Im Justizvollzug, der als wichtigste Organisationen die kantonalen Vollzugsbehörden, die Vollzugsanstalten und die Bewährungshilfen miteinschliesst, ist die Frage der Wirksamkeit von Programmen und Interventionen ein Dauerthema. Das System Justizvollzug bietet eine geeignete Ausgangsbasis, um sich mit Fragen der Wirkungsmessung und Wirkungsorientierung zu befassen. Fachpersonen in diesem Handlungsfeld werden immer wieder mit verschiedenen, sich unter Umständen widersprechenden Anforderungen konfrontiert, zwischen denen es zu vermitteln gilt: Namentlich mit den im Strafgesetz festgelegten Aufgaben der Resozialisierung einerseits und dem Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft andererseits.
Ebenso wie beispielsweise Interventionen der Gesundheitsförderung und Prävention in doppelter Weise von Komplexität geprägt sind, trifft dies auch für das System Justizvollzug zu. Einerseits, weil Wirkungen in sozialen Systemen erzeugt werden sollen, andererseits, weil die Strukturen und Prozesse im System Justizvollzug selbst von hoher Komplexität sind. Dieser Komplexität kann mit Wirkungsmodellen begegnet werden (Ackermann et al. 2009, 20).
Zwar gibt es vermehrt Evaluationen (kritisch dazu Spiess 2004), die sich mit der Wirkungsmessung in Strafvollzug, Massnahmenvollzug und Bewährungshilfe auseinandersetzen (wie beispielsweise der Modellversuch zum risikoorientierten Sanktionenvollzug [ROS], der grundlegend für die Implementation dieses Konzeptes in weiteren Kantonen der Schweiz war, vgl. Schwarzenegger et al. 2013), doch fehlen immer noch verlässliche und abgesicherte Erkenntnisse darüber, «welche Sanktion für welches Problem unter welchen Bedingungen die besten Ergebnisse erzielt» (Heinz 2007, 4; Haunberger/Gilgen 2016). Kontextberücksichtigende Evaluationen und ein Wissen über wirksame Faktoren wären sowohl für ein präventives Strafrecht (vgl. Heinz 2007) wie auch für die strategische und operative Arbeit im Justizvollzug bedeutsam.
Aus einer Makro- und Mesoperspektive betrachtet spitzt sich der Diskurs zu, wenn es um neue Steuerungsmodelle der öffentlichen Hand geht («wirkungsorientierte Verwaltungsführung – woV»), die stark mit der Frage nach Qualitätssicherung und Qualitätsstandards verbunden sind und damit gleichzeitig ein weites Feld für Fragen der Wirkungsmessung eröffnen. Die Diskussion um eine neue Steuerung konfrontiert die im Justizvollzug tätigen Fachpersonen mit Anforderungen und Vorgaben zur vermeintlichen und tatsächlichen Effektivität und Effizienz ihres Handelns (Heimgartner/Dietrich 2008, 5; Suhling 2018). «In der Philosophie der wirkungsorientierten Verwaltungsführung sollen Politik und Verwaltung stärker nach privatwirtschaftlichen Managementtechniken, unternehmerischen Erfolgsprinzipien und marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen ausgerichtet werden; die formale Rechtmässigkeit des Verwaltungshandelns soll durch eine umfassende Leistungs- und Wirkungsorientierung ergänzt werden» (Haldemann 1995, vii). Allerdings sind der wirkungsorientierten Verwaltungsführung auch Grenzen gesetzt, nämlich dadurch, «(...) dass ökonomische Rationalität und Leistungsorientierung nicht die alleinige Richtschnur der Geschäftsführung in der Justiz sein dürfen [und] dem Aufbau eines Qualitätsmanagements und einer Wirkungskontrolle (…) deshalb eine grosse Bedeutung [zukommt].» Zudem bestehe «hinsichtlich der Wirkungsmessung und dem diesbezüglichen Indikatorensystem (…) weiterer Abklärungsbedarf» (Tobler 2001, 7642).
Vor diesem Hintergrund wurde ein exploratives qualitatives Projekt konzipiert. In dem Projekt «Wirkungsforschung zwischen Erkenntnisinteresse und Legitimationsdruck» wurde neben einer systematischen Literaturübersicht über methodologische Herausforderungen bei Wirkungsnachweisen im Justizvollzug (Haunberger/Gilgen 2016) das Erfahrungswissen von Führungspersonen aus dem Justizvollzug zum Thema Wirkungsnachweise, Wirkungsmodelle und -indikatoren erhoben. Im Projekt sollten die folgenden Fragen beantwortet werden:
- (1) Kann ein generelles Wirkungsmodell für den Justizvollzug generiert werden, das auf ein Set an Elementen verweist, die jedes brauchbare Modell enthalten sollte und die für eine weiterführende Modellbildung kontextsensibel angewendet werden können?
- (2) Können mit Hilfe des Modells und der erhobenen Daten allgemeine Wirkungshypothesen abgeleitet werden?
- (3) Welche Herausforderungen werden von den interviewten Führungspersonen genannt, wenn es um Wirkungsnachweise im Justizvollzug geht?
In diesem Beitrag werden zunächst Wirkungsmodelle und deren zentrale Begrifflichkeiten eingeführt, anschliessend wird auf bereits bestehende Wirkungsmodelle und -indikatoren im Justizvollzug Bezug genommen. Schliesslich werden die explorative qualitative Studie vorgestellt sowie die Ergebnisse aus den Experteninterviews referiert und in einem generellen Wirkungsmodell sowie Wirkungshypothesen verdichtet. Der Beitrag schliesst mit einer Zusammenfassung und Diskussion.
«Wirksamkeit und Wirkungen kann man systematisierend in Wirkungsmodellen beschreiben» (Bolay 2010, 105). Allgemein kann ein Wirkungsmodell als «eine logische, grafisch aufbereitete Darstellung dessen, wie ein Programm (oder eine Intervention, Anm. d. Autorin) unter gewissen Rahmenbedingungen theoretisch und/oder empirisch funktioniert», bezeichnet werden (Rauscher et al. 2015, 43). Eine der grundlegenden Fragen, die mit Wirkungsmodellen beantwortet werden soll, lautet: Was wirkt für wen, warum, wie und unter welchen spezifischen Bedingungen (in Anlehnung an Pawson/Tilley 1997)? Demzufolge zeigt ein Wirkungsmodell nicht nur die erwarteten und unerwarteten Effekte (Outcome, Impact) auf, sondern es öffnet die sogenannte Black-Box, indem auf mögliche ursächliche Faktoren für die Effekte verwiesen wird und die Kontextbedingungen mitberücksichtigt werden.
