Zielvorgaben kann Verwirrung über die Verbindlichkeit einer Bestimmung entstehen: wenn das Modalverb sollen nicht im Indikativ (soll), sondern im Konjunktiv II (sollte) steht. Ein Beispiel dafür ist Artikel 27b Absatz 1 zweiter Satz VZV:
Art. 27b Ziele
1 Der erste Kurstag soll die Fähigkeit der Kursteilnehmer verbessern, gefährliche Verkehrssituationen bereits vor der Entstehung zu erkennen und zu vermeiden. Er sollte innerhalb von sechs Monaten nach dem Erwerb des Führerausweises auf Probe besucht werden.
2 Der zweite Kurstag soll das Bewusstsein der Kursteilnehmer für die eigenen Fähigkeiten schärfen, ihren Verkehrssinn optimieren sowie das umweltschonende und partnerschaftliche Fahren weiterentwickeln.
Adressat und Verbindlichkeit der Bestimmung in Absatz 1 zweiter Satz sind bei der vorliegenden Formulierung unklar: Drückt die Bestimmung eine Zielvorgabe für die Kursorganisatoren aus («der Kurs soll so konzipiert werden, dass es sinnvoll ist, wenn er innerhalb von sechs Monaten nach dem Erwerb des Führerausweises auf Probe besucht wird») oder eine Pflicht für Personen mit Führerausweis auf Probe («der Kurs muss innerhalb von sechs Monaten nach dem Erwerb besucht werden»)? Oder ist sie lediglich als Empfehlung gedacht? In diesem Fall wäre sie ganz aus dem Erlasstext zu streichen.
Vor allem entsteht Unklarheit über die Verbindlichkeit einer Bestimmung aber dann, wenn Zielvorgaben deskriptiv formuliert werden. Ein Beispiel (unter vielen) ist Artikel 1 MiVo-HF:
Art. 1 Ausbildungsziele
1 Die Bildungsgänge der höheren Fachschulen vermitteln den Studierenden Kompetenzen, die sie befähigen, in ihrem Bereich selbstständig Fach- und Führungsverantwortung zu übernehmen.
< up="">2 Sie sind praxisorientiert und fördern insbesondere die Fähigkeit zu methodischem und vernetztem Denken, zur Analyse von berufsbezogenen Aufgabenstellungen und zur praktischen Umsetzung der erworbenen Kenntnisse. <>3 Sie erweitern und vertiefen die allgemeinbildenden Kompetenzen.
Der normative Gehalt dieser Bestimmungen ist aufgrund der deskriptiven Formulierung ungewiss: Zwar kennzeichnet die Sachüberschrift sie als Zielvorgabe, die Art und Weise, wie sie formuliert sind, lässt aber eher darauf schliessen, dass es sich entweder um Teile einer Begriffsbestimmung handelt oder aber um Mindestanforderungen, die ein Bildungsgang erfüllen muss, damit er die im Erlasstitel erwähnte Anerkennung erhält. Die Bestimmungen wären besser verständlich gewesen, wenn man ihre Modalität explizit zum Ausdruck gebracht hätte.
Werden Zielvorgaben, Begriffsdefinitionen und Aufgabenbeschreibungen miteinander vermischt, kann der normative Gehalt einer Bestimmung unter Umständen überhaupt nicht mehr eruierbar werden. Ein Beispiel dafür ist Artikel 1 Absatz 1 VFÖV:
Art. 1 Berufsbild [...]
1 Fachleute öffentlicher Verkehr auf Stufe EFZ beherrschen namentlich die folgenden Tätigkeiten und zeichnen sich durch folgende Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltungen aus:
- Sie üben Assistenztätigkeiten im Bereich der monatlichen Personalplanung und der Planung der Fahrzeuge bei Zusatzangeboten aus.
- Sie stellen im Rahmen der Kurzfristplanung den Personaleinsatz bei Ereignissen und Störungen sicher.
...
- Sie sichern das Fahrzeug bei Defekten oder Störungen und Notsituationen und unterstützen falls notwendig das Wegstellen des Fahrzeugs.
- Sie erfüllen ihnen aufgetragene Arbeiten zuverlässig und genau.
- Sie gehen offen auf Menschen zu und bewahren auch in schwierigen Situationen Ruhe.
