Table des matières
Mit der Zweitwohnungs-1, der sogenannten Minder-2 und der Masseneinwanderungsinitiative3 nahmen Volk und Stände in der jüngeren Vergangenheit eidgenössische Volksinitiativen mit spezifischen Übergangsbestimmungen an. Diese ermächtigen und verpflichten zugleich den Bundesrat, innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zur Umsetzung des Initiativbegehrens zu erlassen. Die bundesrätlichen Ausführungsverordnungen sollen alsdann bis zur Inkraftsetzung des ordentlichen Ausführungsgesetzes gelten (vgl. Wyss 2020, Anhang 2; nach Fuhrer 2019, S. 131 existieren in den Kantonen keine ähnlichen Normen). Dieses Phänomen – die vorläufige Umsetzung einer Volksinitiative auf dem Verordnungsweg – ist bis anhin rechtwissenschaftlich wenig erforscht (siehe z. B. Boillet/Lammers 2016, S. 511 ff. mit wertvollen ersten Ansätzen oder jüngst Musliu 2019, S. 307 ff.). Der vorliegende Beitrag4 ordnet den Verordnungsgebungsprozess in das konstitutionelle Gefüge der Bundeserlassformen und -stufen ein. Er gliedert sich in die fünf nachfolgenden Kapitel: Das hier anschliessende Kapitel definiert die allgemeinen Merkmale der vorläufigen Umsetzung einer Volksinitiative. Das III. Kapitel behandelt die Verfassungsgrundlage, die eine vorläufige Umsetzung erst ermöglicht, unter Einschluss von deren Entstehung und den potenziellen Beweggründen der Initiantinnen und Initianten. Anschliessend folgen Ausführungen zum vorläufigen Verordnungsrecht (IV. Kapitel), und zwar von den bisherigen Anwendungsfällen über das Erlassverfahren bis hin zum Rechtsschutz. Das V. Kapitel befasst sich mit den Wirkungen und Gefahren der vorläufigen Umsetzung, bevor die Schlussfolgerungen im VI. Kapitel den Beitrag abschliessen.
Als Orientierungshilfe dienen dem Beitrag folgende Fragen: Sind die Kompetenzen des Bundesrates als Verordnungsgeber bei der Umsetzung des Verfassungsauftrags gleich umfassend wie jene des Parlaments? Oder bestehen verglichen mit dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zusätzliche Schranken, wenn der Bundesrat mittels Übergangsbestimmungen zur vorläufigen Umsetzung einer Volksinitiative ermächtigt wird? Als Umsetzung gilt dabei die Konkretisierung der neu in Kraft getretenen Verfassungsbestimmungen mittels Rechtssätzen niedrigerer Normstufe. Auf Bundesebene ist dies gleichbedeutend mit einer Konkretisierung in Bundesgesetzen und/oder in Verordnungen (Wyss 2020, Rz. 21 sowie Rz. 11 ff. zum uneinheitlichen Gebrauch des Umsetzungsbegriffs in der Verfassung). Die konkrete materiell-rechtliche vorläufige und ordentliche Umsetzung der jeweiligen Volksinitiativen steht im Beitrag nicht im Fokus. Sie findet nur Erwähnung, soweit sie hilft, Erkenntnisse zum hier untersuchten Phänomen zu gewinnen oder diese illustrativ darzustellen. Im Vordergrund stehen vielmehr die allgemeinen Grundsätze, die bei der vorläufigen Umsetzung von Initiativbegehren zu beachten sind.
Als vorläufige Umsetzung einer Volksinitiative zu bezeichnen ist …
«… die Konkretisierung der nach Annahme durch Volk und Stände in Kraft getretenen neuen Verfassungsbestimmungen durch den Erlass von selbständigem, nicht notrechtlichem Verordnungsrecht, dessen Geltungsdauer in der Regel durch das Inkrafttreten der ordentlichen Ausführungsgesetzgebung begrenzt ist.» (Wyss 2020, Rz. 28)
Eine vorläufige Umsetzung der Volksinitiative auf Bundesebene bestimmt sich demnach anhand der folgenden vier Erkennungsmerkmale (kumulativ): Es handelt sich um Verordnungsrecht (generell-abstrakte Normen) des Bundesrates:
- das unmittelbar gestützt auf die Verfassung ergeht (selbstständiges Verordnungsrecht; siehe dazu hinten Rz. 39 sowie Wyss 2020, Rz. 434 ff.);
- sach- und nicht notrechtlicher Natur ist (d. h. sich weder auf Art. 184 Abs. 3 BV5 noch auf Art. 185 Abs. 3 BV stützt; siehe dazu hinten Rz. 39 sowie Wyss 2020, Rz. 429 ff. und Rz. 434 ff.);
- das die Verfassungsbestimmungen konkretisiert, die mit Annahme einer ausformulierten Volksinitiative durch Volk und Stände neu in Kraft getreten sind (siehe Art. 195 BV, hinten Rz. 13 ff. sowie Wyss 2020, Rz. 278 ff.); und
- dessen Bedeutung mit dem Inkrafttreten des ordentlichen Ausführungsgesetzes (Bundesgesetz i.S.v. Art. 163 Abs. 1 BV) – zumindest in dessen Umfang – erlischt (siehe hinten Rz. 18 ff. sowie Wyss 2020 Rz. 297 ff. und Rz. 322 [Spezialfall Bundesfeiertagsverordnung]).
Wie aus der Definition und den Erkennungsmerkmalen ersichtlich, hängt eine vorläufige Umsetzung der Volksinitiative von der Verfassungsbestimmung ab, die es zu konkretisieren gilt. Wie das folgende III. Kapitel zeigt, bestimmen dabei im Einzelfall die Ausgestaltung der Verfassungsnorm respektive die darin enthaltenen Vorgaben (Verfassungsauftrag zur Rechtsetzung; siehe hinten Rz. 14 ff.), ob überhaupt eine vorläufige Umsetzung erforderlich wird oder nicht. Soweit der Beitrag im Folgenden von vorläufiger Umsetzung spricht, ist stets die vorläufige Umsetzung der Volksinitiative auf dem Verordnungsweg gemäss der hier aufgeführten Definition gemeint.
In Übereinstimmung mit der eingangs wiedergegebenen Definition (siehe vorne Rz. 3 f.) enthält eine Verfassungsnorm dann die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung, wenn sie (i.) durch Annahme einer vorformulierten Volksinitiative durch Volk und Stände zum Verfassungsbestandteil wurde, (ii.) den Bundesrat – zumindest subsidiär – zum Erlass von Ausführungsbestimmungen ermächtigt und verpflichtet (Kompetenzgrundlage für selbstständiges Verordnungsrecht) und (iii.) dabei zumindest eine zeitliche Vorgabe zu Beginn und/oder Ende der Dauer macht, für die der Bundesrat gegebenenfalls derartige Bestimmungen erlassen soll. Es darf sich (iv.) nicht um eine notrechtliche Kompetenzgrundlage im Sinne von Artikel 184 Absatz 3 oder Artikel 185 Absatz 3 BV handeln. Alle vier vorgenannten Voraussetzungen sind kumulativ zu erfüllen. Die verfassungssystematische Platzierung der Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung in den Übergangsbestimmungen trifft zwar bis anhin auf sämtliche Fälle in der Verfassung zu. Sie bildet jedoch kein konstituierendes Merkmal für eine solche Vorgabe. Die Erfassung in den Übergangsbestimmungen ergibt indes insofern Sinn, als sie einen temporalrechtlichen Aspekt normiert (Wyss 2020, Rz. 59, Rz. 33 und Rz. 44 f.).
Die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung ist, ähnlich dem gesamten Institut der Volksinitiative, funktional weitgehend neutral (abstrakt): Sie definiert nicht den eigentlichen Umsetzungsgegenstand, sondern regelt nur die Form der Umsetzung für eine gewisse Zeitphase. Dadurch ist sie mit fast jedem materiellen Begehren (Hauptnorm) kombinierbar. Zumindest die klaren Zeitvorgaben an die staatlichen Organe betreffend die Umsetzung und die damit möglich werdende Überprüfbarkeit deuten auf eine gewisse Druck-, Kontroll- und taktische Funktion hin (Wyss 2020, Rz. 106 f.; zu den Beweggründen hinten Rz. 30 ff.). Es finden sich Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung in Volksinitiativen aus dem gesamten politischen Spektrum (Wyss 2020, Rz. 47). Ähnliches zeigt die Untersuchung der Initiativtexte sämtlicher je zustandegekommenen Volksinitiativen, auf deren Auswertung sogleich einzugehen ist.
Eine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative im Initiativtext tauchte erstmals im Jahre 1910 in einer eidgenössischen Abstimmung auf, nämlich anlässlich der Abstimmung zur Volksinitiative «Proporzwahl des Nationalrates». Seither kamen 50 Volksinitiativen zustande (bis und mit März 2019), welche die Möglichkeit einer vorläufigen Umsetzung vorsahen. 34 davon gelangten zur Abstimmung. In der Tendenz fanden die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung immer häufiger Berücksichtigung bei der Redaktion der Initiativtexte: Während auf die insgesamt 333 je zustandegekommenen ausformulierten Volksinitiativen im Schnitt nur jede siebte eine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung aufweist, enthält unter den jüngsten zwanzig zustandegekommenen ausformulierten Volksinitiativen bereits jede zweite eine solche (Wyss 2020, Rz. 38 f. i.V.m. Anhang 1 und 2):6
Eingang in die Verfassung fand die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung erst mit Annahme der 1. August-Initiative im September 1993. Unter der aktuellen Verfassung enthalten bis anhin drei von zehn Revisionen eine solche Vorgabe. Dies entspricht beinahe jeder dritten Verfassungsänderung (Wyss 2020, Rz. 40 f. i.V.m. Anhang 1 und 2). Mit Annahme der Zweitwohnungs-, der sogenannten Minder- und der Masseneinwanderungsinitiative enthält die Verfassung unterdessen insgesamt vier Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung: Artikel 196 Ziffer 9 Absatz 1 (1. August-Initiative), Artikel 197 Ziffer 9 Absatz 1 (Zweitwohnungsinitiative), Artikel 197 Ziffer 10 (Minderinitiative) und Artikel 197 Ziffer 11 Absatz 2 (Masseneinwanderungsinitiative). Bevor der Beitrag vertieft auf die Qualifikation solcher Vorgaben eingeht, ist vorab zu erläutern, wie diese entstehen.
Mittels ausformulierter Volksinitiative können 100 000 Stimmberechtigte den Prozess auf Änderung des Wortlauts eines Teils der Bundesverfassung einleiten und zwar nach Vorgabe eines abschliessend ausformulierten Entwurfs (Art. 139 Abs. 1, 2 und 5 BV; Tschannen 2016, § 44 Rz. 58; ausführlich Hangartner/Kley 2000, Rz. 802 ff.). Dieser Entwurf kann dabei problemlos die Vorgabe für eine vorläufige Umsetzung der Volksinitiative enthalten (Wyss 2020, Rz. 67).
Die Ausgestaltung des Initiativtexts mit oder ohne solche Vorgaben obliegt allein dem redaktionellen Ermessen der Initianten und Initiantinnen (Wyss 2020, Rz. 67 und Rz. 108). Der Text muss nicht zwingend aus der Feder von einem oder mehreren der mindestens sieben bis maximal 27 Stimmbürger und Stimmbürgerinnen stammen, die das Initiativkomitee bilden. Letzteres übernimmt allein die formelle Verantwortung für die Initiative (eingehend dazu Bisaz 2013, S. 135 ff.; zu den rechtsetzungstechnischen Nachteilen von Arx 2002, S. 181 ff. und Rhinow 2014, S. 120). Der Text ist für die staatlichen Organe verbindlich. Sie dürfen ihn also – abgesehen von der teilweisen Ungültigkeitserklärung durch die Bundesversammlung und von den formalen Bereinigungen durch die Bundeskanzlei (Tschannen 2016, § 52 Rz. 36) – keinesfalls verändern (siehe Art. 99 ParlG7; Füzéssery 2014, Art. 99 N 2 ff.). Wie auch die folgenden Ausführungen zu den Verfassungsgebungsschranken zeigen, können staatliche Organe daher die Aufnahme einer Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung in den Initiativtext sowie – bei erfolgreicher Abstimmung – in die Verfassung rechtlich nicht unterbinden.