Das jeweils entwickelte Wirkungsmodell ist ein praktisches Instrument, um Programme ergebnisorientiert zu gestalten und grundsätzlich evaluierbar zu machen (vgl. Ackermann et al. 2011, 287). Dabei ist an interne und externe Evaluationen gleichermassen zu denken. Wirkungsmodelle bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten: Erstens bei der Planung, Konzipierung, Darstellung, Kommunikation, Steuerung und Dokumentation eines Programms, zweitens als Hilfsmittel, um die Erfolgswahrscheinlichkeiten eines Programms einzuschätzen, drittens um kritische Elemente für den Erfolg rechtzeitig zu identifizieren, viertens um das Programm zu optimieren sowie fünftens um Indikatoren im Kontext von Leistungsmessung, Monitoring und Qualitätssicherung zu identifizieren (Haubrich 2010, 20–21; vgl. auch Balthasar/Fässler 2017, 308–312). Für Organisationen sind Wirkungsmodelle insofern nützlich, da mit ihnen die interne Strategiebildung bzw. -überprüfung sowie interne Strukturen und Prozesse angepasst bzw. verbessert werden können. Weiterhin können Wirkungsmodelle auch als übergreifender Referenzrahmen in dem Arbeitsgebiet dienen, in dem die Organisation tätig ist. Wirkungsmodelle können aufzeigen, welche Wirkungen in diesem Feld tatsächlich und wie sie erzielt werden können, und sie sind damit imstande, die Kooperation unterschiedlicher Akteure in einem Feld zu verbessern oder eine Grundlage für die Replikation dieses Ansatzes zu schaffen (Münscher et al. 2015, 162–164).
Wirkungsmodelle sind keineswegs ein völlig neues Tool, sie finden sich in der Evaluationsforschung bereits seit den späten 1960er- Jahren. Als logisches Modell bezeichnet, wurden sie vor allem in der theoriebasierten Evaluation angewendet (Chen 1990; Chen/Rossi 1983; vgl. auch Balthasar/Fässler 2017). Wirkungsmodelle sind in unterschiedlicher Form und mit unterschiedlichem Differenzierungsgrad in anderen sozialpolitischen Handlungsfeldern bereits auffindbar, beispielsweise im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe (Macsenaere 2013) oder in der Gesundheitsförderung und Prävention (Ackermann 2005; Ackermann et al. 2009).
Obwohl die Form der Darstellung von Wirkungsmodellen recht unterschiedlich ausfallen kann1, wird in vielen Modellen üblicherweise zwischen den Ebenen Input, Aktivität, Output, Outcome und Impact unterschieden. Diese Begriffe werden, je nach Kontext und Autorenschaft wiederum unterschiedlich voneinander abgegrenzt. In diesem Beitrag werden die Begrifflichkeiten einheitlich in Anlehnung an zahlreiche Autorinnen und Autoren verwendet (vgl. Abb. 1; Koller 2008, 9; Rauscher et al. 2015, 46–47; Balthasar/Fässler 2017, 313–317). 2
Bei der Gestaltung von Wirkungsmodellen ist zu beachten, dass Wirkungen mehrdimensional in Erscheinung treten und sich auf unterschiedlichen Ebenen betrachten lassen. Auf der strukturellen Ebene, kann danach differenziert werden, ob es sich um Wirkungen auf der Ebene von betroffenen Individuen handelt (Mikroebene), der Organisation (Mesoebene) oder der gesamtgesellschaftlichen Ebene (Makroebene) (Then/Kehl 2015, 66). Auf der zeitlichen Ebene kann danach differenziert werden, ob es sich um kurz-, mittel- oder langfristige Wirkungen handelt (Rauscher et al. 2015, 48–49). Diese Wirkungen können je nach Stakeholdergruppe variieren. Sollen die Stakeholder gezielt berücksichtigt werden, empfehlen Rauscher et al. (2015, 52–54), das Wirkungsmodell in einzelne Wirkungsketten für die einzelnen Stakeholdergruppen zu zerlegen.
Häufig werden neben den Stakeholdern in Wirkungsmodellen auch die Kontextfaktoren vernachlässigt. Eine sinnvolle Erweiterung ist deshalb, den spezifischen lokalen, historischen, soziokulturellen und institutionellen Kontext (des Programms / der Intervention) einzubeziehen, wie es gemäss dem kontextberücksichtigenden Ansatz der Realistic Evaluation (Pawson/Tilley 1997) geschieht. Hier kommt den sogenannten KMO-Konfigurationen (Kontext-Mechanismus-Outcome) eine entscheidende Bedeutung zu. Diese beleuchten, warum und wie spezifische Elemente einer Intervention (Mechanismus) abhängig von bestimmten Zielgruppen und von bestimmten Kontexten zu unterschiedlichen Wirkungen (Outcomes) führen können (vgl. Balthasar/Fässler 2017, 306).
Soll ein Wirkungsmodell für die Praxis tauglich sein, müssen die Besonderheiten des jeweiligen Politikfeldes und seiner Fachverwaltungen beachtet werden. Das schliesst die zuständigen Institutionen und den jeweiligen gesellschaftlichen Problembereich ein, der wirksam bearbeitet werden soll (Bolay 2010). Mit Wirkungsmodellen «wird einerseits versucht, komplexe und vielschichtige Phänomene zu systematisieren und auf wenige Kategorien zu reduzieren. Andererseits will man bei der Konzeption eines solchen Modells trotz dieser Reduktion ein adäquates Abbild der vorgefundenen Komplexität und Vielschichtigkeit wiedergeben.» Hierzu gehört, dass das Wirkungsmodell vollständig ist und die einzelnen Kategorien sich gegenüber anderen Kategorien klar abgrenzen lassen sowie eine adäquate Bezeichnung und Anordnung der Kategorien. Vor allem die beiden letztgenannten Punkte sind oftmals an komplexe soziale, politische und ideologische Vereinbarungen gebunden (Ackermann et al. 2009, 22).3 Damit wird ersichtlich, dass mit der Kategorienbildung Aushandlungsprozesse und Kompromissbildungen der beteiligten Akteure verbunden sein können.