Diese Bestimmung will anscheinend mehrere Dinge gleichzeitig tun: Sie will beschreiben, was ein Fachmann bzw. eine Fachfrau öffentlicher Verkehr ist, sie will regeln, welche Aufgaben solche Personen typischerweise haben, sie will vorgeben, wie sich diese Personen zu verhalten haben, und sie will festschreiben, welche Fähigkeiten die Personen während ihrer Ausbildung erwerben sollen. Mit einer expliziten Modalisierung wäre die Funktion dieser Bestimmung wesentlich klarer geworden. Allerdings hätte man sich dann für eine Funktion entscheiden müssen, z. B. wie im Folgenden für die Festlegung von Ausbildungszielen:
Art. 1 Ausbildungsziele
1 In der beruflichen Grundbildung zur Fachfrau/Fachmann öffentlicher Verkehr mit EFZ sollen die folgenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben werden:
- Die Lernenden sollen Assistenztätigkeiten im Bereich der monatlichen Personalplanung und der Planung der Fahrzeuge bei Zusatzangeboten ausüben können.
- Sie sollen im Rahmen der Kurzfristplanung den Personaleinsatz bei Ereignissen und Störungen sicherstellen können.
...
- Sie sollen das Fahrzeug bei Defekten oder Störungen und Notsituationen sichern und falls notwendig das Wegstellen des Fahrzeugs unterstützen können.
- Sie sollen ihnen aufgetragene Arbeiten zuverlässig und genau ausführen können.
- Sie sollen offen auf Menschen zugehen und auch in schwierigen Situationen Ruhe bewahren können.
Hätte man nicht Ausbildungsziele festlegen, sondern den Beruf als solches umschreiben wollen, hätte sich z. B. dagegen die folgende Modalisierung angeboten:
Art. 1 Berufsbild
1 Fachfrauen und Fachmänner öffentlicher Verkehr mit EFZ nehmen die folgenden Aufgaben war:
- Sie üben Assistenztätigkeiten im Bereich der monatlichen Personalplanung und der Planung der Fahrzeuge bei Zusatzangeboten aus.
- Sie stellen im Rahmen der Kurzfristplanung den Personaleinsatz bei Ereignissen und Störungen sicher.
...
- Sie sichern das Fahrzeug bei Defekten oder Störungen und Notsituationen und unterstützen falls notwendig das Wegstellen des Fahrzeugs.
Die Buchstaben f und g über das zuverlässige Arbeiten und das Bewahren der Ruhe hätten in diesem Fall nicht in die Aufzählung gehört.
Das Gesetz sieht regelmässig vor, dass eine Handlung nur dann erfolgen kann, wenn sie von einer Behörde genehmigt worden ist. Eine Möglichkeit, eine solche Genehmigungspflicht auszudrücken, ist die Formulierung «bedarf der Genehmigung durch». Diese Formulierung wurde beispielsweise in Artikel 272 Absatz 1 StPO gewählt:
Die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht.
Entgegen ihrer äusseren Erscheinung, ist dies keine deskriptive Formulierung. Das Verb bedürfen drückt nämlich eine Verpflichtung aus: Es bedeutet soviel wie ‹haben müssen›. Andere Ausdrücke, in deren Bedeutung die Modalität bereits enthalten ist, sind z. B. brauchen und benötigen (beide bedeuten ebenfalls ‹haben müssen›), haften (‹für etwas im Falle eines Schadens Ersatz leisten müssen› bzw. ‹für jemanden einstehen müssen›) und wählbar sein (‹gewählt werden können›). Die obige Formulierung ist also unproblematisch; ihr einziger «Schönheitsfehler» ist, dass die erforderliche Handlung des Genehmigens als Nomen und nicht als Verb ausgedrückt wird.
Häufig findet man für Genehmigungspflichten aber auch eine andere Formulierung, in der die erforderliche Handlung zwar als Verb ausgedrückt wird, die aber mit Blick auf die Modalität kritischer zu beurteilen ist: die Formulierung «muss von ... genehmigt werden». Ein Beispiel dafür ist Artikel 24 Absatz 1 WFV:
Die Handänderung einer mit Bundeshilfe geförderten Liegenschaft muss vom Bundesamt genehmigt werden.
Diese Formulierung ist mehrdeutig und kann zu Missverständnissen führen: Sie kann so gelesen werden, dass das Bundesamt verpflichtet ist, die Handänderung einer mit Bundeshilfe geförderten Liegenschaft zu genehmigen. Gemeint ist aber etwas anderes, nämlich dass eine solche Handänderung nur erfolgen kann, wenn das Bundesamt sie genehmigt. Im vorliegenden Artikel wird die Gefahr einer Fehlinterpretation dadurch entschärft, dass im darauffolgenden Absatz 2 die Bedingungen aufgezählt werden, an die eine Genehmigung geknüpft ist:
Das Bundesamt erteilt die Genehmigung, wenn sich die Erwerberin oder der Erwerber verpflichtet: […].