Es existieren keine Schranken, die einer Volksinitiative mit Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung im Verfahren auf Verfassungsteilrevision spezifisch entgegenstehen, nur weil sie eine solche Vorgabe im Initiativtext enthält. Eine vorläufige Umsetzung sozusagen vorgelagert – im Prozess der Entstehung ihrer Verfassungsgrundlage – zu vereiteln oder zu erschweren, ist daher ausgeschlossen (siehe Wyss 2020, Rz. 109): Die Bundesversammlung kann eine Initiative nur dann rechtskonform für ungültig erklären, wenn diese gegen die Einheit der Materie oder der Form, die zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts oder das Gebot der faktischen Durchführbarkeit verstösst. Über diese allgemeinen Gültigkeitsvoraussetzungen hinaus geben die Verfassung und die einschlägigen Bundesgesetze keine redaktionellen Schranken vor (siehe Art. 139 Abs. 3 BV, Art. 75 BPR8 und Art. 98 ParlG; zur faktischen Umsetzbarkeit Tschannen 2016, § 44 Rz. 21 f. und § 51 Rz. 27). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass eine vorformulierte Volksinitiative mit Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung eher gegen die allgemeinen Gültigkeitsvoraussetzungen verstösst als jene ohne solche Vorgaben. Als Initiativtextbaustein für sich alleine betrachtet, entspricht die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Form des ausgearbeiteten Entwurfs (Einheit der Form). Eine Formulierung als allgemeine Anregung ist kaum denkbar und erschiene mit Blick auf die möglichen Beweggründe der Initianten und Initiantinnen (Beschleunigungs-, Durchsetzungs- und Druckfunktion; siehe hinten Rz. 30 ff.) auch wenig sinnvoll. Ihr klarer sachlicher und auf die Umsetzung beschränkter Zusammenhang zum Regelungselement der Hauptnorm bietet zudem keine Probleme mit der Einheit der Materie (Wyss 2020, Rz. 78 ff.; allg. zu Einheit von Form und Materie z. B. Ehrenzeller/Gertsch 2014, Art. 139 N 36 ff.). Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern eine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative zu einem Konflikt mit den Bestimmungen des zwingenden Völkerrechts führen sollte. Soweit der Grundsatz «keine Strafe ohne Gesetz» als notstandsfeste Garantie der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)9 zum regionalen Ius cogens zählt, verlangt dieser bloss eine rechtssatzmässige Grundlage. Eine vorläufige Umsetzung auf Verordnungsstufe ist daher aus konventionsrechtlicher Sicht selbst im besagten Regelungsbereich unproblematisch (Wyss 2020, Rz. 86; allg. zum Ius cogens Epiney/Diezig 2015, Art. 139 N 33 ff.). Dasselbe gilt für das letzte Gültigkeitskriterium. Selbst unrealistisch kurze zeitliche Fristen im Rahmen der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung führen nicht zur faktischen Undurchführbarkeit im Sinne der Praxis der Bundesversammlung (Wyss 2020, Rz. 87 f.; allg. zur faktischen Durchführbarkeit z. B. Ehrenzeller/Gertsch 2014, Art. 139 N 54).
Eine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative im Initiativtext wirkt sich institutionell nicht auf das Verfahren auf Verfassungsteilrevision aus. Die Verfahrensschritte verlaufen gleich, wie wenn das Initiativbegehren keine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung enthielte, und zwar von der Initiativlancierung und der formellen Vorprüfung durch die Bundeskanzlei über die Sammlung der Unterschriften und deren Einreichung und Auszählung, die Erarbeitung der bundesrätlichen Botschaft und die Gültigkeitsprüfung der Bundesversammlung bis hin zur Abstimmung und gegebenenfalls dem Inkrafttreten des Verfassungsentwurfs (Wyss 2020, Rz. 67 ff. m.w.H.). Seit dem 1. März 2015 muss die Vorlage ab Initiativeinreichung bei der Bundeskanzlei spätestens innert 58 Monaten zur Abstimmung gelangen (siehe Art. 71 BPR, Art. 75a Abs. 1 [10 Monate] und Abs. 3bis BPR [6 Monate], Art. 100 [30 Monate], Art. 105 Abs. 1 [12 Monate] und Art. 106 ParlG; dazu Füzesséry/Häusler 2014, Art. 100 N 11 f.). Bei den bisherigen Initiativen mit Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung dauerte es 26, 35, 52 und einmal sogar 61 Monate (Wyss 2020, Rz. 95). Die Verfassungsteilrevision tritt umgehend – also unabhängig von bundesrätlichem Erwahrungsbeschluss und Publikation – mit Annahme von Volk und Ständen am jeweiligen Abstimmungstag in Kraft (siehe Art. 195 BV; BGE 139 II 243 E. 8 S. 248 f.; vgl. Wyss 2020, Rz. 97 ff. m.w.H.).
Die mit Annahme der Volksinitiative durch Volk und Stände neu in Kraft getretenen Verfassungsartikel benötigen für ihre Anwendung durch die Verwaltungs- und Justizbehörden in der Regel den Erlass von Ausführungsnormen auf Gesetzes- und/oder Verordnungsstufe (Wyss 2020, Rz. 278). Sie beauftragen insofern die Rechtsetzungsorgane und enthalten damit immer einen Umsetzungsauftrag, den es nachfolgend genauer zu qualifizieren gilt. Dabei behandelt der Beitrag zuerst den Verfassungsauftrag zur Gesetzgebung (Normalfall), bevor er sich der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung annimmt (Spezialfall).
Im Regelfall enthalten Verfassungsartikel, die auf Initiativtexten basieren, sogenannte Gesetzgebungs- oder Verfassungsaufträge oder unmissverständlicher: Verfassungsaufträge zur Gesetzgebung (Wyss 2020, Rz. 279). Diese verpflichten das Parlament (Legislative), in einem bestimmten Sachgebiet oder auf ein spezifisches Ziel hin rechtsetzend tätig zu werden. Die Pflicht trifft dabei nicht nur die Bundesversammlung, sondern auch andere an der Gesetzgebung beteiligte Organe. Da sich die einzelnen Parlamentarier und daher wohl auch die Bundesversammlung als Organ nicht zur Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens verpflichten lassen (Jaag 1990, S. 288; a. A. wohl Wullschleger 1999, S. 95 f.), richtet sich der Auftrag in der Praxis sogar häufig zuerst einmal an die Exekutive. Die Regierung soll das Gesetzgebungsverfahren einleiten, also den Entwurf der Ausführungsgesetzgebung und die Botschaft ausarbeiten und dem Parlament vorlegen (Wyss 2020, Rz. 279 f.; Jaag 1990, S. 288; vgl. Art. 181 BV und Art. 7 RVOG10).
Die rechtliche Bindungswirkung dieser Verfassungsaufträge zur Gesetzgebung ist in der Praxis bescheiden: Die Aufträge können das Gesetzgebungsverfahren zwar initiieren, dessen Abschluss aber nicht erzwingen. Es besteht kein wirksames Mittel, um zu gewährleisten, dass die Parlamentarier dem Auftrag nachkommen oder die materiellen Vorgaben nicht verwässern (Wyss 2020, Rz. 283 ff.; vgl. Epiney 2015, Rz. 8; Jaag 1990, S. 290 ff.). Zudem besteht – abgesehen von den Fällen ausdrücklicher Ermächtigung durch die Verfassung, wie der bundesrätlichen Notverordnungskompetenz – keine Möglichkeit, bei Untätigkeit des Parlaments eine Regelung ersatzweise durch ein anderes staatliches Organ zu erlassen. Dies dürfte mitunter einer der Beweggründe sein, weshalb Initianten und Initiantinnen eine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative in den Initiativtext aufnehmen; zumal die Rechtsverweigerungsbeschwerde an das Bundesgericht ausser Betracht fällt (Wyss 2020, Rz. 289 ff.).
Die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung richten sich nicht unmittelbar an die Bundesversammlung, sondern in erster Linie an den Bundesrat als Verordnungsgeber. Gegenüber dem Parlament entwickeln sie allenfalls eine indirekte Wirkung, indem sie den Druck zum Erlass formell-gesetzlicher Regelungen erhöhen können. Die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung ermächtigen den Bundesrat auf Verfassungsstufe, beschränkt auf ein bestimmtes Sachgebiet, zum Erlass von Verordnungsrecht. Es handelt sich bei dieser Kompetenz zum Erlass von selbstständigem Sachverordnungsrecht um einen sogenannten echten Verfassungsauftrag zur Verordnungsgebung (Wyss 2020, Rz. 295; vgl. zu echten und unechten Verfassungsaufträgen Jaag 1990, S. 286 f.). Dabei existieren zwei Formen. Die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung sind nämlich entweder einfach oder doppelt bedingt ausgestaltet.
Eine einfach – da bloss resolutiv – bedingte Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative findet sich zurzeit in Artikel 196 Ziffer 9 BV (1. August-Initiative) sowie in Artikel 197 Ziffer 10 BV (sog. Minderinitiative; sogleich als Beispiel abgedruckt):
«Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen erlässt der Bundesrat innerhalb eines Jahres nach Annahme von Artikel 95 Absatz 3 durch Volk und Stände die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.»
Der einfach bedingt ausgestaltete Verfassungsauftrag führte in beiden Fällen zum Erlass einer bundesrätlichen Verordnung: die Bundesfeiertagsverordnung11 einerseits und die Verordnung gegen übermässige Vergütung bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV)12 andererseits. Die Form der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung scheint – obschon die Aussagekraft angesichts der geringen Fallzahl zu relativieren ist – eine rasche Umsetzung der Volksinitiative zu gewährleisten. Sie ist aus rechtsstaatlich-gewaltenteiliger Hinsicht jedoch insofern problematisch, als sie den Bundesrat von vornherein an die Stelle der Bundesversammlung setzt, der ordentlichen Gesetzgeberin (Wyss 2020, Rz. 297 ff.).
Die übrigen Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung von Volksinitiativen, nämlich Artikel 197 Ziffer 9 Absatz 1 BV (Zweitwohnungsinitiative) sowie Ziffer 11 Absatz 2 BV (Masseneinwanderungsinitiative) sind zusätzlich suspensiv und damit doppelt bedingt ausgestaltet. Die bundesrätliche Verordnungskompetenz besteht infolgedessen erst ab Eintritt der in der Verfassung festgelegten Bedingung. Die bundesrätliche Verordnungskompetenz hing in beiden Fällen davon ab (Bedingung), ob am Stichtag des Fristablaufs ein Ausführungsgesetz in Kraft getreten war oder nicht – Subsidiarität der Verordnungsgebung (Wyss 2020, Rz. 302 ff.). Infolge der bis anhin vorherrschenden kurzen Fristen von zwei bis drei Jahren zum Erlass eines Ausführungsgesetzes ist die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Suspensivbedingungen als relativ hoch einzustufen. Der Bedingungseintritt bei den bisherigen Anwendungsfällen bestätigt dies (Wyss 2020, Rz. 309). Bei suspensiv bedingten Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung darf der Bundesrat mangels entsprechender Kompetenz vor Bedingungseintritt keine selbstständigen Ausführungsverordnungen in Kraft setzen. Die Rechtsetzungskompetenz ist bis zu diesem Zeitpunkt allein dem Parlament vorbehalten. Der suspensiv bedingt ausgestaltete Verfassungsauftrag beinhaltet aber eine Vorwirkung auf die Verordnungsgebung: Die Exekutive hat die erforderlichen Massnahmen auf Bundesebene so einzuleiten, dass sie die Ausführungsverordnung im Falle des Bedingungseintritts auf den nachfolgenden Tag in Kraft setzen kann (Wyss 2020, Rz. 310 ff.). Setzt er das vorläufige Verordnungsrecht dagegen vorzeitig in Kraft, kommt diesem bis zum Bedingungseintritt keine Geltung zu – so m. E. zumindest im Falle der Zweitwohnungsverordnung für die Phase vom 1. Januar 2013 bis zum 11. März 2014 (Wyss 2020, Rz. 314 ff.; siehe auch hinten Rz. 41).