Abb. 1: Zentrale Begriffe eines Wirkungsmodells, eigene Darstellung
Werden Wirkungsmodelle bereits mit Indikatoren formuliert, so ist die Unterscheidung zwischen Output (sog. Leistungsindikatoren) und Outcome/Impact (sog. Wirkungsindikatoren) wesentlich. Leistungsindikatoren lassen keinerlei Aussagen über mögliche Wirkungen zu, sondern erfassen die zeitlichen oder örtlichen Eigenschaften eines Produkts. In quantitativer Form können diese problemlos gemessen oder gezählt werden (z. B. Anzahl bedingte Entlassungen nachdem zwei Drittel der Strafe verbüsst wurde; Teilnehmeranzahl in einer Massnahme). Nur mit Wirkungsindikatoren können Veränderungen einer Situation bei der Zielgruppe (Outcome) oder im Gesamtsystem (Impact) erfasst werden.
Herausfordernd ist allerdings, dass das Formulieren von Wirkungsindikatoren generell ein recht schwieriges Unterfangen ist und dementsprechend oftmals als Achillesferse bezeichnet wird. Zudem sind Wirkungen häufig erst auf lange Sicht erkennbar, und von direkten kausalen Zusammenhängen zwischen Leistungsindikatoren und Wirkungsindikatoren kann in der Regel nicht ausgegangen werden (Koller 2008, 7–11).
Im folgenden Kapitel werden konkrete Anwendungsbeispiele aus dem deutschsprachigen Raum skizziert, in denen anwendungsbezogene Wirkungsmodelle und -indikatoren im Justizvollzug entwickelt wurden.
Wenn es darum geht, ein Wirkungsmodell (mit Indikatoren) zu entwickeln, ist der Justizvollzug grundsätzlich mit hoch komplexen Herausforderungen konfrontiert.
Exemplarisch erstellt Koller (2008, 20) Wirkungsmodelle der Einweisungs- und Vollzugsbehörde jeweils für die allgemeinen Ziele des Justizvollzugs gemäss rechtlichem und politischem Auftrag, nämlich für
- die Sicherstellung des (rechtskonformen) Strafvollzugs,
- die Erhaltung/Erhöhung der gesellschaftlichen Sicherheit sowie
- die Förderung des sozialen Verhaltens und der Fähigkeit, straffrei zu leben (Resozialisierung).
Für jedes dieser Ziele entwickelt sie messbare Indikatoren und legt Soll-Werte fest.
Die Resozialisierung bzw. Wiedereingliederung von Straftätern kann ohne Weiteres als Hauptziel des Justizvollzuges gelten. Die Einweisungs- und Vollzugsbehörde hat die Aufgabe sicherzustellen, dass verurteilte Straftäter einer ihnen entsprechenden Vollzugsinstitution zugewiesen werden, dass eine individuelle Vollzugsplanung vorgenommen wird, die im Sinne eines Monitorings zu überprüfen ist, und dass Entscheide entsprechend der Erreichung der Vollzugsziele getroffen werden. Die Wirksamkeit des Strafvollzugs lässt sich, handelt es sich um längere Freiheitsstrafen, mittels Stufenvollzug überprüfen (Koller 2008, 29). Koller konnte eine Vielzahl von Indikatoren bilden, davon zu sieben Outcome-Zielen und zu drei Impact-Zielen. Koller (2008, 33) merkt an, dass wenn es darum geht, für die formulierten Indikatoren Zahlenmaterial zu erheben, für die Outcome-Ziele meistens organisationsintern ausreichend Zahlenmaterial zur Verfügung steht, das die Erhebung der Indikatoren relativ problemlos ermöglicht; dagegen können die Impact-Ziele nur über aufwendige, evtl. sogar organisationsübergreifende Projekte erhoben werden. In Tabelle 1 wird nur für ein allgemeines Ziel des Strafvollzugs, die Resozialisierung, beispielhaft die Operationalisierung von Wirkungsindikatoren auf den Modellebenen Outcome und Impact dargestellt (für die Operationalisierung der anderen Wirkungsindikatoren und der Leistungsindikatoren auf der Modellebene Output sei auf Koller 2008 verwiesen).
Tab. 1: Wirkungsmodell und -indikatoren der Einweisungs- und Vollzugsbehörde (Koller 2008, 28)
Ziel: Förderung des sozialen Verhaltens und der Fähigkeit, straffrei zu leben |
Outcome | Impact | Indikator | Soll-Wert |
Inhaftierte erreichen Vollzugsziele | Senkung der Rückfallquote ehemaliger Inhaftierter | Anteil der erreichten Vollzugsziele gemäss Vollzugsplan | >90% |
Inhaftierte durchlaufen erfolgreich den Stufenvollzug | Anzahl bedingte Entlassungen/Arbeitsexternat | >80% |
Als eine spezielle Interventionsform im Justizvollzug gilt die Sozialtherapie. Spöhr (2009, 173) liefert in ihrer Arbeit zu einer Modellkonzeption für die Evaluation von Sozialtherapie eine umfassende Übersicht von Einflussfaktoren (vgl. Abb. 2), «die je nach Fragestellung [der Evaluation] sowohl Ziel- als auch Störvariable sein können». Dabei ist die Liste potenzieller Störvariablen in einem komplexen sozialen System wie Behandlungsprogrammen im Justizvollzug nahezu endlos. Die Übersicht eignet sich auch für die Evaluation von anderen Bereichen des Justizvollzugs. Spöhr (2009, 175) unterscheidet dabei zwischen internen und externen Einflüssen: «Als intern sind alle institutions- und klientenabhängigen Variablen anzusehen. Externe Einflüsse ergeben sich während (Justiz und Gesellschaft) und nach der sozialtherapeutischen Behandlung (Art und Ausmass der Nachbetreuung). Diese stehen in einem interaktiven Verhältnis und sind daher nicht trennscharf voneinander abzugrenzen».
Das in Abbildung 2 dargestellte explorative Wirkungsmodell schliesst Merkmale, die die Wirkung von Sozialtherapie beeinflussen können, auf verschiedenen Ebenen ein (von unabhängigen Einflüssen über Charakteristika der Institution bis zu Merkmalen der Straftäter). Damit wird die Komplexität ersichtlich, denen Wirkungsmodelle im Justizvollzug ausgesetzt sind. Je nach Zielsetzung einer Wirkungsevaluation kann es sinnvoll sein, sich auf eine Ebene (bspw. das Behandlungsprogramm) zu konzentrieren.
