Contributions scientifiques DOI: 10.38023/80229d75-8591-47e9-b28f-019c27e26ed5

Was bringen beratende Kommissionen der Exekutive?

Evaluation der ausserparlamentarischen Verwaltungskommissionen auf Bundesebene

Felix Strebel
Felix Strebel

Proposition de citation: Felix Strebel, Was bringen beratende Kommissionen der Exekutive?, LeGes 34 (2023) 2

Les commissions administratives extraparlementaires ont pour mission de conseiller le Conseil fédéral et l'administration fédérale. La présente contribution met en lumière le travail de ces commissions et leurs rapports avec l'exécutif. La première partie expose les prestations fournies par les commissions et la manière dont l'administration évalue la qualité de ces prestations. Elle examine en outre dans quelle mesure l'attribution de mandats externes représente une alternative à ces commissions. La deuxième partie explique pourquoi certains travaux des commissions sont mis à profit et d'autres non. A ce propos, il apparaît primordial que les décisions qui instituent ces commissions administratives soient claires.


Table des matières

1. Einleitung

[1]

Die Aufgaben der Exekutive erfüllt in aller Regel die Bundesverwaltung. Bundesrat und Bundesverwaltung können jedoch ständige externe Beratung in Anspruch nehmen, namentlich durch ausserparlamentarische Kommissionen (Art. 57a Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz [RVOG]). Bei ausserparlamentarischen Kommissionen handelt es sich entweder um Verwaltungskommissionen mit rein beratender Funktion oder um Behördenkommissionen mit gesetzlich festgelegten Entscheidkompetenzen. Der vorliegende Artikel befasst sich mit den rein beratenden Verwaltungskommissionen; die Behördenkommissionen wie die Wettbewerbskommission (WEKO) oder die Elektrizitätskommission (ElCom) sind nicht Gegenstand.1 Verwaltungskommissionen gibt es zu einer Vielzahl von Themen, die von der Einrichtung von Ställen oder fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen bis hin zu Fragen des Weltraums reichen.

[2]

Ausserparlamentarische Kommissionen gibt es seit der Gründung des Bundesstaates im Jahr 1848. Indem die Verwaltung auf sie zurückgreift, kann sie auf den Ausbau eigener Strukturen verzichten. In den 1970er-Jahren kam jedoch Kritik an diesen Kommissionen «als fünfte Gewalt im Staat» auf (Rebmann/Mach 2013, 177). Eine Untersuchung der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle in den 1990er-Jahren ergab, dass der Einfluss der Kommissionen insofern beschränkt war, als sie dem Parlament keine Entscheide vorwegnahmen (Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle, 1994). In parlamentarischen Vorstössen und in den Medien wird der Nutzen der Verwaltungskommissionen allerdings immer wieder kritisch hinterfragt, weshalb die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) im Januar 2021 mit einer Evaluation zu diesem Thema beauftragt haben. Die Ergebnisse der Evaluation der PVK (PVK 2022) dienen als Grundlage für den vorliegenden Beitrag. Er geht insbesondere der Frage nach, welche Leistungen die Verwaltungskommissionen erbringen, inwiefern die Verwaltung diese Leistungen tatsächlich verwendet und aus welchen Gründen sie gewisse Leistungen nicht nutzt.

[3]

Die Evaluation stützte sich grösstenteils auf eine Online-Befragung der Mitglieder und der Sekretariate aller Verwaltungskommissionen sowie auf Fallstudien, in welchen neun Kommissionen mittels Dokumentenanalysen und Interviews vertieft untersucht wurden.2 Weiter hat die PVK Verwaltungsdokumente analysiert und Interviews mit Mitarbeitenden der verschiedenen Departemente und der Bundeskanzlei zum allgemeinen Umgang mit Verwaltungskommissionen durchgeführt, ein Kurzgutachten zur rechtlichen Definition der «ständigen Beratung» eingeholt und eine Kostenschätzung vorgenommen.

[4]

Der nächste Abschnitt führt die rechtlichen Grundlagen der ausserparlamentarischen Verwaltungskommissionen auf. Der dritte Abschnitt befasst sich mit den Leistungen der Verwaltungskommissionen, während der vierte Abschnitt die Nutzung dieser Leistungen durch die Verwaltung thematisiert. Exemplarisch werden Beispiele der ausgewählten Fälle kurz dargelegt. In den Schlussfolgerungen werden die Folgen der Evaluation beleuchtet: Es wird erläutert, welche Empfehlungen die GPK des Ständerates (GPK-S) gestützt auf die Untersuchung an den Bundesrat gerichtet hat und wie dieser sie aufgenommen hat.