Die Vorgabe für eine vorläufige Umsetzung bestimmt, dass den gestützt auf sie erlassenen Ausführungsbestimmungen nur zeitlich beschränkte Geltung zukommt. Teilweise geschieht dies explizit über die Definition des Zeitpunkts des Ausserkrafttretens («bis zum Inkrafttreten der Gesetzgebung»). Zum Teil vermittelt das Partizip «vorübergehend» zumindest implizit, dass eine Ablösung der Verordnungsbestimmungen durch das zeitlich nachfolgende ausführende Bundesgesetz vorgesehen ist (Wyss 2020, Rz. 317 f.). Die Vorläufigkeit der bundesrätlichen Erstumsetzung verdeutlicht zugleich die Weitergeltung des Verfassungsauftrags zur Gesetzgebung an die Bundesversammlung. Die Parallelität der beiden Rechtsetzungsaufträge führt bei gleichzeitig erfolgenden Rechtsetzungsverfahren zur gegenseitigen Beeinflussung (Wyss 2020, Rz. 320; siehe Uebersax 2017, Rz. 24; Boillet 2016, S. 113 ff.).
Der sachgebietsspezifische Umsetzungsrahmen ist jeweils durch Auslegung der neuen Verfassungsartikel zu ermitteln – Hauptnorm und Übergangsbestimmung mit der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung (Wyss 2020, Rz. 327). Gemäss Lehre und Rechtsprechung sind Verfassungsnormen grundsätzlich nach denselben methodischen Regeln auszulegen wie die Bestimmungen des einfachen Gesetzesrechts, wobei allerdings gewisse verfassungsspezifische Eigenheiten zur berücksichtigen sind (BGE 139 II 243 E. 8 S. 249; mit Auflistung der Lehrmeinungen Saladin 2012, S. 86 f. [insb. Fn. 402]; ausführlich Wyss 2020, Rz. 113 ff. mit Übersichtstabelle in Rz. 225). Hinsichtlich der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung in der Übergangsbestimmung bleibt anzumerken, dass diese stets zusammen mit der Hauptnorm auszulegen ist, zu der sie mittels Sachüberschrift und Wortlaut explizit einen Bezug herstellt (Wyss 2020, Rz. 122 und Rz. 228; vgl. z. B. Art. 197 Ziff. 9–11 BV). Der Bundesrat erhält dabei inhaltlich grundsätzlich denselben Umsetzungsauftrag wie die Bundesversammlung (Wyss 2020, Rz. 327 f.; siehe hinten Rz. 22 und Rz. 24). Da Bundesversammlung und Bundesrat nicht die gleichen Erlassformen zur Verfügung stehen (Art. 163 und Art. 182 Abs. 1 BV), können jedoch Normkonflikte zu den verfassungsmässigen Gesetzesvorbehalten entstehen, wie die folgenden Ausführungen zeigen.
Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen (BGE 141 II 169 E. 3.1 f. S. 171 f.; ausführlich zu Art. 164 BV Wyttenbach/Wyss 2015, Art. 164 N 1 ff.). Dieser allgemeine Gesetzesvorbehalt gewährleistet die demokratische Legitimation der Rechtssätze in zweifacher Hinsicht: Zum einen soll bloss das Parlament wichtige Materien regeln dürfen (sog. Parlaments- oder Gesetzgebervorbehalt); zum andern sollen die Erlasse durch die Referendumsmöglichkeit der demokratischen Mitbestimmung des Stimmvolks unterliegen (siehe Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV; Tschannen 2014, Art. 164 N 6). Ferner garantiert die Durchführung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens weitere Eigenheiten und rechtsetzungstechnische Vorzüge (zum Gesetzgebungsverfahren Wyss 2020, Rz. 509 ff., insb. Rz. 528 ff.). Der Parlamentsvorbehalt soll überdies das Wahlvolk davor bewahren, dass sich seine Vertreterinnen und Vertreter ihrer Aufgabe mittels Delegation der Rechtsetzungsbefugnisse an die Exekutive entledigen (Biaggini 2017, Art. 164 N 3).
Die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung enthalten, wie erwähnt, einen verfassungsrechtlichen Umsetzungsauftrag an den Bundesrat, der inhaltlich mit demjenigen aus der Hauptnorm an die Bundesversammlung übereinstimmt. Der Bundesrat muss infolgedessen bei seiner Umsetzung gezwungenermassen auch Wichtiges im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 BV regeln. Die Verfassung verfügt über keine Bestimmung, welche die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen durch die Verfassung selbst normiert. Bei der Ermittlung des bundesrätlichen Umsetzungsauftrags kollidiert der verfassungsrechtliche Gesetzesvorbehalt entsprechend zwangsläufig mit dem gegenläufigen Anliegen der vorläufigen Umsetzung, Wichtiges auf Verordnungsstufe zu regeln. Es handelt sich um einen unüberbrückbaren Normkonflikt, der im Rahmen der Auslegung im weiteren Sinne zu lösen ist (Wyss 2020, Rz. 351 f.).
Je nach der zu regelnden Sachthematik kann der Umsetzungsauftrag an den Bundesrat in den Anwendungsbereich weiterer besonderer Gesetzesvorbehalte fallen (siehe Wyttenbach/Wyss 2015, Art. 164 N 13; zu den Begriffen Bürki 2011, S. 162 f.). Im Verhältnis zu Artikel 164 Absatz 1 BV ist dabei zwischen neutralen und weitergehenden besonderen Gesetzesvorbehalten zu unterscheiden: Erstere verhalten sich ihrer Bezeichnung entsprechend neutral zu Artikel 164 Absatz 1 BV (z. B. Art. 28 Abs. 4 BV); sie gehen folglich nicht über die allgemeine Wichtigkeitsklausel von Artikel 164 Absatz 1 BV hinaus. Letztere erklären dagegen nicht bloss einen Regelungsbereich für gesetzespflichtig, sondern benennen spezifisch punktuelle Regelungsaspekte, die das formelle Gesetz selbst regeln muss. Beispiele dafür sind Artikel 127 Absatz 1 BV (Besteuerungsgrundsätze) oder Artikel 36 Absatz 1 zweiter Satz BV (schwerwiegende Grundrechtseingriffe). Im besagten Umfang sind sie folglich delegationsfeindlich und damit insgesamt restriktiver als Artikel 164 Absatz 1 BV (Wyss 2020, Rz. 346 ff. m.w.H.).
Die Vorrangfrage bei Kollisionen von Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung mit Artikel 164 Absatz 1 BV und besonderen Gesetzesvorbehalten ist für jede einzelne Konstellation unter Einbezug der Hauptnorm separat zu beantworten. Die Antwort hängt dabei von den unterschiedlichen materiell-rechtlichen Vorgaben der im konkreten Einzelfall mit dem Gesetzesvorbehalt konfligierenden Normen ab (Wyss 2020, Rz. 352 ff.). Klärende bundesgerichtliche Rechtsprechung zu derartigen Normkonflikten fehlt bis anhin und wäre wünschenswert. Immerhin lassen sich zur Beurteilung der Vorrangfrage die folgenden Überlegungen zum Gesetzesvorbehalt ableiten, die im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen sind (Wyss 2020, Rz. 363 ff.):
- Die Rechtsprechung zu den verfassungsmässigen Notverordnungskompetenzen verdeutlicht m. E., dass die Verfassung das Privileg der originären Rechtsetzung nur sehr zurückhaltend an die Exekutive überträgt, nämlich nur in Ausnahmesituationen. So erlaubt sie dem Bundesrat z. B. unter den besonderen Voraussetzungen der Artikel 185 Absatz 3 und 184 Absatz 3 BV, schwerwiegende Grundrechtseingriffe mittels einer selbstständigen Verordnung zu regeln und damit vom Gesetzesvorbehalt nach Artikel 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 BV abzuweichen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Verfassung es nicht vorsieht, schwerwiegende Grundrechtseingriffe ausserhalb der Ausnahmefälle des Polizeinot- und Notverordnungsrechts auf Verordnungsstufe zu normieren (zum Vergleich mit dem Notverordnungsrecht Wyss 2020, Rz. 354 ff.; ähnlich bereits bei Brand/Wyss/Zysset 2013, Rz. 19).
- Soweit die Normierung von Grundsatzentscheiden (Wichtigem) strikt dem Parlament vorbehalten bleibt, wäre eine vorläufige Umsetzung durch den Bundesrat kaum oder nur in sehr beschränktem Umfang mehr möglich. Die Übergangsbestimmungen blieben hinsichtlich der vorläufigen Umsetzung faktisch weitgehend toter Buchstabe. Bei der Auslegung ist eine Bestimmung im Zweifelsfall nicht so zu interpretieren, dass sie obsolet wird (Wyss 2020, Rz. 364; in anderem Kontext Rechtsteiner 2016, S. 213 und Fn. 1175 m.w.H.). Sind die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung nachträglich zu Artikel 164 Absatz 1 BV – also in Kenntnis von diesem, wovon künftig auszugehen ist – zum Verfassungsbestandteil geworden, spricht zumindest diese Überlegung für die Annahme eines Vorrangs der Vorgabe gegenüber dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt nach Artikel 164 Absatz 1 BV (implizite Vorrangregelung im Sinne des Spezialitäts- und Aktualitätsgrundsatzes; Wyss 2020, Rz. 352 ff., Rz. 184 ff. [Kollisionsregeln] und Rz. 220 ff. [Spezialitäts- und Aktualitätsgrundsatz]).
- Ein Vorrang der weitergehenden besonderen Gesetzesvorbehalte bindet eine vorläufige Umsetzung nur spezifisch zurück, z. B. bezüglich des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs im Falle von Artikel 36 Absatz 1 zweiter Satz BV (ab wann dabei ein Eingriff als «schwer» im Sinne dieser Bestimmung gilt, ist je nach Sachbereich nicht stets einfach zu beurteilen; vgl. Kiener/Kälin/Wyttenbach 2018, Rz. 33 ff.). Hinsichtlich der übrigen Regelungsaspekte bliebe die vorläufige Umsetzung ansonsten möglich. Die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung hätte eine Berechtigung und würde nicht obsolet. Zugleich sind die gegenüberstehenden schutzwürdigen Interessen am Vorrang des weitergehenden besonderen Gesetzesvorbehalts, wie z. B. bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen, noch höher zu gewichten als beim allgemeinen Vorbehalt. Dies ist bei der Auslegung im weiteren Sinne angemessen zu berücksichtigen. Nach hier vertretener Ansicht sollte daher den besonderen weitergehenden Gesetzesvorbehalten grundsätzlich Vorrang gegenüber den Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung zukommen (Wyss 2020, Rz. 366 f.).
Angesichts der soeben aufgeführten Überlegungen lässt sich zusammenfassen, dass namentlich weitergehende besondere Gesetzesvorbehalte einer vorläufigen Umsetzung im Einzelfall als inhaltliche Schranke entgegenstehen können; nämlich dann, wenn dem Gesetzesvorbehalt gegenüber der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung ein Vorrang zukommt. Dies hängt im Einzelfall von der Auslegung der jeweiligen rechtlichen Normkonstellation ab (Auslegung i.w.S. bei unüberbrückbaren Normkonflikten; Wyss 2020, Rz. 377 und Rz. 171 ff. zum unüberbrückbaren Normkonflikt). Geniesst der besondere Gesetzesvorbehalt im Einzelfall Vorrang vor der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung, so fehlt dem Bundesrat im entsprechenden Sachbereich die Kompetenz zum Erlass von vorläufigem Verordnungsrecht. Erlässt er dann ohne hinreichende Verfassungsgrundlage solches Verordnungsrecht in jenem Bereich, so handelt er verfassungswidrig; es liegt eine Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes vor, die Betroffene vor Gericht geltend machen können (siehe zum Rechtsschutz hinten Rz. 48 ff.; Wyss 2020, Rz. 599 ff.; zur Gewaltenteilungsbeschwerde Tschannen 2016, § 27 Rz. 36 ff.).