Abb. 2: Einflussfaktoren auf die Wirkung von Sozialtherapie (Spöhr 2009, 176, verkürzte Darstellung)
Charakteristika der Institution - Art (Anstalt vs. Abteilung) - Spezialisierung (z. B. Delikt, Altersgruppen, Behandlungsprogramme) - Finanzielle Ausstattung (Personalschlüssel, Fortbildungen, - Kooperation mit Bewährungshilfe, Beratungsstellen etc. - Klima der Einrichtung | Behandlungsprogramm - Gruppenstruktur (Grösse, Persönlichkeit der Gruppenmitglieder) - Gruppenatmosphäre - Beziehung der Gruppenmitglieder untereinander | Unabhängige Einflüsse - Zeitgeschehen - Erfahrungen aus anderen Ländern |
Therapeutisch tätige Mitarbeitende - Profession-Fort- und Weiterbildung - Persönlichkeit (Zugang zu Klienten, anderen Mitarbeitenden) - Einstellung - Beziehung der Mitarbeitenden untereinander | Einflussfaktoren auf Wirkungsnachweise im Justizvollzug | Gesellschaft - Politisches Klima - Arbeitsmarkt - Medien - Kriminalitätslage/ Struktur der Gefangenen |
Der Straftäter/ die Straftäterin - Persönlichkeitsmerkmale - Persönlichkeitsstörungen (Komorbidität) - Behandlungsmotivation - Vorgeschichte (kriminelle Karriere, Familien- und Beziehungsgeschichte) | Justiz - Rechtliche Zielsetzung (Behandlung/ Sicherheit) - Verurteilungspraxis | |
Ambulante Nachbetreuungsmöglichkeiten |
Im explorativen qualitativen Projekt «Wirkungsforschung zwischen Erkenntnisinteresse und Legitimationsdruck» wurden mit Führungskräften aus dem Justizvollzug und angrenzenden Arbeitsfeldern Leitfadeninterviews durchgeführt. Mit Hilfe der Experteninterviews sollte berufliches Kontextwissen abgeholt und hierauf aufbauend ein generelles Wirkungsmodell für den Justizvollzug modelliert werden. Zudem wurden Einschätzungen der Expertinnen und Experten über Wirkungsnachweise abgefragt. Auf eine Unterscheidung zwischen Strafvollzug, Massnahmenvollzug und Bewährungshilfe wurde bewusst verzichtet.
Das Experteninterview4 stellt eine besondere Form des Leitfadeninterviews dar. Gerade in der Explorationsphase eines Projektes bietet es den Vorteil einer konkurrenzlos dichten Datengewinnung gegenüber anderen qualitativen Interviewmethoden (Bogner et al. 2005). Ein halbstrukturierter Gesprächsleitfaden stellt dabei sicher, dass die Experteninterviews vergleichbar sind und alle relevanten Themen behandelt wurden. Der Leitfaden wurde in diesem Projekt flexibel und unbürokratisch gehandhabt, um unerwartete thematische Schwerpunktsetzungen seitens der Expertinnen und Experten nicht zu unterbinden (Meuser/Nagel 1997, 487) und um diese nicht in ein für sie externes Relevanzsystem zu zwingen (Honer 1994, 630).
Im Gegensatz zu biografischen Interviews ist die Expertin bzw. der Experte weniger als Person, sondern in ihrer bzw. seiner Funktion als Expertin bzw. Experte für bestimmte Handlungsfelder interessant. Die Expertinnen und Experten treten als Träger von Kontextwissen in ihrem beruflichen Handlungsfeld in Erscheinung (Bogner et al. 2005). Dementsprechend werden sie als Repräsentanten einer Gruppe und nicht als Einzelfall in das Projekt einbezogen. Als Expertin bzw. Experte wird angesprochen, «…wer in irgendeiner Weise Verantwortung trägt für den Entwurf, die Implementierung oder die Kontrolle einer Problemlösung oder wer über einen privilegierten Zugang zu Informationen über Personengruppen oder Entscheidungsprozesse verfügt» (Meuser/Nagel 1991, 73).
Für die Interviews wurden acht Führungspersonen aus verschiedenen Institutionen im Justizvollzug und angrenzenden Feldern (Arbeits- und Wohnexternat) ausgewählt. Die Experteninterviews wurden geführt mit der Leitung eines Amtes für Justizvollzug, der Direktion einer geschlossenen Anstalt für Straf- und Massnahmenvollzug, zwei Leitungen von Bewährungshilfen, der Leitung einer Jugendanwaltschaft, der Leitung des Sozialdienstes einer Jugendanwaltschaft, zwei Mitgliedern der Geschäftsleitung einer Institution für Suchtmittelabhängige (Arbeits- und Wohnexternat).5 Die Interviews wurden im Zeitraum September bis Oktober 2015 durchgeführt, mit dem Einverständnis der Befragten aufgezeichnet und anschliessend paraphrasiert. Danach wurden die Textstellen nach dem Auswertungsmodell von Meuser und Nagel (1991) zu übergeordneten Kategorien und Themen zugeordnet.
Die Experteninterviews orientierten sich an der allgemeinen Terminologie von Wirkungsmodellen, wie sie auch von zahlreichen Autorinnen und Autoren verwendet wird (vgl. Abb. 1; Koller 2008, 9; Rauscher et al. 2015, 46–47; Balthasar/Fässler 2017, 313–317).
In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse aus den Interviews mit den Expertinnen und Experten gemäss den eingangs formulierten Fragestellungen vorgestellt. Wie in den vorhergehenden Kapiteln angemerkt wurde, können Wirkungsmodelle für verschiedene Stakeholdergruppen und auf verschiedenen Ebenen (von der Wirksamkeit staatlichen Handelns bis zur konkreten Massnahme im Vollzug) erstellt werden. Im Folgenden handelt es sich um ein generelles Wirkungsmodell, das Aspekte aller Ebenen einschliesst und keinen Bezug zu einem konkreten Programm oder einer konkreten Intervention hat. Dasselbe gilt für die aus den Experteninterviews gewonnenen Wirkungshypothesen (vgl. Weber-Koradi 2009, der hier von Wirksamkeits-Prinzipien spricht) (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Generelles Wirkungsmodell für den Justizvollzug, eigene Darstellung
Zunächst wird die Frage beantwortet, ob ein generelles Wirkungsmodell für den Justizvollzug generiert werden kann, das auf ein Set an Elementen verweist, die jedes brauchbare Modell enthalten sollte und die für eine weiterführende Modellbildung kontextsensibel angewendet werden können. Die in den Experteninterviews gewonnenen Haupt- und Unterthemen werden, wo dies möglich und sinnvoll ist, nach den unter Kapitel 2 eingeführten Begrifflichkeiten Kontext, Input, Aktivität, Output, Outcome und Impact unterschieden und geordnet; eine völlige Trennschärfe ist dabei nicht zu erreichen (vgl. Spöhr 2009).
Der Kontext beschreibt Einflüsse auf Aggregatebene, denen der Justizvollzug ausgesetzt ist, die aber nicht direkt von diesem veränderbar sind.