Diese zweite Bestimmung verpflichtet nun das Bundesamt tatsächlich dazu, eine Handänderung zu genehmigen, allerdings nur dann, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind; wenn das der Fall ist, muss es die Genehmigung erteilen.
Bei der Formulierung von Bestimmungen, in denen die Pflicht und die Modalitäten einer Gesuchseinreichung geregelt werden, stellt sich vor allem die Frage nach der richtigen Perspektivierung. Die Bestimmungen in Artikel 16 MiVo-HF sind aus der Bürgerperspektive formuliert:
Art. 16 Gesuch um Anerkennung von Bildungsgängen
1 Bildungsanbieter, die einen Bildungsgang anerkennen lassen wollen, müssen ein Gesuch stellen. Das Gesuch muss Auskunft geben über: [...].
2 Das Gesuch ist der zuständigen kantonalen Behörde ein zu reichen. Diese nimmt zum Gesuch Stellung und leitet ihre Stellungnahme zusammen mit dem Gesuch an das SBFI weiter.
In diesem Artikel wurde überall dort, wo Private zu einer Handlung verpflichtet werden, die Modalität der Bestimmung sprachlich explizit («müssen ein Gesuch stellen», «muss Auskunft geben», «ist der zuständigen kantonalen Behörde einzureichen») gemacht und dort, wo sich der Staat selber zu einem bestimmten Handeln verpflichtet, deskriptiv formuliert («nimmt zum Gesuch Stellung», «leitet ihre Stellungnahme weiter»). Dadurch entsteht eine einheitliche Perspektivierung.
Anders präsentiert sich die Situation trotz ähnlicher Inhalte z. B. in Artikel 98 ZGB:
Art. 98 Vorbereitungsverfahren: Gesuch
1 Die Verlobten stellen das Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens beim Zivilstandsamt des Wohnortes der Braut oder des Bräutigams.
2 Sie müssen persönlich erscheinen. [...]
3 Sie haben ihre Personalien mittels Dokumenten zu belegen und beim Zivilstandsamt persönlich zu erklären, dass sie die Ehevoraussetzungen erfüllen; sie legen die nötigen Zustimmungen vor.
4 Verlobte, die nicht Schweizerbürgerinnen oder Schweizerbürger sind, müssen während des Vorbereitungsverfahrens ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen.
In diesem Artikel ist der Ausdruck der Modalität uneinheitlich: Absatz 1 und der zweite Halbsatz von Absatz 3 sind deskriptiv formuliert, während in den restlichen Bestimmungen die Modalität explizit zum Ausdruck gebracht ist – und dies obwohl alle Bestimmungen des Artikels an dieselben Adressaten gerichtet sind. Aus Gründen der Perspektivierung wäre auch in Absatz 1 und im zweiten Satz von Absatz 3 eine explizite Nennung der Modalität angebracht gewesen. Absatz 1 hätte dann wie folgt gelautet:
Die Verlobten müssen das Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens beim Zivilstandsamt des Wohnortes der Braut oder des Bräutigams stellen.
Die Verwendung des bestimmten Artikels («das Gesuch») und die Satzstellung suggerieren zudem, dass in dieser Bestimmung lediglich geregelt wird, wo das Gesuch gestellt werden muss, dass also bereits anderswo geregelt wurde, dass überhaupt ein solches Gesuch gestellt werden muss (vgl. Höfler 2015). Falls das nicht der Fall ist, wäre die folgende Formulierung zu wählen gewesen:
Die Verlobten müssen beim Zivilstandsamt des Wohnortes der Braut oder des Bräutigams ein Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens stellen.
Auch im zweiten Satz von Absatz 3 wäre es wohl besser gewesen, die Modalität sprachlich explizit zu machen und damit für eine einheitliche Perspektivierung zu sorgen. Absatz 3 hätte dann z. B. wie folgt gelautet:
Sie haben ihre Personalien mittels Dokumenten zu belegen und beim Zivilstandsamt persönlich zu erklären, dass sie die Ehevoraussetzungen erfüllen; sie müssen die nötigen Zustimmungen vorlegen.
Der Gesetzgebungsleitfaden des Bundes enthielt in seiner 3. Auflage unter der Randziffer 958 die folgenden Ausführungen zur Modalität von Rechtssätzen:
Wann sollen verpflichtende Normen explizit als solche markiert werden und wann genügt eine einfache, pseudodeskriptive Formulierung? Als Faustregel gilt, dass dort, wo Private verpflichtet werden, die explizite Modalisierung angebracht ist, während dort, wo Behörden verpflichtet werden, die deskriptive Fassung angebracht ist.