Ein anschauliches Beispiel für die Bedeutung der Vorrangfrage bietet die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Minderinitiative (Art. 197 Ziff. 10 i.V.m. Art. 95 Abs. 3 BV) im Verhältnis zum besonderen Gesetzesvorbehalt betreffend den Freiheitsentzug (Art. 31 Abs. 1 BV). Umstritten ist dabei, ob der Bundesrat mit der Ausführungsverordnung (VegüV), die er allein gestützt auf Artikel 95 Absatz 3 i.V.m. Artikel 197 Ziffer 10 BV erliess, eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Anordnung von Freiheitsstrafen schaffen konnte. Dies trifft m. E. nicht zu (Wyss 2020, Rz. 368 ff. m.w.H.; ähnlich z. B. Brand 2015, Rz. 254, Rz. 954 f. sowie Fn. 2374 f.; a. A. z. B. Donatsch/Stoffel 2015, Vorb.Art. 24 N 8).
In Anbetracht dieser schwierigen und vom Bundesgericht noch nicht geklärten Auslegungsfrage ist zumindest aus politischer Sicht verständlich, dass der Bundesrat und die Bundesverwaltung im Zweifelsfall der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung Vorrang einräumen und den Verfassungsauftrag zur Verordnungsgebung ausführen. Sie spielen auf diese Weise den Entscheid der Justiz zu und öffnen den Weg für ein klärendes höchstrichterliches Urteil (Wyss 2020, Rz. 377; ähnlich bereits bei Brand/Wyss/Zysset 2013, Rz. 63). Überdies nimmt sich die Exekutive so aus der Schusslinie betreffend den Vorwurf der Untätigkeit und der Missachtung des Verfassungsauftrags zum Erlass von Ausführungsbestimmungen (ausführlich zum Vorwurf der «Missachtung des Volkswillens» und zu den politischen Rechten Wyss 2020, Rz. 378 ff.), was auch die folgenden Ausführungen zu den Beweggründen der Initiantinnen und Initianten verdeutlichen.
Die möglichen Beweggründe der Initianten und Initiantinnen, eine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung im Initiativbegehren zu verankern, sind bisher kaum erforscht. Von Interesse wären hierzu sicherlich auch empirische, politologische Auswertungen, insbesondere zum Verständnis der besagten Vorgaben bei Initiativkomitee und Stimmbevölkerung. Die hier präsentierten Beweggründe leiten sich primär ab aus dem Vergleich der verschiedenen Erlassverfahren (Gesetz- und Verordnungsgebung) samt ihren Rechtsgrundlagen und den verfassungsrechtlich vorgesehenen Beteiligungsmöglichkeiten der Stimmbürgerschaft an der Rechtsetzung (Wyss 2020, Rz. 603).
Das Initiativanliegen – meist ein sachspezifischer Verfassungsauftrag zur Gesetzgebung (siehe vorne Rz. 14 f.) – findet mit Annahme der Volksinitiative durch Volk und Stände Eingang in die Verfassung. Auf Bundesebene besteht anschliessend jedoch keine Möglichkeit, einen erfolgreichen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Parlament zu erzwingen. Die Umsetzung einer Volksinitiative kann sich daher über Jahre oder gar Jahrzehnte hinziehen (Wyss 2020, Rz. 605 f.; vgl. Epiney 2015 Rz. 8); ein Beispiel dafür ist die Mutterschaftsversicherung. Die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung scheint dieser fehlenden Umsetzungssicherheit zumindest zeitlich entgegenzuwirken: Sie schreibt eine erste rechtssatzmässige Umsetzung auf ein Datum nach der Volksabstimmung vor, wenn auch nur auf Verordnungsstufe. Der Bundesrat kann das Verordnungsgebungsverfahren zudem rascher abschliessen, als dies für die Bundesversammlung bei einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren möglich wäre.
Der Verfassungsauftrag inklusive die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung ist zwar für Bundesversammlung und Bundesrat rechtlich gleich verbindlich, wenn auch nicht justiziabel (Wyss 2020, Rz. 606 ff.). Die höheren Erfolgsaussichten auf Umsetzung ergeben sich beim Einbau der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung m. E. aber aus der besseren Zurechenbarkeit der politischen Verantwortung: Das Scheitern oder das Verschleppen einer Gesetzesvorlage lassen sich im parlamentarischen Verfahren bei 246 Parlamentariern, zwei Ratskammern, den verschiedenen Bundeshausfraktionen etc. nie wirklich klar – da stark von politischen Standpunkten geprägt – Personen und Gruppen zuweisen. Der Gesamtbundesrat und im Besonderen die jeweils zuständige Departementsvorsteherin oder der Departementsvorsteher können sich dagegen beim weitgehend verwaltungsintern erfolgenden Verordnungsgebungsverfahren kaum exkulpieren und böten entsprechend Angriffsfläche für politische Kampagnen (Wyss 2020, Rz. 609).
Bis anhin existiert keine Volksinitiative mit einer Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung, welche die Rechtsetzungsorgane nicht umsetzten. Zwar erfolgte nur bei der Masseneinwanderungsinitiative (Art. 197 Ziff. 11 i.V.m. Art. 121a BV) eine Umsetzung direkt auf Gesetzesstufe. In den übrigen Fällen setzte der Bundesrat die jeweiligen Initiativen vorab durch vorläufiges Verordnungsrecht um. Die Aufnahme von Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung scheint das Risiko zu reduzieren, längere Zeit auf eine rechtssatzmässige Umsetzung warten zu müssen. Sie nimmt insofern eine Beschleunigungs- wie auch eine Gewährleistungs- und Durchsetzungsfunktion ein (Wyss 2020, Rz. 607 ff.). Vermutlich wünschen sich die Initianten und Initiantinnen neben einer raschen ebenso eine ihnen möglichst genehme Umsetzung. Ob jedoch die vorläufige Umsetzung der Volksinitiative letztlich ein initiantenfreundlicheres Ausführungsgesetz zur Folge hat, lässt sich zurzeit – u. a. aufgrund der geringen Anzahl Anwendungsfälle – nur schwierig abschätzen; es existieren Ansatzpunkte, die dagegen, und solche, die dafür sprechen. Juristische oder politologische Evaluationen und Studien dazu wären bei steigender Anzahl derartiger Initiativen sicherlich wünschenswert (Wyss 2020, Rz. 611 f.).
Bis anhin erliess der Bundesrat gestützt auf die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung dreimal vorläufiges Verordnungsrecht, nämlich die Verordnung gegen die übermässige Vergütung bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) sowie die Bundesfeiertags- und die Zweitwohnungsverordnung vom 22. August 2012 (ZwVO)13. Letztere galt dabei nicht für die gesamte Zeit ab deren Inkrafttreten, sondern erst ab dem Zeitpunkt des Bedingungseintritts als vorläufige Umsetzung im Sinne der verwendeten Definition und stellt in dieser Hinsicht einen Sonderfall dar (Wyss 2020, Rz. 54 ff. und Rz. 311 ff.; siehe hinten Rz. 41).
Die dogmatische Einordnung des Verordnungsrechts hängt u. a. von der Rechtsgrundlage der jeweiligen Verordnung ab (siehe Tschannen 2016, § 46 Rz. 1 ff.; Jaag 2011, S. 629 ff.). Entsprechend ist dazu vorab zu erörtern, ob der Bundesrat das vorläufige Verordnungsrecht nur gestützt auf die Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung erlassen kann oder ob er sich ergänzend oder ersatzweise auch auf die allgemeine Vollzugskompetenz in Artikel 182 Absatz 2 BV abstützen darf. Letzteres ist gemäss der hier vertretenen Ansicht und in Übereinstimmung mit der obigen Definition nicht rechtmässig, wie die sogleich folgenden Vorbemerkungen darlegen sollen.
2.1. Vorbemerkung zu den verschiedenen Erlassformen der Umsetzung (Ausführungsrecht) und zum Streit um Artikel 182 Absatz 2 BV
Die Umsetzung von Verfassungsnormen erfolgt auf Bundesebene primär durch den Erlass rechtsetzender Bestimmungen auf Stufe Bundesgesetz sowie darauf gestützt erlassenes und damit unselbstständiges Verordnungsrecht. So weist die verfassungsmässig vorgesehene Aufgabenteilung die Umsetzung als Aufgabe in erster Linie dem Parlament zu. Dieses hat zumindest die wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Damit eine alleinige Umsetzung auf Verordnungsstufe – fortwährend oder vorübergehend anstelle der ordentlichen Ausführungsgesetzgebung – in Betracht kommt, muss die Verfassung den Bundesrat explizit dazu ermächtigen (Wyss 2020, Rz. 419 f. und 423 ff.). Gewisse Unklarheiten können in diesem Kontext in Bezug auf Artikel 182 Absatz 2 BV entstehen.
Unter der Sachüberschrift «Rechtsetzung und Vollzug» lautet Artikel 182 BV im Wortlaut wie folgt:
1Der Bundesrat erlässt rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung, soweit er durch Verfassung oder Gesetz dazu ermächtigt ist.
2Er sorgt für den Vollzug der Gesetzgebung, der Beschlüsse der Bundesversammlung und der Urteile der richterlichen Behörden des Bundes.
Gemäss Absatz 2 sorgt der Bundesrat für den «Vollzug der Gesetzgebung». Bei der Normtextauslegung stellt sich die Frage, wie «Vollzug der Gesetzgebung» auszulegen ist. Umfasst die Bestimmung mehr als den Vollzug von Bundesgesetzen? Bildet besagter Terminus allenfalls gar eine Ermächtigung durch die Verfassung im Sinne von Artikel 182 Absatz 1 BV? Je nach Ansicht ermächtigt (oder ermächtigt nicht) der zweite Absatz den Bundesrat unmittelbar zum Erlass von Vollzugsverordnungen ohne Bestand eines auszuführenden Sachgesetzes. Die Frage wird in der Lehre nicht einheitlich beantwortet (siehe Wyss 2020, Rz. 445 ff. mit Überblick zu den unterschiedlichen Lehrmeinungen – pro eigenständige Sachkompetenz z. B. Mösching 2014, S. 189 und contra, wie ein Grossteil der Lehre, z. B. Tschannen 2014, Art. 182 N 12). Die Frage ist von grundsätzlicher staatsrechtlicher Bedeutung (vgl. Griffel 2014, S. 69). Sie spielt insbesondere auch im Kontext der vorläufigen Umsetzung eine entscheidende Rolle, wie die späteren Ausführungen zur Zweitwohnungsverordnung verdeutlichen. Das Bundesgericht hatte sich bis anhin nicht explizit zu dieser Frage geäussert, obwohl z. B. anlässlich der Rechtsprechung zur Zweitwohnungsinitiative (BGE 139 II 243 [Breils/Brigels] sowie BGE 140 II 378 [St. Moritz]) die Möglichkeit dazu bestanden hätte. Die genannten Entscheide sprechen aber m. E. zumindest implizit eher gegen eine eigenständige Kompetenz als für eine solche (Wyss 2020, Rz. 472 ff. m.w.H. zur Rechtsprechung). In Übereinstimmung mit der wohl vorherrschenden Lehre bildet Artikel 182 Absatz 2 BV nach der hier vertretenen Ansicht keine eigenständige Kompetenzgrundlage, um verfassungsunmittelbares Verordnungsrecht zu erlassen (Wyss 2020, Rz. 475 und Rz. 448; siehe z. B. Künzli 2015, Art. 182 N 21 f., Tschannen 2014, Art. 182 N 12 oder Rhinow/Schefer/Uebersax 2016, Rz. 2694). Die Auslegung von Artikel 182 BV – insbesondere das historische und das systematische Auslegungselement – spricht m. E. klar dafür, dass der Terminus «Vollzug der Gesetzgebung» sich nur auf den Vollzug von Bundesgesetzen und nicht auch auf den Vollzug von Verfassungsbestimmungen bezieht (Wyss 2020, Rz. 453 ff.). Artikel 182 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat folglich nicht zur Umsetzung von Verfassungsartikeln mittels Vollzugsverordnungen (Wyss 2020, Rz. 423 ff.; spricht der Beitrag nachfolgend von selbstständigem oder verfassungsunmittelbarem Verordnungsrecht, ist das Vollzugsverordnungsrecht im Sinne von Art. 182 Abs. 2 BV nicht miterfasst). Die bundesrätliche Verordnungskompetenz zur vorläufigen Umsetzung ergibt sich daher alleine aus der Übergangsbestimmung in Verbindung mit der dazugehörigen Hauptnorm (Wyss 2020, Rz. 476).