Übereinstimmend bezeichnen die Befragten die gesellschaftlichen und politischen Erwartungen sowie die mediale Berichterstattung als grosse Herausforderungen für Wirkungsfragen. Je nach politischem Klima steht der Justizvollzug im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit; damit hängt die Frage nach Wirkungen des Justizvollzugs oftmals von der Stossrichtung der öffentlichen Debatte ab. Ebenso nehmen die Befragten eine Doppelmoral der Öffentlichkeit wahr, die sich in der subjektiven Strafzumessung zeigt sowie in der Reintegration suchtmittelabhängiger Straftäter (Alkoholismus wird als Krankheit wahrgenommen, Drogenkonsum haftet der Touch des Illegalen an). Damit ist der gesellschaftliche Kontext, der soziale Empfangsraum, angesprochen, in den Straftäter entlassen werden.
Eine wichtige Wirkungsgrösse ist, wie der Stufenvollzug (bedingte Entlassung) gehandhabt wird. Problematisiert wird, dass durch die Verlängerung von Massnahmen zwar dem Wirkungsziel «Gesellschaftliche Sicherheit erhöhen» entsprochen werden kann, aber das Wirkungsziel «Soziales Verhalten und straffreies Leben fördern» aber stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Dennoch wird die bedingte Entlassung (im Erwachsenenvollzug) oder die Abklärungsphase in der Jugendanwaltschaft als besondere Testphase für Wirkungen, also das Verhalten in Freiheit, betrachtet.
Weiterhin beeinträchtigen die föderalistischen Strukturen der Schweiz Wirkungsfragen und sind auch auf der Ebene der überkantonalen Zusammenarbeit erschwerend. Zuletzt können Harmonisierungsbestreben, sei es durch die einheitliche Vollzugssteuerung durch die einweisende Behörde oder durch den risikoorientierten Sanktionenvollzug (ROS), zu den Kontextfaktoren gezählt werden.
Unter Input werden die personellen Voraussetzungen, die technische Ausstattung einer Institution, die räumlichen Gegebenheiten und die Ablauforganisation zusammengefasst. Als Input verstanden werden auch die Rahmenbedingungen, die relativ stabilen Charakteristika der personellen, materiellen und sachlichen Ressourcen, die dem Justizvollzug zur Verfügung stehen, um seine Aufgaben zu erfüllen.
Auf struktureller Ebene ist entscheidend, wie die einzelnen Institutionen organisiert sind. Die Befragten schätzen an der Zusammenlegung von Vollzugsdienst, Vollzugsinstitutionen und Bewährungshilfe unter einem Amtsdach (Amt für Justizvollzug), dass Informationen schneller fliessen, der Austausch untereinander einfacher ist, dass sich die verantwortlichen Personen kennen und Schnittstellen bereinigt werden können.
Weiterhin hängen Wirkungsfragen damit zusammen, in welcher Vollzugform sich der Straftäter befindet und dass genügend für den Strafzweck adäquate Vollzugsplätze zur Verfügung stehen (Wirkungshypothese 1). Je nach institutioneller Zugehörigkeit und fachlichem Hintergrund kam es bei den Befragten – vor allem wenn das Wirkungsziel «Förderung des sozialen Verhaltens und der Fähigkeit straffrei zu leben» betrachtet wurde – zu kontroversen Ansichten darüber, welche Vollzugsform angemessener ist, um dieses Ziel zu erreichen (Normalisierungsprinzip versus Sicherungsprinzip6).
Neben Reformen im Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht führen deutschschweizerische Reformen (z.B. ROS) oder Haltungen von Führungspersonen zu veränderten Vollzugspraxen und damit zu anderen Wirkungsvoraussetzungen (Wirkungshypothesen 2 und 3).
Leitsätzen und Standards wird von den Befragten ein wichtiger Stellenwert in Wirkungsfragen zugeschrieben. Dabei geht es nicht darum, im Sinne eines Qualitätsmanagements ein Zertifikat zu erhalten, sondern diese nach innen gerichteten Leitsätze zu leben (Wirkungshypothese 4). Auch wird auf theoretische Modelle verwiesen – Risk-Need-Responsitivity (RNR) und Good Lives Model (GLM) – die einen gewissen Standard bieten würden. Die Befragten nennen ebenso verschiedene Instrumente zur Fallführung und Risikoeinschätzung, die mit einem wirkungsvollen Handeln verbunden werden. Es wird betont, dass diese Instrumente zwar zu Wirkungsüberlegungen beitragen – z. B. über den Einfluss des Familiensystems auf delinquentes Verhalten – diese aber für professionelle Überlegungen nur unterstützend herangezogen werden.
Weiterhin werden Fallteams, in denen verschiedene Berufsgruppen einbezogen sind, oder das Vier-Augen- bzw. Acht-Augen-Prinzip als wesentliche Grundlage für den Entscheid wie mit einem Fall umzugehen ist, betrachtet. Der Austausch im Team, der je nach Institution mit Intervision/Supervision verbunden ist, wird als sehr wichtig angesehen (Wirkungshypothese 5). Die Befragten ergänzen, dass hier oftmals mit Intuition gearbeitet wird, was die Frage nach Wirkungen per se erschwert.
In diesem Zusammenhang wird auf die Standards der Bewährungsdienste (Strafvollzugskonkordat Nordwest- und Innerschweiz) sowie auf die individuellen Vollzugspläne als wirkungsvolle Arbeitsinstrumente verwiesen.
Trotz der genannten Instrumente, Vollzugspläne und Standards betonen die Befragten die Einzigartigkeit jedes Falles und dass Vollzugsziele entsprechend dieser Einzigartigkeit variieren können und festgelegt werden.
Eine Schlüsselfunktion wird bei der Frage nach einer institutionellen Zusammenarbeit sowie nach Anschlusslösungen, also dem Übergang des Inhaftierten von der Strafe in die Freiheit oder vom Strafrecht ins Zivilrecht, gesehen. Je nach institutionellem Hintergrund werden verschiedene Formen der Nachbegleitung thematisiert. Ein guter Austritt ist je nach Fall und dessen Ressourcen und Risiken individuell sehr verschieden; es ist wichtig, niemanden in eine ungesicherte Situation zu entlassen (Wirkungshypothese 6).
Unter der Ebene Aktivität werden sämtliche diagnostischen und therapeutischen Massnahmen innerhalb des Strafvollzugs verstanden, die unter Berücksichtigung der individuellen Ressourcen und Risiken eines Straftäters ergriffen werden. Ebenso wichtig sind hier die fachlichen Eigenschaften und Ressourcen des Personals.