Die in diesem Beitrag angestellten Überlegungen zeigen, dass diese Faustregel nicht einfach den persönlichen Geschmack eines Gesetzesredaktors widerspiegelt, sondern sich linguistisch (konkret: sprechakttheoretisch) begründen lässt. Sie zeigt vielmehr auf, wie der Staat im Gesetzestext zum Bürger sprechen kann: Normen, in denen Private zu einer Handlung verpflichtet werden, sind als direktive Sprechakte, und Normen, in denen sich der Staat selber zu einer Handlung verpflichtet, als kommissive Sprechakte zu formulieren.
Es gibt aber auch Situationen, in denen die Faustregel durchbrochen werden muss: wenn unklar ist, ob es sich bei einer deskriptiv formulierten Bestimmung um einen kommissiven oder einen deklarativen Sprechakt handelt. In solchen Fällen muss, um Fehlinterpretationen zu vermeiden, auch dann ein Modalverb verwendet werden, wenn der Staat verpflichtet wird.
Die richtige Modalisierung von Rechtssätzen ist also ein wichtiger Aspekt einer bürgerfreundlichen und klaren Gesetzessprache. Dieses Ziel muss in der Gesetzesredaktion letztlich Vorrang haben vor stilistischen Vorlieben.
Stefan Höfler, Prof. Dr., Deutsches Seminar und Zentrum für Rechtsetzungslehre der Universität Zürich.
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BGG: Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (SR 173.110)
BGÖ: Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 2004 (SR 152.3)
BioV: Bio-Verordnung vom 22. September 1997 (SR 910.18)
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MiVo-HF: Verordnung des WBF vom 11. September 2017 über Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (SR 412.101.61)
MSchG: Markenschutzgesetz vom 28. August 1992 (SR 232.11)
MWSTV: Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (SR 641.201)
OR: Obligationenrecht vom 30. März 1911 (SR 220)
öSTGB: Österreichisches Strafgesetzbuch vom 29. Jänner 1974 (BGBl. Nr. 60/1974)
StGB: Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0)
StPO: Strafprozessordnung vom 25. Oktober 2007 (SR 312.0)
TSchV: Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (SR 455.1)
VAGWS: Verordnung der Bundesversammlung vom 15. Juni 2012 über Alkoholgrenzwerte im Strassenverkehr (SR 741.13)
VBSNU: Verordnung vom 23. Dezember 1971 über die Benützung des Schweizer Namens von Uhren (SR 232.119)
VFÖV: Verordnung vom 10. September 2014 über die berufliche Grundbildung Fachfrau/Fachmann öffentlicher Verkehr mit eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (SR 412.101.222.13)
VPR: Verordnung über die Politischen Rechte vom 24. Mai 1978 (SR 161.11)
VRV: Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (SR 741.11)
VZV: Verkehrszulassungsverordnung vom 27. Oktober 1976 (SR 741.51)
WeinV: Weinverordnung vom 14. November 2007 (SR 916.140)
WFV: Wohnraumförderungsverordnung vom 26. November 2003 (SR 842.1)
ZGB: Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (SR 210)
ZStV: Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 (SR 211.112.2)
- 1 Die Abkürzungen von Erlassen werden im Abkürzungsverzeichnis erklärt. Alle Hervorhebungen in Beispielen sind hinzugefügt.
- 2 Im Französischen und Italienischen gibt es keine direkte Entsprechung für sollen. Das führt regelmässig zu Übersetzungsproblemen. Im vorliegenden Beispiel wurde soll mit devrait bzw. deve wiedergegeben.
- 3 In bundesdeutschen Gesetzestexten wird das Modalverb sollen anders verwendet als in der Schweiz: Es drückt dort die Zulässigkeit von Ausnahmen aus – ähnlich wie die (in der Schweizer Rechtsetzung allerdings verpönten) Ausdrücke in der Regel und grundsätzlich (vgl. Handbuch der Rechtsförmlichkeit, Rz. 84). Ein Beispiel findet sich etwa in der folgenden Bestimmung aus § 42 Abs. 5 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der deutschen Bundesministerien vom 26. Juli 2000 (Hervorhebungen hinzugefügt): «Gesetzentwürfe müssen sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein. Gesetzentwürfe sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen.»
- 4 Die Beispiele entstammen der Schuldordnung der Johann-Andreas-Rauch-Realschule in Wangen im Allgäu vom November 2018.