Die vorläufige Umsetzung von Volksinitiativen auf dem Verordnungsweg stützt sich unmittelbar und alleine auf Verfassungsnormen, die den Bundesrat auf bestimmte Sachgebiete beschränkt zum Erlass von allgemeinverbindlichen Rechtssätzen in Verordnungsform ermächtigen (Sachverordnungskompetenznormen). Ein illustratives Beispiel dafür findet sich in Artikel 197 Ziffer 9 BV, der Übergangsbestimmung zu Artikel 75b BV. Entsprechende Verordnungen sind dogmatisch als selbstständige bundesrätliche Sach- und Rechtsverordnungen zu qualifizieren. Sie sind nicht notrechtlicher Natur (Wyss 2020, Rz. 434 ff. und Rz. 443 [Übersichtsgrafik]). Die vorläufige Umsetzung kann – muss aber nicht – entsprechend der jeweiligen Verfassungsgrundlage zu resolutiv bedingtem und zweifach (suspensiv-resolutiv) bedingtem Verordnungsrecht führen. Ein Beispiel dafür bildet die Verordnung über den Bundesfeiertag, die noch immer in Kraft steht, was auf ihre Entstehungsgeschichte im Kontext der Verfassungstotalrevision zurückzuführen ist (Wyss 2020, Rz. 439 ff. und Rz. 495).
Bewegt sich das bundesrätliche Verordnungsrecht ausserhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung – stützt es sich z. B. fälschlicherweise allein auf Artikel 182 Absatz 2 BV –, so fehlt die erforderliche Rechtsgrundlage. Dies kann im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verfassung (Gewaltenteilung) gerügt werden (Wyss 2020, Rz. 475 ff.; siehe hinten Rz. 48 ff.). Ein Beispiel, in dem die Rechtsgrundlage – zumindest für eine gewisse Phase – umstritten war, bildet die Zweitwohnungsverordnung vom 22. August 2012, wie nachfolgende Ausführungen zeigen.
Mit Annahme der Zweitwohnungsinitiative in der Abstimmung vom 11. März 2012 wurden die Artikel 75b und 197 Ziffer 9 Absatz 1 (Initiativtext) zum neuen Verfassungsbestandteil. Die Normen ermächtigen und verpflichten den Bundesrat zum Erlass von vorläufigem Verordnungsrecht, wenn nach zwei Jahren keine Ausführungsgesetzgebung vorliegt. Der Wortlaut von Artikel 197 Ziffer 9 Absatz 1 BV gibt dabei klar vor, wann der Bundesrat ermächtigt und verpflichtetet ist, Ausführungsbestimmungen zu erlassen; nämlich zwei Jahre nach Annahme der Zweitwohnungsinitiative durch Volk und Stände und damit ab dem 11. März 2014. Der Bundesrat hatte aber zur Konkretisierung der Zweitwohnungsinitiative bereits 164 Tagen nach ihrer Annahme die Verordnung vom 22. August 2012 über Zweitwohnungen (ZwVO) erlassen und diese auf den 1. Januar 2013 – und damit vierzehn Monate und elf Tage vor Bedingungseintritt – in Kraft gesetzt (Art. 9 Abs. 1 ZwVO). Am 11. März 2014 bestand keine Ausführungsgesetzgebung (Bedingungseintritt). Für die Dauer ab dem 11. März 2014 gilt die ZwVO daher ohne Zweifel als vorläufige Umsetzung der Volksinitiative im Sinne der verwendeten Definition (Wyss 2020, Rz. 55 und Rz. 314 ff.). Für die vorangehende Phase vom 1. Januar 2013 bis zum 11. März 2014 mangelt es der Verordnung jedoch an der erforderlichen Verfassungsgrundlage: Eine abweichende – den vorzeitigen Verordnungserlass deckende – Auslegung von Artikel 197 Ziffer 9 Absatz 1 BV scheint m. E. angesichts des klaren Wortlauts und der massiven Fristverkürzung um mehr als die Hälfte als nicht vertretbar. Artikel 182 Absatz 2 BV fällt, wie gesagt, als Surrogat ebenfalls ausser Betracht. Die Anwendung der ZwVO für die Phase vom 1. Januar 2013 bis zum 11. März 2014 wäre – nach der hier vertretenen Ansicht – daher nicht rechtmässig gewesen (Wyss 2020, Rz. 314 f. und Rz. 444 ff.; vgl. ferner Griffel 2014, S. 69 ff. und Boillet/Lammers 2016, S. 518 f. Die Einschätzung ist umstritten [siehe Wolf/Nuspliger 2017, N 17]). Die folgende grafische Anordnung der unterschiedlichen Umsetzungsaufträge und -erlasse zur Zweitwohnungsinitiative auf einer Zeitachse verdeutlicht die Problematik (Wyss 2020, Rz. 56):
Die vorläufige Umsetzung von Volksinitiativen erfolgt, wie dargelegt, in Form von selbstständigen Sachverordnungen. Das entsprechende Verordnungsgebungsverfahren – wie das bundesrätliche Verordnungsgebungsverfahren allgemein – richtet sich mangels spezialgesetzlicher Regelung nach den für Bundesratsgeschäfte üblichen Prozedere und Regeln (Art. 12 ff. RVOG, Art. 4 f. RVOV)14: Das Verfahren beginnt mit der Vorbereitung unter der Leitung des zuständigen Departements, gefolgt von Ämterkonsultations- und Mitberichtsverfahren, bis der Bundesrat mittels Bundesratsbeschluss das Geschäft abschliesst (Wyss 2020, Rz. 546 f. und Rz. 554; kritisch zur mangelhaften Normierung Sägesser 2000, Rz. 912).
Das Verordnungsgebungsverfahren im Allgemeinen wie auch im Rahmen der vorläufigen Umsetzung lässt sich grob in das verwaltungsinterne Redaktionsverfahren – bestehend aus Planungs- und Konzeptierungsphase (inklusive Konsultationsverfahren [Vernehmlassung, Mitberichtsverfahren etc.]) – sowie Verabschiedung und Inkraftsetzung samt Publikation einteilen (Wyss 2020, Rz. 549 ff.). Das Verfahren auf Erlass einer selbstständigen Regierungsverordnung zur vorläufigen Umsetzung unterscheidet sich nach hier vertretener Ansicht von demjenigen auf Erlass unselbstständiger Regierungsverordnungen namentlich in folgenden Punkten: Erstens bestehen keine – oder zumindest nicht im gleichen Umfang – Rückgriffsmöglichkeiten auf Vorarbeiten des Gesetzgebers, und zweitens ist zwingend eine Vernehmlassung durchzuführen. Als Geschäfte von wesentlicher Bedeutung oder von politischer Tragweite, wenn nicht gar von weitreichender Bedeutung sind Verordnungen zur vorläufigen Umsetzung überdies nach Artikel 1 Absatz 2 RVOV – Ausnahmen möglich (Abs. 4) – einzeln zu beraten und zu beschliessen, falls nicht sogar im Rahmen von Klausuren zu behandeln (Wyss 2020, Rz. 559 ff., Rz. 570 und Rz. 575 ff.). Die Bedeutung des Regelungsgegenstands bei einer vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative spricht zudem gemäss VIRK-Reglement15 für die Überprüfung und Überarbeitung des Verordnungstexts durch die verwaltungsinterne Redaktionskommission in Koredaktion: simultane Textbearbeitung in deutscher und französischer Sprache (siehe Art. 3 Abs. 3 VIRK-Reglement; Wyss 2020, Rz. 593; vgl. ferner Schweizer/Baumann/Scheffler 2011, S. 33).
Die bisherige Praxis der vorläufigen Umsetzung führte – m. E. im Widerspruch zur damaligen Vernehmlassungsgesetzgebung16 – keine Vernehmlassung durch. In den zwei aussagekräftigen Anwendungsfällen, nämlich dem Erlassverfahren zur Zweitwohnungsverordnung vom 22. August 2012 sowie demjenigen zur VegüV, erging der Verordnungserlass ohne Vernehmlassung und ohne Koredaktion. Die Verfahren enthielten aber eine Anhörung (schriftlich bzw. konferenziell) und führten innert kürzester Zeit (fünfeinhalb bzw. zehn Monaten) zu ausführendem Verordnungsrecht (Wyss 2020, Rz. 585 ff.). Sie waren damit rund zehnmal schneller als ein Gesetzgebungsverfahren, und dies innerhalb der Maximalfrist gemäss Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung (Wyss 2020, Rz. 541 und Rz. 594 f.). Ein angelaufenes, aber voraussichtlich nicht fristgerecht abschliessbares Gesetzgebungsverfahren ist für das zwecks Einhaltung der Umsetzungsfrist erforderliche Verordnungsverfahren wegleitend und entsprechend zu berücksichtigen. Insbesondere wenn das Parlament das Ausführungsgesetz bereits beschlossen hat und nur die Referendumsfrist abzuwarten ist, kann der Bundesrat eine gleichlautende oder zumindest ähnliche Regelung vorsorglich auf den Bedingungseintritt in Kraft setzen. Dies birgt aber im Falle einer Referendumsannahme an der Urne demokratietheoretische Gefahren (Wyss 2020, Rz. 320 und Rz. 623 f.; vgl. Uebersax 2017, Rz. 24 und Boillet 2016, S. 113 ff.). Dies könnte ein Grund gewesen sein, weshalb der Bundesrat bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative darauf verzichtete, für die kurze Übergangsdauer bis zum Inkrafttreten der Änderung des Ausländergesetzes (AuG [AIG])17 noch vorläufiges Verordnungsrecht zu erlassen (Wyss 2020, Rz. 52 f.). Die Geltung des vorläufigen Verordnungsrechts belief sich in den bisherigen Anwendungsfällen auf eine Dauer zwischen drei und rund sechs Jahren. Die VegüV dagegen wird letztlich wohl gut neun oder mehr Jahre Geltung haben (Wyss 2020, Rz. 321 ff.).
Das ordentliche Verordnungsgebungsverfahren läuft weitgehend verwaltungsintern ab (siehe Sägesser 2000, Rz. 909 f.; Schweizer/Baumann/Scheffler 2011, S. 39). Im Kontext der Funktion und Stellung der unselbstständigen Verordnung in der Rechtsordnung ist dies sinnvoll: Beim Verfahren auf Erlass einer unselbstständigen Verordnung ist es unerheblich, dass die Schutz- und Legitimationsfunktion des Gesetzgebungsverfahrens fehlen. Diese fanden bereits bei Erlass des zugrunde liegenden Gesetzes Berücksichtigung. Unselbstständige Verordnungen verfeinern die im zugrunde liegenden Gesetz geregelten Grundsätze. Selbstständige Verordnungen zur vorläufigen Umsetzung müssen dagegen – bis anhin und höchstwahrscheinlich auch in Zukunft – Regelungsinhalte neu ins Recht fassen, die infolge der Wesentlichkeitsklausel in Artikel 164 BV normalerweise der bundesgesetzlichen Normierung vorbehalten sind (Wyss 2020, Rz. 554 ff.). Der unter diesem Blickwinkel vorgenommene Vergleich zwischen dem Gesetzgebungs- und dem Verordnungsgebungsverfahrens zeigt auf, dass Letzteres – gewisse notrechtliche Ausnahmesituationen vorbehalten – nicht dafür konzipiert ist, umstrittene Grundsatzfragen zu klären und ins Recht zu fassen (vgl. Roth 2011, S. 119; Uhlmann/Hofstetter 2012, S. 477). Insofern erstaunt, dass Parlament und Politik bislang in der Praxis ihre Mitwirkungsmöglichkeiten (z. B. Konsultation nach Art. 151 Abs. 1 ParlG) nicht wahrnahmen und die Exekutive – wohl zugunsten eines raschen Erlassverfahrens – auf eine Vernehmlassung verzichtete (siehe Wyss 2020, Rz. 572 ff. und Rz. 581 ff.).