Von den Befragten wird angemerkt, dass es in der Fallarbeit oft intuitiv für die Fachpersonen offensichtlich ist, auf was zu achten ist. Auf einen Fall heruntergebrochen lassen sich verschiedene Hinweise darauf finden, ob ein Prozess entsteht (dazu gehören Beziehungsaussagen, in Kontakt gehen, Verantwortungsübernahme). Ein Befragter fasst das so zusammen: «Die spannende, knifflige Herausforderung bei Wirkungsfragen ist, dass man für jeden Menschen, der im Justizvollzug eingewiesen ist, einen Schlüssel findet, damit er nicht mehr aus dem Netz fällt.» Je nachdem kann dieser Schlüssel die Therapie, die Seelsorge oder die Arbeitsagogik sein, das ist unterschiedlich.
Alle Befragten sehen in der Qualifikation, Motivation und Erfahrung des Personals einen entscheidenden Beitrag, ob Wirkungen erzielt werden können (Wirkungshypothese 7). Von den im Justizvollzug beschäftigten Fachpersonen wird grosses Fingerspitzengefühl erwartet, das kommt in einem Zitat eines Befragten besonders zum Ausdruck: «Wirkung kann nur erzielt werden mit Personal, das mit beiden Füssen im Leben steht, das eine gewisse Reife erreicht hat. Man muss mit den Straftätern umgehen wollen und können und das ist eine anspruchsvolle Aufgabe.»
Die Herausforderung besteht darin, dass das Personal als Team auftritt, es ist wichtig, dass sich die Mitarbeitenden aufeinander verlassen können und dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit – auch mit externen Stellen – gut funktioniert (Wirkungshypothese 8). Als Beispiel wird angeführt, dass sich eine Mischung von Sozialpädagoginnen und -pädagogen und Psychiatriepflegerinnen und -pflegern auf den Wohngruppen im Massnahmenvollzug bewährt hat.
Um Wirkungen zu erzielen, muss auf den Ressourcen der Straftäter aufgebaut werden. So hängt die Zusammenarbeit mit den Straftätern massgeblich davon ab, welche Grundmotivation bei ihnen vorhanden ist. Auf die Frage danach, welche Eigenschaften Straftäter mitbringen sollen, wird überwiegend auf weiche Faktoren verwiesen. Dabei klaffen Wunschvorstellungen und die Realität oftmals auseinander. Als wesentlicher Wirkfaktor seitens der Straftäter wird Reue genannt, dass sie über das Delikt nachdenken und eine gewisse Empathie den Opfern gegenüber empfinden. Auch wird auf die Bedeutung kognitiver Faktoren (Intelligenz) hingewiesen. Als Knackpunkt einer wirkungsvollen Intervention wird die Verantwortungsübernahme seitens der Straftäter genannt. Ein Befragter bringt es so auf den Punkt: «Solange jemand nicht eingesehen hat, dass das Delikt in seiner Verantwortung liegt, nützt alles Weitere nichts.»
Das oftmals fehlende soziale Netzwerk von Inhaftierten wird als Faktor genannt, der sich ungünstige auf eine wirkungsvolle Intervention auswirken kann.
Ein weiter Faktor ist die Prozessgestaltung zwischen Fachpersonen und Straftäter; so müssen zunächst die Ziele gemeinsam geklärt werden. Dies setzt seitens der Fachkräfte eigene Klarheit und Verbindlichkeit voraus. Als weitere wirksame Faktoren seitens der Professionellen werden Achtsamkeit/Akzeptanz, Fachwissen, der Umgang mit Nähe und Distanz sowie Fragen der Haltung thematisiert (Wirkungshypothese 9). Der Kern einer wirkungsvollen Arbeit ist hier, dass man sich auf den Straftäter einlässt, ihm Vertrauen entgegenbringt und nicht den ganzen Menschen verurteilt: «Grundlage aller Wirkungsfragen ist, dass man das Verhalten massregelt, aber nicht den Menschen als Kriminellen abstempelt. » Das Gelernte muss von den Inhaftierten mithilfe entsprechender Trainingsprogramme oder Elemente (z. B. Ergotagebuch) gezielt in den Alltag transferiert werden, dann ist es wirksam (Wirkungshypothese 10).
In diesem Abschnitt wird auf Leistungsziele (Output) und Wirkungsziele (Outcome, Impact) Bezug genommen. Wirkungsziele benennen Ergebnisse der Interventionen, die sich auf Verhaltensebene bei den Zielpersonen (Outcome) oder in Veränderungen in der gesamtgesellschaftlichen Ebene (Impact) zeigen.
Zu den Leistungszielen werden die Anzahl der Teilnehmenden an einer Intervention oder die Anzahl (bedingt) Entlassener gezählt. Kritisch wird allerdings angemerkt, dass die in Geschäftsberichten publizierten Kennzahlen wie die Anzahl der Beschwerden, die Anzahl positiver und negativer Feedbacks, Briefe von Insassen, Bürgerinnen und Bürgern und Angehörigen nicht als Hinweise auf Wirkungen bezeichnet werden, sondern höchstens ein kleines Stimmungsbild abgeben.
Zu den Wirkungszielen (auf Ebene Outcomes) werden die Rückfallvermeidung/Straffreiheit sowie eine Legalprognose gezählt wie auch viele «weiche Faktoren», wie die verbesserte Selbstwahrnehmung oder die Akzeptanz der Situation.
Von den Befragten angezweifelt wird die Sinnhaftigkeit, aus Rückfallstatistiken Wirkungen abzuleiten. Rückfallstatistiken bilden die Realität verzerrt ab und stellen eigentlich eine Negativauswahl von denjenigen dar, die wieder im Justizvollzug auffällig werden. Langfristigen Wirkungsaussagen stehen Datenschutzgründe im Weg, und auch das föderalistische System verhindert eine allgemeine Vergleichbarkeit der Wirksamkeit zwischen unterschiedlichen Vollzugsformen.
Im Fallbearbeitungsprozess stehen – aus Sicht der Bewährungshilfe – je nachdem verschiedene umweltrelevante Lebensbereiche (Gesundheit, Erwerbstätigkeit, Finanzen, soziales/näheres Umfeld) im Zentrum der Intervention und könnten damit als alternative Wirkungsziele bezeichnet werden.