Die vorläufige Umsetzung der Volksinitiative überspringt mit der bundesrätlichen Erstumsetzung die Stufe des Ausführungsgesetzes (Wyss 2020, Rz. 560 ff.). Der Lern- und Reifungsprozess, der mit dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren einhergeht, fällt damit ganz oder teilweise weg. So fehlen Verfahrensschritte wie die parlamentarische Phase, die Koredaktion zumindest bis anhin und allenfalls – wenn auch zu Unrecht – die Vernehmlassung. Dies kann sich auf die rechtsetzungstechnische Qualität der Normen auswirken, z. B. mangels Übereilungsschutz. Im Vergleich dazu wiegen jedoch die staatsorganisationsrechtlichen Konsequenzen schwerer: Hat das Parlament den Rahmen des Verordnungsinhalts nicht mittels Gesetzesdelegation abgesteckt, haben sich weder die gewählten Volksvertreter in der parlamentarischen Beratung in den Räten noch das Stimmvolk (fakultatives Referendum) zum Regelungsinhalt äussern können. Insbesondere die Schutz- und Legitimationsfunktion fehlen, die dem Gesetzgebungsverfahren innewohnen: demokratische Legitimation in zweifacher Hinsicht und die bundesstaatliche Funktion (Wyss 2020, Rz. 602 und Rz. 524 ff.; vgl. z. B. auch Biaggini 2017, Art. 148 N 6). Die Unterschiede zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verdeutlichen, worin aus Sicht der Initianten und Initiantinnen mögliche Vorteile der vorläufigen Umsetzung liegen können. Sie zeigen aber auch die Gefahren und Risiken der vorläufigen Umsetzung, auf welche der Beitrag später im V. Kapitel eingehen wird.
Der Bundesrat erhält zwar inhaltlich grundsätzlich denselben Umsetzungsauftrag erteilt wie die Bundesversammlung. In Bezug auf eine spätere Durchsetzung der Ausführungsnormierung unterscheiden sich die Gestaltungsmöglichkeiten des Bundesrates jedoch von denjenigen des Parlaments: Obschon beide Organe das Völkerrecht und die Verfassung zu beachten haben, wird die Bundesversammlung hinsichtlich der Anwendbarkeit der von ihr erlassenen Ausführungsgesetzgebung infolge der Schubert-Praxis (inkl. Gegenausnahmen) faktisch nur durch das zwingende Völkerrecht und die Bestimmungen zentraler Menschenrechtsverträge (EMRK) begrenzt. Selbstständige Bundesratsverordnungen finden dagegen bei gerichtlicher Überprüfung ihrer Verfassungsmässigkeit im Verletzungsfall keine Anwendung (Wyss 2020, Rz. 327; siehe hinten Rz. 58). Soweit der Bundesrat nicht toter Buchstabe, sondern justiziable Normen schaffen will, muss er seine Verordnungen verfassungs- und völkerrechtskonform ausgestalten, was sich auch aus den folgenden Überlegungen zum Rechtsschutz ergibt.
Wer einen Einzelakt anficht, der sich auf eine selbstständige vorläufige Sachverordnung des Bundesrats stützt, kann dabei die betroffene Verordnung vorfrageweise auf ihre Übereinstimmung mit dem übergeordneten Recht hin überprüfen lassen: konkrete Normenkontrolle (vgl. BGE 141 I 20 E. 4.2 S. 23; Looser 2011, § 8 Rz. 274; Tschannen 2016, § 8 Rz. 13). Eine abstrakte Normenkontrolle ist für die vorläufige Umsetzung dagegen ausgeschlossen (Art. 189 Abs. 4 BV; siehe auch Art. 82 Bst. b BGG und Art. 31 VGG [beide Gesetzesartikel e contrario]18; Wyss 2020, Rz. 481 ff. mit Übersichtsgrafik in Rz. 506). Bei fehlender Konformität mit dem übergeordneten Recht verweigert die jeweils zuständige eidgenössische oder kantonale Verwaltungs- oder Justizbehörde der Verordnung die Anwendung und verhindert dadurch die Durchsetzung des Einzelakts. Für die dem Bundesrat untergeordneten eidgenössischen und wohl auch kantonalen Verwaltungseinheiten gelten dabei aber gewisse Einschränkungen (Wyss 2020, Rz. 488 ff.).
In welchem Verfahren die Überprüfung erfolgt und mit welchem Rechtsmittel dieses einzuleiten ist, hängt vom jeweilig angefochtenen Einzelakt ab. Es kann sich je nach Regelungsbereich der vorläufigen Umsetzung um ein öffentlich-rechtliches, ein zivil- oder ein strafrechtliches Verfahren handeln. Dies illustrieren z. B. die bisherigen Anwendungsfälle der vorläufigen Umsetzung ziemlich deutlich. Soweit es beim angefochtenen Einzelakt nicht um eine rein auf Bundesebene zu erledigende Angelegenheit geht (z. B. rein bundespersonalrechtliche Streitigkeit), bestimmen sich das Rechtsmittel und die jeweilige kantonale örtlich, sachlich und funktional zuständige Behörde sowie die dabei geltenden Prozessvoraussetzungen nach dem einschlägigen eidgenössischen oder kantonalen Prozessrecht sowie der allfälligen zusätzlichen kantonalen Spezialgesetzgebung (Wyss 2020, Rz. 492 ff.).
Unter den möglichen Beschwerdegründen steht bei der konkreten Normenkontrolle von selbstständigem vorläufigem Verordnungsrecht die Verletzung von Verfassungsrecht im Fokus, insbesondere die Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes. Letzterer ist verletzt, wenn der Bundesrat ohne hinreichende Ermächtigung (Verfassungsgrundlage) selbstständiges Verordnungsrecht erlassen hat (Wyss 2020, Rz. 497 ff.; vgl. Schott 2018, Art. 95 N 8 ff.; zur sog. Gewaltenteilungsbeschwerde Tschannen 2016, § 27 Rz. 36 ff. und mit Rechtsprechungshinweisen Kaufmann 2015, S. 310 ff.). Zwei Konstellationen stehen dabei im Vordergrund:
- Die Auslegung der betroffenen Verfassungsbestimmungen ergibt (Auslegung i.w.S.), dass der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative im unausweichlichen Normkonflikt kein Vorrang gegenüber dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt (Art. 164 BV) oder – was m. E. wie erwähnt deutlich wahrscheinlicher ist – gegenüber einem besonderen Gesetzesvorbehalt (z. B. Art. 36 Abs. 1 zweiter Satz oder Art. 31 BV) zukommt. Diese Konstellation liegt nach hier vertretener Ansicht beispielsweise bei der vorläufigen Umsetzung der Minderinitiative (VegüV) vor. Die Strafbestimmungen der VegüV, die Freiheitstrafen androhen, verletzen daher den besonderen Gesetzesvorbehalt von Artikel 36 Absatz 1 zweiter Satz sowie zusätzlich Artikel 31 Absatz 1 BV (Wyss 2020, Rz. 366 ff. und Rz. 501; siehe vorne Rz. 26 ff.);
- Die zweite Konstellation betrifft suspensiv bedingte Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung einer Volksinitiative. Sie liegt vor, wenn der Bundesrat vor Eintritt der in der verfassungsrechtlichen Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung definierten Suspensivbedingung Verordnungsrecht in Kraft setzt und damit ohne verfassungsrechtliche Ermächtigung handelt. Artikel 182 Absatz 2 BV stellt, wie gesehen, keine Ermächtigungsgrundlage dar. Der bisher einzige Anwendungsfall ist die Zweitwohnungsverordnung vom 22. August 2012, die der Bundesrat vor Eintritt der Suspensivbedingung nach Artikel 197 Ziffer 9 (Übergangsbestimmung zu Art. 75b) BV und damit mangels Kompetenz zu früh in Kraft gesetzt hat (Wyss 2020, Rz. 501 und Rz. 599 ff.; siehe vorne Rz. 36 ff.).
Bis anhin hat das Bundesgericht die Frage betreffend diese Konstellationen entweder bewusst offengelassen, oder es fehlten die entsprechenden streitigen Verfahren für eine Klärung. Ein höchstrichterlicher Entscheid zur Rechtslage wäre für das Verfassungsverständnis und die zukünftige Praxis der vorläufigen Umsetzung von zentraler Bedeutung und wünschenswert (Wyss 2020, Rz. 351 ff., Rz. 365 und Rz. 371).
Eine Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung führt, wie gezeigt, zu einem beschleunigten Erlass von Ausführungsbestimmungen und damit zu einer Umsetzung. Eine vorläufige Umsetzung birgt dabei aber die folgenden Wirkungen und Gefahren: Sie verstärkt die bereits mit der vorformulierten Volksinitiative einhergehende Verkürzung der parlamentarischen Rechtsetzungskompetenz zusätzlich. Während die erste Verlagerung vom Parlament zum Initiativkomitee im Verfassungsgebungsverfahren erfolgt – also bei der Schaffung des Initiativtexts, inklusive die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung, findet bei der verordnungsrechtlichen Erstumsetzung durch den Bundesrat eine zweite Verlagerung statt, nämlich vom Parlament hin zur Exekutive (Wyss 2020, Rz. 618 ff. in Anlehnung an Rhinow 2015, S. 26 ff.). Der Bundesrat nimmt damit als Ersatzgesetzgeber vorübergehend oder gar längerfristig eine primär der Bundesversammlung vorbehaltene Aufgabe wahr und durchbricht die auf Verfassungsstufe sorgfältig austarierte Verteilung der Rechtsetzungskompetenzen sowie das in Artikel 164 BV normierte Gesetzmässigkeitsprinzip (so Rhinow 2015, S. 33; Wyss 2020, Rz. 619; vgl. auch Rhinow 2014, S. 132 f.; Rhinow 2015a, S. 346). Die mit der ordentlichen Gesetzgebung gewährleisteten Funktionen zur Erhöhung von Qualität (siehe vorne Rz. 46) und Legitimation der Rechtsetzung fehlen. So führt die vorläufige Umsetzung zu einer Schwächung der Volks- und Ständerechte. Dies liegt zum einen daran, dass im verwaltungsinternen Verordnungsgebungsverfahren die Berücksichtigung der politischen Stärkeverhältnisse und des bundesstaatlichen Elements (Einfluss der Kantonsvertreter) in der Entscheidungsfindung nicht gleich institutionalisiert sind wie im parlamentarischen Verfahren (Zweikammersystem); zum andern fällt das fakultative Referendum weg und die damit verbundene faktische Wirkung auf den vorangehenden Rechtsetzungsprozess sowie der Letztentscheid des Stimmvolks (Wyss 2020, Rz. 621 f.).
Prima vista erscheinen die oben genannten Defizite insofern verzeihlich, als die vorläufige Umsetzung nur für eine relativ kurze Übergangszeit gelten soll, nämlich bis das ordentliche Ausführungsgesetz sie ablöst. Diese Überlegung vermag, wie Rhinow zu Recht feststellte, in zweifacher Hinsicht nicht zu überzeugen (Rhinow 2014, S. 133 f.; Rhinow 2015, S. 33), wie die nachfolgende Ausführen aufzeigen.
Erstens ist im Vorfeld ungewiss, ob die Übergangszeit nur kurz ausfallen wird. Der erfolgreiche Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens hängt von vielerlei Faktoren ab und kann insbesondere bei einem abschlägigen Referendumsentscheid durchaus viel Zeit in Anspruch nehmen. Falls der Erlass auf Jahre hinaus oder gar komplett ausbleibt, besteht entsprechend die Gefahr, dass die provisorische Verordnungslösung des Bundesrats zur dauerhaften Rechtsetzung mutiert (Rhinow 2014, S. 133 f.; Wyss 2020, Rz. 622). In der Praxis galten die jeweiligen vorläufigen Verordnungen – ohne den Spezialfall der Bundesfeiertagsverordnung – immerhin bis zu sechs Jahren, bis sie die jeweilige Ausführungsgesetzgebung ablöste. Bei der VegüV dürften es sogar neun oder mehr Jahre werden (siehe Wyss 2020, Rz. 321 ff.).
Neben der Langlebigkeit der Verordnungsregelung besteht zweitens die Gefahr, dass die vom Bundesrat verankerte Verordnungslösung aus Gründen der Rechtssicherheit vom Gesetzgeber weitgehend übernommen werden müsste. Der Bundesrat verkäme damit nicht nur zum zeitlich limitierten Ersatzgesetzgeber, sondern auch zum vorprägenden Rechtsetzungsorgan (Wyss 2020, Rz. 622; vgl. Rhinow 2014, S. 133 f.). Die vorläufige Umsetzung unterliegt – anders als das Bundesgesetz – der Verfassungsgerichtsbarkeit, womit zumindest in strittigen Fällen nicht der Bundesrat, sondern letztlich die Judikative in sensiblen Bereichen höchstpolitische Entscheide anstelle von Parlament und Stimmvolk trifft. Es besteht die Gefahr, dass das vorläufige Verordnungsrecht und allfällig dazu gefällte bundesgerichtliche Leitentscheide die spätere Ausführungsgesetzgebung präjudizieren. Präjudizierend wirken sich dabei Rechtssicherheitsaspekte und allenfalls verwaltungsinterne Anreize aus (Wyss 2020, Rz. 625 ff.; vgl. Rhinow 2015, S. 32 f.). Die bundesrätliche Erstumsetzung gewinnt auf diese Weise über die Geltungsdauer des vorläufigen Verordnungsrechts hinaus an Bedeutung, was zugleich die damit einhergehenden staatsorganisationsrechtlichen Bedenken verstärkt.
Eine bereits angelaufene Umsetzung auf Gesetzesstufe beeinflusst zu Recht die vorläufige Umsetzung der Volksinitiative. Infolgedessen können Koordinationsschwierigkeiten zum Gesetzgebungsverfahren auftreten. Aus demokratischer Sicht unschön ist namentlich die Möglichkeit, dass eine der Gesetzesvorlage nachempfundene vorläufige Umsetzung in Kraft tritt, die fast identische ausführungsgesetzliche Regelung später aber in der Referendumsabstimmung scheitert. Trotzdem bliebe die materiell-rechtliche Regelung – welche die Stimmbevölkerung auf Gesetzesstufe verhinderte – auf Verordnungsstufe in Kraft (Wyss 2020, Rz. 623 f.; vgl. Boillet 2016, S. 113 und Ehrenzeller 2014, Art. 121a N 68). Damit stellen sich neue Fragen: Ist der Bundesrat danach verpflichtet, die Verordnung umgehend anzupassen oder gar aufzuheben oder sollte er die Ausführungsgesetzgebung abwarten? Und wie wirkt sich der negative Volksentscheid unterdessen auf die Interpretation und Rechtsanwendung der weiterhin bestehenden Verordnungsnormen aus? Liegt das verfassungsrechtlich vorgegebene, suspensiv bedingte Datum für die Inkraftsetzung der vorläufigen Verordnung nur ein bis zwei Monate vor Ablauf der Referendumsfrist, ist es angesichts der genannten Probleme und Unklarheiten verständlich, wenn der Bundesrat – in Abweichung vom Wortlaut der Übergangsbestimmung – einstweilen auf die Inkraftsetzung von vorläufigem Verordnungsrecht verzichtet und zuerst die Referendumsfrist abwartet (siehe dazu Wyss 2020, Rz. 312 und Rz. 624 mit Beispiel).
Trotz der erheblichen staatsrechtlichen Bedenken und Gefahren ist angesichts der Praxiszahlen, Auswirkungen und Beweggründe (Beschleunigungs-/Durchsetzungsfunktion) davon auszugehen, dass die Verankerung von Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative in Initiativtexten eher zur Regel wird, als wieder zu verschwinden. Während die Vorteile – wie die Erhöhung der Umsetzungschancen – sofort einleuchten, wirken die staatsrechtlichen Gefahren eher abstrakt und fanden bisher kaum Eingang in den politischen Diskurs. Entsprechend klein ist m. E. die Wahrscheinlichkeit, dass die politischen Kräfte freiwillig auf den Einsatz der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung verzichten, insbesondere wenn der politische Gegner diese ebenfalls einsetzt. Umso wichtiger wird demnach in Zukunft die Beurteilung der möglichen Schranken der vorläufigen Umsetzung.
Mit der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung erhält der Bundesrat grundsätzlich denselben Umsetzungsauftrag erteilt wie die Bundesversammlung, wenn auch nur für eine vorläufige Dauer und teilweise unter Bedingungen. Seine Umsetzung auf Verordnungsstufe unterliegt nicht dem fakultativen Referendum. Stattdessen untersteht sie der gerichtlichen Rechtskontrolle (Verfassungsgerichtsbarkeit). Neben sämtlichen rechtlichen Schranken, die auch für die Rechtsetzung der Bundesversammlung gelten, wie z. B. die Bestimmungen des zwingenden Völkerrechts, ergeben sich für die vorläufige Umsetzung von Verfassungsrecht durch den Bundesrat daher, wie gesehen, zwei zusätzliche Schranken:
- Erstere ergibt sich aus einer allfälligen Verfassungswidrigkeit der Verordnungsstufe (Verletzung der Gewaltenteilung). Sie besteht, wenn dem besonderen Gesetzesvorbehalt gegenüber der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung ein Vorrang zukommt und dem Bundesrat damit im entsprechend betroffenen Sachbereich die Kompetenz zum Erlass von selbstständigem Verordnungsrecht fehlt. Wann genau jedoch solch ein Vorrang vorliegt, ist eine schwierige Auslegungsfrage, die für jede Normkonstellation einzeln vorzunehmen ist und in den bisherigen Praxisbeispielen mangels klärender bundesgerichtlicher Rechtsprechung umstritten blieb. Die Annahme eines Vorrangs würde die vorläufige Umsetzung im Einzelfall und die damit einhergehenden Gefahren nicht komplett verhindern, aber zumindest in den staatsrechtlich besonders sensiblen Bereichen wesentlich entschärfen, wie z. B. betreffend die schweren Grundrechtseingriffe (vgl. vorne Rz. 26 ff. sowie Rz. 52 ff.). Eine Verletzung der Gewaltenteilung kann sich überdies bei doppelt bedingten Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung ergeben, wenn der Bundesrat die vorläufige Verordnung vor Eintritt der Suspensivbedingung und damit ohne hinreichende Ermächtigung in Kraft setzt (vgl. vorne Rz. 20 sowie Rz. 41 f.).
- Die zweite Schranke liegt im faktisch eingeschränkteren Gestaltungsspielraum des Bundesrates. Sie ergibt sich in Bezug auf eine spätere Durchsetzung der Ausführungsnormierung. Die bundesrätliche Gestaltungsmöglichkeiten unterscheiden sich diesbezüglich von denjenigen der Bundesversammlung: Es haben zwar beide Organe gleichermassen das Völkerrecht und die Verfassung zu beachten. Infolge der Schubert-Praxis (inkl. Gegenausnahmen) begrenzen faktisch aber nur das zwingende Völkerrecht und die Bestimmungen zentraler Menschenrechtsverträge (EMRK) den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum und die spätere Anwendbarkeit der parlamentarischen Ausführungsgesetzgebung – zumindest soweit der Gesetzgeber den Konflikt mit dem Völkerrecht ausdrücklich in Kauf nimmt. Selbstständige Bundesratsverordnungen finden dagegen bei gerichtlicher Überprüfung ihrer Verfassungsmässigkeit im Verletzungsfall keine Anwendung. Der Bundesrat hat folglich keine Möglichkeit, im Widerspruch zum Verfassungs- und Völkerrecht gerichtlich durchsetzbare vorläufige Verordnungsbestimmungen zu erlassen (siehe vorne Rz. 47; Wyss 2020, Rz. 327).
Die Abwägung zwischen verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalten und den Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative ist eine im Einzelfall schwierig zu beurteilende Auslegungsfrage. Aus politischer Sicht ist daher nachvollziehbar, dass Bundesrat und Bundesverwaltung im Zweifelsfall der Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung Vorrang einräumen und den Verfassungsauftrag zur vorläufigen Verordnungsgebung ausführen. Sie spielen damit den Entscheid der Justiz zu und öffnen so den Weg für ein klärendes höchstrichterliches Urteil. Angesichts der unterschiedlichen Aufgaben der Exekutive gegenüber der Justiz dürfte ein derartiges Verhalten gar eine gewisse staatspolitische Legitimation geniessen (Wyss 2020, Rz. 641; ähnlich bereits bei Brand/Wyss/Zysset 2013, Rz. 63). Der Bundesrat und die Verwaltung entgehen auf diese Weise zudem dem Vorwurf der Untätigkeit und der Missachtung des Verfassungsauftrags zur Verordnungsgebung. Nichtsdestotrotz wäre es zu begrüssen, wenn die Exekutive aktiver über die Problematik informieren würde, sei es im Kontext der Abstimmungsunterlagen oder des Gesetzgebungsverfahrens (z. B. im Rahmen von Botschaften). Dies ist insofern wichtig, als sich Gesellschaft und Politik der Gefahren und der Bedeutung der vorläufigen Umsetzung der Volksinitiative – namentlich die staatsrechtlich problematische Verlagerung der Rechtsetzungskompetenz vom Parlament weg zum Bundesrat – bis anhin kaum bewusst sind.
Die Staatsrechtslehre bleibt angesichts der aufgeführten Gefahren und der Prognose gefordert, die Bedenken gegenüber der vorläufigen Umsetzung in das schnelllebige – primär auf sachspezifische Erfolge fokussierende – Alltagsgeschäft der Politik einzubringen. Es geht darum, ein Verständnis zu schaffen für den beständigen Wert und die Bedeutung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens, der Gesetzesvorbehalte und der Gewaltenteilung.
- Biaggini, Giovanni, 2017, BV Kommentar, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Auflage, Zürich.
- Bisaz, Corsin, 2013, Das Initiativkomitee, in: Good, Andrea / Platipodis, Bettina (Hrsg.), Direkte Demokratie: Herausforderungen zwischen Politik und Recht, Festschrift für Andreas Auer zum 65. Geburtstag, Bern, S. 135–148.
- Boillet, Véronique, 2016, Initiative «Contre l’immigration de masse»: analyse du vote sous l’angle de la démocratie directe, Zeitschrift für Schweizerisches Recht (ZSR) Heft 2, S. 105–133.
- Boillet, Véronique / Lammers, Guillaume, 2016, La mise en œuvre des initiatives populaires fédérales, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht (ZBl) Heft 10, S. 511–540.
- Brand, Patric A., 2015, Konzernorganisationsrechtliche Grenzen von Upstream-Darlehen (Diss. Bern), Schweizer Schriften zum Handels- und Wirtschaftsrecht (SSHW) Band 326, Zürich/St. Gallen.
- Brand, Patric / Wyss, Karl-Marc / Zysset, Pascal, 2013, Nulla Minder-poena sine lege, Jusletter vom 27. Mai.
- Bürki, Christoph, 2011, Verwaltungsjustizbezogene Legalität und Prozessökonomie (Diss. Bern), Abhandlung zum schweizerischen Recht (ASR) Band 775, Bern.
- donatsch, Andreas / Stoffel, Sara , 2015, Vorbemerkungen zu Art. 24 und 25, in: Watter, Rolf / Vogt, Hans-Ueli (Hrsg.), Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften [Basler Kommentar], Basel, S. 353–359.
- Ehrenzeller, Bernhard, 2014, Art. 121a Abs. 4 f., in: Ehrenzeller, Bernhard / Schindler, Benjamin / Schweizer, Rainer J. / Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Die Schweizerische Bundesverfassung [St. Galler Kommentar], 2 Bände, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen, S. 2204–2411.
- Ehrenzeller, Bernhard / Gertsch, Gabriel, 2014, Art. 139 Abs. 3, in: Ehrenzeller, Bernhard / Schindler, Benjamin / Schweizer, Rainer J. / Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Die Schweizerische Bundesverfassung [St. Galler Kommentar], 2 Bände, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen, S. 2475–2487.
- Ehrenzeller, Bernhard / Nobs, Roger, 2014, Art. 139 Abs. 1 f. und Abs. 4, in: Ehrenzeller, Bernhard / Schindler, Benjamin / Schweizer, Rainer J. / Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Die Schweizerische Bundesverfassung [St. Galler Kommentar], 2 Bände, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen, S. 2469–2474 und S. 2488–2496.