Methodisch ist anzumerken, dass die Antworten der Expertinnen und Experten, je nach Position und Handlungsfeld, unterschiedlich ausfielen. Tendenziell argumentierten Befragte, die direkt mit Klientinnen und Klienten arbeiten, mit Prozessmerkmalen (Aktivität) und weichen Faktoren, die zu Wirkungen beitragen, und desto eher kam das Wirkungsziel der Resozialisierung und sozialen Integration ins Spiel. Je weiter entfernt Befragte von der direkten Arbeit mit Klientinnen und Klienten sind, desto eher wird mit Strukturmerkmalen (Input) argumentiert, desto mehr war der Sicherheitsgedanke präsent.
In einem weiteren Schritt wurden exemplarisch zehn Wirkungshypothesen (vgl. Abb. 4) aus den Experteninterviews abgeleitet und in Kapitel 5 bereits bei den jeweiligen Textstellen verankert. Wirkungshypothesen wurden jeweils an den Textstellen verankert, die als besonders wichtig für Wirkungen von den Befragten eingeschätzt wurden und sich darüber hinaus als empirisch evident erweisen (Haunberger/Gilgen 2016; Weber-Koradi 2009). Diese erläutern die implizit vorhandenen Annahmen über die erwarteten Zusammenhänge zwischen den einzelnen Ebenen des Wirkungsmodells (Input, Aktivität) und den erwarteten Wirkungen (Outcome, Impact). Die Wirkungshypothesen lassen sich überwiegend in strukturelle und konzeptionelle Rahmenbedingungen fassen, die sich auf den Ebenen Input und Aktivität des Wirkungsmodells finden lassen.
Abb. 4: Allgemeine Wirkungshypothesen
Die befragten Expertinnen und Experten sollten weiterhin Grenzen und Möglichkeiten der Wirkungsnachweise im Justizvollzug einschätzen und auch, wo sie Defizite und erstrebenswerte Punkte sehen. So ist die Frage nach Wirkungsnachweisen im Justizvollzug immer wieder gesamtschweizerisch ein Thema, die Aktualität und Brisanz der Frage richtet sich vornehmlich nach dem Legitimationsdruck seitens Öffentlichkeit und Politik.
Aus Sicht der Befragten gibt es bis heute keine Studie, die umfassend beantworten kann, wie die grossen gesetzlich definierten Hauptziele Rückfallvermeidung und soziale Integration von Straftätern erreicht werden sollen. Es werden die generelle Schwierigkeit, Ursache-Wirkung-Beziehungen nachzuweisen, der damit verbundene Aufwand sowie der Einfluss von externen Faktoren thematisiert. Wenn es um die Festlegung von Wirkungszielen geht, sind politische Zielvorgaben vorherrschend, die sich darauf konzentrieren, für eine Vollzugsanstalt ein Qualitätsmanagement einzuführen oder ROS umzusetzen.
Die Frage nach Wirkungen impliziert oftmals, dass Zielnormen vorhanden sind.
Um in diesem Zusammenhang bestimmen zu können, was eine erfolgreiche Intervention ist, müssten dahinterliegende (oftmals politische) Werthaltungen offengelegt und grundsätzlich geklärt werden. Die Frage nach Wirkungsnachweisen kann dadurch beeinflusst werden, wie die Schwere der Straftat relativiert wird oder wie heterogen sich einzelne Fallverläufe verhalten. Ein Befragter gibt hierzu an, dass man sich grundsätzlich fragen könnte, ob ein straffreies Leben eines ehemaligen Gewaltstraftäters nun auch ein zu schnelles Autofahren ausschliesst.
Ebenso nennen die Befragten die Schwierigkeit, Wirkungsziele mit monetären Werten zu versehen; Delikte in Zahlenwerten anzugeben ist äusserst schwierig und ein Vergewaltigungsdelikt mit einem Zahlenwert zu veranschlagen, führt rasch an eine ethische Grenze. Ein Dilemma besteht weiterhin darin, dass die sogenannt weichen Faktoren systematisch nicht erhoben werden oder ihnen keine Bedeutung zugemessen wird. Einige Befragte äussern die Ansicht, dass der Verlauf, der Prozess das entscheidende für Wirkungsfragen sei und dass das Spannungsfeld im Justizvollzug grösser sei als in anderen Arbeitsfeldern. Weiterhin wird auf die oftmals nicht kontrollierbaren externen Faktoren verwiesen.
Hier schliesst ein weiteres Dilemma an, nämlich, dass man über die Entlassenen und ihren Weg im Prinzip gar nichts mehr weiss, es sei denn, dass sie wieder im Strafvollzug auffällig werden. Es gibt keine systematischen Erhebungen; Rückmeldungen sind eher zufällig, aber dennoch hilfreich. Dies wird in der Aussage eines Befragten deutlich: «Wenn wir von ehemaligen Klienten die Rückmeldung erhalten, dank euch haben wir Rüstzeug erhalten, um mit unserem Leben umzugehen, ist das für uns der Motor, dass wir sagen, unsere Arbeit macht Sinn bzw. zeigt Wirkung.»
Die Vor- und Nachteile einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung werden von den Befragten unterschiedlich bewertet. Positiv gesehen wird, dass eine weit entwickelte wirkungsorientierte Verwaltung Freiheiten ermöglicht und Anreize setzt, wirtschaftlich zu denken und zu arbeiten. Kritisch gesehen wird, dass das Erkenntnisinteresse in der wirkungsorientierten Verwaltungsführung nicht im Vordergrund steht, sondern dass es nur darum geht, die Ausgaben offenzulegen, und dass die für Wirkungsfragen wesentlichen Überlegungen, was es für wen nützt und wo das Geld gezielt eingesetzt werden kann, unberücksichtigt bleiben.
Im Sprichwort «Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen», kommt die Skepsis der Befragten zum Ausdruck, dass es trotz neuen Instrumenten und Methoden anmassend ist zu meinen, die Rückfallwahrscheinlichkeit über Jahre voraussagen zu können, und oftmals der Eindruck erweckt wird, «als könne man den Seelenalgorithmus eines Menschen erkennen», so ein Befragter.
Auch der Einsatz von (standardisierten) Instrumenten, die eine Wirkungsmessung ermöglichen würden, wird letztlich als Zeit- und Ressourcenfrage und als planerische Herausforderung im Arbeitsalltag betrachtet. Fallverläufe können in der Ausgangsbasis wie auch im Prozessverlauf sehr heterogen sein. Es kann nicht einfach ein fixes Schema abgearbeitet werden, die einzelnen Schritte müssen individualisiert werden.
Insgesamt konnten zahlreiche Herausforderungen und Stolpersteine identifiziert werden, die aus Sicht der befragten Expertinnen und Experten Wirkungsnachweise im Justizvollzug erschweren, wie viele nicht direkt steuerbare Einflüsse auf Kontextebene.
In den Interviews mit den Expertinnen und Experten kam zum Ausdruck, dass sie der Frage nach Wirkungsnachweisen im Justizvollzug überwiegend mit begründeter Skepsis und hohen Erwartungen gegenüberstehen. Einerseits wird an Wahrscheinlichkeitsaussagen gezweifelt, andererseits werden kausale Zusammenhänge erwartet, die es in dieser Reinform methodisch gar nicht geben kann. Gelegentlich ist die versteckte Erwartung spürbar, dass Wirkungsnachweise nur dann «nützlich» sind, wenn dadurch 100-prozentige Prognosen oder Antworten generiert werden. Wirkungsnachweise, so die Schlussfolgerung aus den Experteninterviews, werden mehr zur Aussendarstellung, zur Legitimation des Handelns im Justizvollzug benötigt; das Erkenntnisinteresse ist zweitrangig. Dies wird besonders deutlich, wenn Erwartungen von Öffentlichkeit, Politik und Medien in die Argumente einbezogen werden.
Das hier entwickelte generelle Wirkungsmodell weist auf viele bedeutsame und auch empirisch evidente Elemente hin, die es zu beachten gilt, wenn Aussagen über Wirkungen im Justizvollzug gemacht werden sollen. Trotzdem gibt es keine standardisierte Empfehlung, wie dabei vorzugehen ist, wenn Wirkungsmodelle erstellt werden. Im Gegensatz zu dem hier entwickelten generellen Wirkungsmodell müssen differenzierte Wirkungsmodelle in Abhängigkeit vom fokussierten Gegenstand entwickelt werden; es muss ersichtlich sein, wie die zentralen Dimensionen modellhaft zusammenhängen. Zwar lassen sich in Wirkungsmodellen immer übergreifende zentrale Dimensionen identifizieren, dennoch sind Wirkungsmodelle an den Tätigkeitsfeldern einer Organisation auszurichten, an der Strategie eines Teilgebietes oder an spezifischen Projekten. Das Wirkungsmodell ist so zu entwickeln, dass Zielgruppen, bei denen Effekte vermutet werden, umfassend einbezogen werden (Then/Kehl 2015, 59).
Die Erarbeitung von Wirkungsmodellen stellt eine Möglichkeit dar, wie der Komplexität von Programmen und Interventionen begegnet werden kann. Allerdings ist gerade aufgrund dieser Komplexität auch Bescheidenheit und Vorsicht angeraten. Eine Komplexitätsreduktion bedeutet immer, dass nur ein Ausschnitt der Realität eingefangen werden kann. Ebenso weisen Wirkungsmodelle auf mögliche Wirkungszusammenhänge hin, ohne eine prognostische und verallgemeinerbare Aussage zu ermöglichen. Darüber hinaus sind einmal erarbeitete Wirkungsmodelle nicht als linear und schon gar nicht als statisch zu verstehen, sondern dynamisch und entsprechend kontinuierlich zu überdenken und zu überarbeiten (vgl. Ackermann et al. 2011, 279).
Das hier generierte generelle Wirkungsmodell liefert zentrale Elemente, aus denen zukünftig ein Wirkungsmodell für ein konkretes Projekt, für eine konkrete Intervention im Justizvollzug aufgestellt werden kann. Damit könnte von einem generellen Wirkungsmodell zu einem spezifischen Wirkungsmodell übergegangen werden. Hierfür wäre es weiterführend notwendig, Indikatoren für die Leistungsebene (Output) und die Wirkungsebene (Outcome, Impact) zu formulieren (ähnlich wie es Koller 2008 getan hat). Weiterhin bietet das generelle Wirkungsmodell eine Grundlage, um implizite Wirkungshypothesen (vgl. Weber-Koradi 2009) sichtbar zu machen. Dies wurde exemplarisch mit den zehn allgemeinen Wirkungshypothesen veranschaulicht.
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Sigrid Haunberger Dr., Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Departement Soziale Arbeit, Institut für Sozialmanagement, E-Mail: sigrid.haunberger@zhaw.ch
- 1 Ackermann et al. (2009) vergleichen das Ergebnismodell von Gesundheitsförderung Schweiz und das Program-Logic-Model von Funnell miteinander und verdeutlichen exemplarisch, wie das Phänomen Gesundheit mittels unterschiedlichem Strukturierungsgrad der inhaltlichen Bezeichnung der Kategorien und Grad der Explikation von Kausalitäten konzipiert wird und wie dieses Vorgehen damit zu verschiedenen Möglichkeiten der Komplexitätsreduktion beitragen kann.
- 2 Gemäss Rieder (2007) beschreibt das Wirkungsmodell die spezifischen intendierten Wirkungszusammenhänge einer Politik und orientiert sich an den fünf Ebenen der Politikgestaltung. Das Wirkungsmodell geht von den strategischen Zielen aus, postuliert eine Vollzugsstruktur und formuliert Vorgaben für den Output. Dieser soll bei den Zielgruppen Wirkungen (Impact) erzielen und letztendlich positive Effekte in anderen Bereichen (z.B. bei den Bürgerinnen und Bürgern) zur Folge haben (Outcome).
- 3 Gollwitzer et al. (2007, 11) warnen vor der Durchführung von Massnahmen, für die es kein (oder nur ein unplausibles) Wirkungsmodell gibt, und bezeichnen ein solches Vorgehen als unverantwortlich und volkswirtschaftlich destruktiv. Sie postulieren weiterhin, dass «…Interventionen, deren Wirkmodelle nicht adäquat begründet werden können, mindestens nutzlos, wenn nicht sogar gefährlich…» sind, und weisen darauf hin, dass im Bereich der Gewaltprävention längst nicht alle der angewendeten Massnahmen dieses notwendige Kriterium erfüllen.
- 4 Der Begriff «Experteninterview» ist als Bezeichnung der verwendeten Methode zu verstehen (Meuser/Nagel 1991, 1997; Bogner et al. 2005). Deshalb wird im Text durchgehend von «Experteninterviews» und nicht von «Expertinnen-und Experteninterviews gesprochen.
- 5 Aus Gründen der Anonymisierung werden weder die genaue Funktionsbezeichnung noch die kantonale Zugehörigkeit der Interviewten genannt.
- 6 Während das Normalisierungsprinzip betont, dass der Strafvollzugsalltag den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit als möglich zu entsprechen hat, betont das Sicherungsprinzip den Schutz der Allgemeinheit (vgl. Vollzugsgrundsätze des Schweizerischen Strafvollzugs, Art. 75, Abs. 1 StGB).