- Epiney, Astrid, 2015, Zur (teilweisen) «Unmöglichkeit» der Umsetzung von auf Volksinitiativen beruhenden Verfassungsbestimmungen am Beispiel der Art. 121a, 197 Ziff. 11 BV, Jusletter 10. August.
- Epiney, Astrid / Diezig, Stefan, 2015, Art. 139, in: Waldmann, Bernhard / Belser, Eva Maria / Epiney, Astrid (Hrsg.), Schweizerische Bundesverfassung [Basler Kommentar], Basel, S. 2826–2831.
- Errass, Christoph, 2010, Kooperative Rechtssetzung (Habil. St. Gallen), Zürich/St. Gallen.
- Füzesséry, Alexandre, 2014, Art. 99, in: Graf, Martin / Theler, Cornelia / von Wyss, Moritz (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis der Schweizerischen Bundesversammlung, Kommentar zum Parlamentsgesetz (ParlG), Basel 2014, S. 698–700.
- Füzesséry, Alexandre / Häusler, Nico, 2014, Art. 100, in: Graf, Martin / Theler, Cornelia / von Wyss, Moritz (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis der Schweizerischen Bundesversammlung, Kommentar zum Parlamentsgesetz (ParlG), Basel 2014, S. 700–706.
- Fuhrer, Corina, 2019, Die Umsetzung kantonaler Volksinitiativen (Diss. Zürich), Zürich/St. Gallen.
- Griffel, Alain, 2014, Die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative – eine Zwischenbilanz, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht (ZBl) Heft 2, S. 59–82.
- Haller, Walter / Kölz, Alfred / Gächter, Thomas, 2013, Allgemeines Staatsrecht, Eine juristische Einführung in die Allgemeine Staatslehre, 5. Auflage, Zürich.
- Hangartner, Yvo, 2011, Unklarheiten bei Volksinitiativen – Bemerkungen aus Anlass des neuen Art. 121 Abs. 3–6 BV, Aktuelle Juristische Praxis (AJP) Heft 4, S. 471–478.
- Hangartner, Yvo / Kley, Andreas, 2000, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich.
- Jaag, Tobias, 1990, Gesetzgebungsaufträge, in: Haller, Walter / Kölz, Alfred / Müller, Georg / Thürer, Daniel (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Häfelin, zum 65. Geburtstag, Zürich, S. 275–297.
- Jaag, Tobias, 1998, Unerfüllte Aufträge an den Gesetzgeber, in: Ehrenzeller, Bernhard / Mastronardi, Philippe / Schaffhauser, René / Schweizer, Rainer J. / Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Festschrift für Yvo Hangartner, St. Gallen/Lachen, S. 213–228.
- Jaag, Tobias, 2011, Die Verordnung im schweizerischen Recht, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht (ZBl) Heft 12, S. 629–659.
- Kaufmann, Mathias, 2015, Der öffentlichrechtliche Anspruch (Diss. Zürich), Zürcher Studien zum öffentlichen Recht (ZStöR) Band 230, Zürich/Basel/Genf.
- Kiener, Regina / Kälin, Walter / Wyttenbach, Judith, 2018, Grundrechte, 3. Auflage, Bern.
- Künzli, Jörg, 2015, Art. 182, in: Waldmann, Bernhard / Belser, Eva Maria / Epiney, Astrid (Hrsg.), Schweizerische Bundesverfassung [Basler Kommentar], Basel, S. 2667–2674.
- Looser, Martin E., 2011, Verfassungsgerichtliche Rechtskontrolle gegenüber schweizerischen Bundesgesetzen (Diss. St. Gallen), St. Galler Schriften zur Rechtswissenschaft (SGRW) Band 21, Zürich/St. Gallen.
- Mösching, Fabian, 2014, Massnahmen zur Beschränkung von Zweitwohnungen (Diss. Bern), Abhandlungen zum schweizerischen Recht (ASR) Band 803, Bern.
- Müller, Georg / Uhlmann, Felix, 2013, Elemente einer Rechtssetzungslehre, 3. Auflage, Zürich.
- Müller, Reto Patrick, 2014, Vorbemerkungen zu Art. 196–197, in: Ehrenzeller, Bernhard / Schindler, Benjamin / Schweizer, Rainer J. / Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Die Schweizerische Bundesverfassung [St. Galler Kommentar], 2 Bände, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen, S. 3143–3152.
- Musliu, Nagihan, 2019, Die Umsetzung eidgenössischer Volksinitiativen (Diss. Zürich), Zürich.
- Rechtsteiner, David, 2016, Recht in besonderen und ausserordentlichen Lagen (Diss. St. Gallen), St. Galler Schriften zur Rechtswissenschaft (SGRW) Band 28, Zürich/St. Gallen.
- Rhinow, René, 2014, Fahrlässige Verfassungsgebung?, Verfassungsrechtliche Fragen zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», in: Griffel, Alain (Hrsg.), Vom Wert einer guten Gesetzgebung, 16 Essays, Bern, S. 119–137.
- Rhinow, René, 2015, Das getriebene Parlament: Volksinitiativen als mehrfache Herausforderung, Parlament, Mitteilungsblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Parlamentsfragen Heft 1, S. 25–35.
- Rhinow, René, 2015, Der Bundesrat als Ersatzgesetzgeber?, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht (ZBl) Heft 7, S. 345–346 (zit. Rhinow 2015a).
- Rhinow, René / Schefer, Markus / Uebersax, Peter, 2016, Schweizerisches Verfassungsrecht, 3. Auflage, Basel.
- Roth, Marius, 2011, Die Veröffentlichung von Rechtsnormen in der Schweiz (Diss. Bern), Zürich/St. Gallen.
- Sägesser, Thomas, 2000, Die Bundesbehörden, Bundesversammlung – Bundesrat – Bundesgericht; Kommentar, Beiträge und Materialien zum 5. Teil der schweizerischen Bundesverfassung, Bern.
- Saladin, Gerhard M., 2012, Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Milizprinzips der Schweizer Armee (Diss. Bern), Zürich/St. Gallen.
- Schott, Markus, 2018, Art. 95, in: Niggli, Marcel Alexander / Uebersax, Peter / Wiprächtiger, Hans / Kneubühler, Lorenz (Hrsg.), Bundesgerichtsgesetz [Basler Kommentar], 3. Auflage, Basel , S. 1509–1533.
- Schweizer, Rainer J. / Baumann, Jérôme / Scheffler, Jan, 2011, Grundlage und Verfahren der mehrsprachigen Rechtsetzung im Bund, in: Schweizer, Rainer J. / Borghi, Marco (Hrsg.), Mehrsprachige Gesetzgebung in der Schweiz, Juristisch-linguistische Untersuchungen von mehrsprachigen Rechtstexten des Bundes und der Kantone, Zürich/St. Gallen, S. 13–45.
- Tschannen, Pierre, 2014, Art. 182 in: Ehrenzeller, Bernhard / Schindler, Benjamin / Schweizer, Rainer J. / Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Die Schweizerische Bundesverfassung [St. Galler Kommentar], 2 Bände, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen, S. 2923–2928.
- Tschannen, Pierre, 2016, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 4. Auflage, Bern.
- Uebersax, Peter, 2017, Forum: Ist das vom Parlament beschlossene Ausführungsgesetz zu Art. 121a BV verfassungswidrig?, Jusletter 20. März.
- Uhlmann, Felix / Hofstetter, David, 2012, Die Verordnung aus dem Blickwinkel der Rechtsetzungslehre, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht (ZBl) Heft 9, S. 455–479.
- von Arx, Nicolas, 2002, Ähnlich, aber anders, Die Volksinitiative in Kalifornien und in der Schweiz (Diss. Genf), Collection Genevoise (CG), Genf/Basel/München.
- Waldmann, Bernhard, 2012, Die Zweitwohnungsverordnung, Jusletter 10. Dezember.
- Waldmann, Bernhard, 2015, Die Umsetzung von Volksinitiativen aus rechtlicher Sicht, Gesetzgebung und Evaluation, Mitteilungsblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Gesetzgebung und der Schweizerischen Evaluationsgesellschaft (LeGes) Heft 3, S. 521–537.
- Wolf, Stephan / Nuspliger, Isabelle, 2017, Einleitung, in: Wolf, Stephan / Pfammater, Aron (Hrsg.), Zweitwohnungsgesetz (ZWG) – unter Einbezug der Zweitwohnungsverordnung (ZWV), [Stämpflis Handkommentar], Bern, S. 1–34.
- Wullschleger, Stephan, 1999, Gesetzgebungsaufträge, Normativer Gehalt und Möglichkeiten richterlicher Intervention (Diss. Basel), Basler Studien zur Rechtswissenschaft (BStR) Reihe B: Öffentliches Recht Band 57, Basel/Genf/München.
- Wyttenbach, Judith / Wyss, Karl-Marc, 2015, Art. 164, in: Waldmann, Bernhard / Belser, Eva Maria / Epiney, Astrid (Hrsg.), Schweizerische Bundesverfassung [Basler Kommentar], Basel, S. 2448–2474.
- Wyss, Karl-Marc, 2020, Die vorläufige bundesrechtliche Umsetzung eidgenössischer Volksinitiativen auf dem Verordnungsweg (Diss. Bern), Zürich/St. Gallen [Vorabdruck, Publikation erscheint im Frühjahr 2020 im Dike Verlag].
Dr. iur. Karl-Marc Wyss, Rechtsanwalt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für öffentliches Recht der Universität Bern.
Der Autor dankt Dr. iur. Patric Brand, Rechtsanwalt für die Durchsicht des Manuskripts und die wertvollen Hinweise und Anmerkungen.
- 1 BBl 2006 5229.
- 2 Eidgenössische Volksinitiative «gegen die Abzockerei», BBl 2006 8755.
- 3 BBl 2011 6269.
- 4 Es handelt sich dabei im Wesentlichen um eine Kurzfassung des Werks «Die vorläufige bundesrechtliche Umsetzung eidgenössischer Volksinitiativen auf dem Verordnungsweg» des Autors, das im Frühling 2020 im Dike Verlage erscheint. Die nachfolgend zitierten Quellenangaben (Wyss, 2020) basieren auf dem Vorabdruck, wobei die Randziffern mit denjenigen des später publizierten Werks übereinstimmen.
- 5 Bundesverfassung, SR 101.
- 6 Die Grafik zeigt das Verhältnis der Volksinitiativen mit/ohne Vorgaben zur vorläufigen Umsetzung (links in absoluten Zahlen [März 2019], rechts auf der Basis von 20-Jahres-Schritten).
- 7 Parlamentsgesetz vom 13. Dez. 2002, SR 171.10.
- 8 Bundesgesetz vom 17. Dez. 1976 über die politischen Rechte, SR 161.1.
- 9 Konvention vom 4. Nov. 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, SR 0.101.
- 10 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997, SR 172.010.
- 11 Verordnung vom 30. Mai 1994 über den Bundesfeiertag, SR 116, AS 1994 1340.
- 12 Verordnung vom 20. Nov. 2013 gegen übermässige Vergütung bei börsenkotierten Aktiengesellschaften, SR 221.331, AS 2013 4403.
- 13 AS 2012 4583, ausser Kraft getreten durch Inkrafttreten des Zweitwohnungsgesetzes am 1. Jan. 2016.
- 14 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997, SR 172.010; Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998, SR 172.010.1.
- 15 Reglement vom 1. Nov. 2007 über die verwaltungsinterne Redaktionskommission (abrufbar unter www.bk.admin.ch/dam/bk/de/dokumente/sprachdienste/virk-reglement.pdf.download.pdf/virk-reglement.pdf).
- 16 Die Praxisfälle fielen noch vor dem 1. April 2016 und damit vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 26. Sept. 2014 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005 an, SR 172.061, AS 2016 925.
- 17 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer in der bis am 31. Dezember 2018 gültigen Fassung, seither Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration, AIG, SR 142.20, AS 2017 6521, 2018 3171.
- 18 Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005, SR 173.110; Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005, SR 173.32.