2. Rechtliche Grundlagen

[5]

Der Einsatz ausserparlamentarischer Kommissionen ist im RVOG und der zugehörigen Verordnung rechtlich geregelt. Der Bundesrat setzt Verwaltungskommissionen ein und wählt deren Mitglieder (Art. 57c Abs. 2 RVOG). Verwaltungskommissionen können eingesetzt werden, wenn die Aufgabenerfüllung besonderes Fachwissen erfordert, das in der Bundesverwaltung nicht vorhanden ist (Art. 57b Bst. a. RVOG), wenn sie den frühzeitigen Einbezug der Kantone oder weiterer interessierter Kreise verlangt (Art. 57b Bst. b RVOG) oder wenn sie durch eine nicht weisungsgebundene Einheit der dezentralen Bundesverwaltung erfolgen soll (Art. 57b Bst. c RVOG). Mit einer Einsetzungsverfügung des Bundesrates müssen die Aufgaben einer Kommission umschrieben und deren Notwendigkeit begründet werden (Art. 8e Abs. 2 Bst. a RVOV). Die Verwaltungskommissionen dürfen in der Regel nicht mehr als 15 Mitglieder umfassen (Art. 57e Abs. 1 RVOG) und müssen unter Berücksichtigung ihrer Aufgaben nach Geschlecht, Sprache, Region, Alters- und Interessengruppen ausgewogen zusammengesetzt sein (Art. 57e Abs. 2 RVOG). Jeder Verwaltungskommission steht ein Sekretariat zur Verfügung, das von einer Stelle in der zentralen Bundesverwaltung geführt wird (Art. 8ibis Abs. 1 RVOV).

[6]

Die Notwendigkeit, die Aufgaben und die Zusammensetzung der ausserparlamentarischen Kommissionen müssen alle vier Jahre im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen überprüft werden (Art. 57d Abs. 2 RVOG). Die Bundeskanzlei (BK) koordiniert die Überprüfung, welche von den Departementen durchgeführt wird, sowie die Gesamterneuerungswahlen (Art. 8h Abs. 2 RVOV).

[7]

2019 fand die Gesamterneuerung für die Amtsperiode 2020–2023 aller ausserparlamentarischen Kommissionen statt, wobei rund 1600 Mitglieder vom Bundesrat gewählt wurden. Zum Zeitpunkt der Evaluation existierten 84 Verwaltungskommissionen, die mehrheitlich beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI, 32 Kommissionen) und beim Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF, 21 Kommissionen) angesiedelt waren.3

3. Leistungen der Verwaltungskommissionen

3.1. Vielfältige Aufgaben und rechtmässige Einsetzung

[8]

Die Verwaltungskommissionen erfüllen eine Vielzahl von Aufgaben, wie folgende Beispiele aus den Fallstudien aufzeigen:

  • Die Eidg. Kommission für Familienfragen (EKFF/Familienkommission) stellt spezifisches Fachwissen im Bereich Familienpolitik bereit, auf das die Bundesbehörden bei Bedarf zurückgreifen können. U.a. orientiert und sensibilisiert sie auch die Öffentlichkeit in Bezug auf die familialen Lebensbedingungen in der Schweiz.
  • Die Eidg. Kommission gegen Rassismus (EKR/Rassismuskommission) befasst sich mit rassistischer, ethnisch-kultureller Diskriminierung und fördert eine bessere Verständigung zwischen Personen unterschiedlicher Rasse, Hautfarbe, Herkunft und Religion. Dabei nimmt sie u.a. auch als sachverständige Verwaltungseinheit an Ämterkonsultationen nach Artikel 4 RVOV teil.
  • Die Eidg. Kommission für Lärmbekämpfung (EKLB/Lärmkommission) stellt hauptsächlich Grundlagen im Bereich der Wirkung von Lärm und Erschütterungen auf die menschliche Gesundheit bereit. Sie erarbeitet entsprechende Unterlagen, Berichte, Empfehlungen und Anträge.
  • Die Kommission für das Beschaffungswesen Bund–Kantone (KBBK) überwacht die internationalen Verpflichtungen der Schweiz im öffentlichen Beschaffungswesen. Die Kommission kann dabei u.a. wegen Verletzung internationaler Verpflichtungen bei den zuständigen Behörden Beschwerde einreichen.
[9]

Die Leistungen der Verwaltungskommissionen müssen letztlich dem in Artikel 57a RVOG statuierten Zweck der ständigen Beratung von Bundesrat und Bundesverwaltung entsprechen. Zur Funktion der ständigen Beratung hält die Botschaft des Bundesrates4 fest: «Typische Tätigkeiten ausserparlamentarischer Kommissionen sind beispielsweise die Begutachtung von Entwürfen, die Abgabe verwaltungsinterner Stellungnahmen, die Mitwirkung bei der Vorbereitung von Geschäften des Bundesrates oder die Prüfung von Geschäften unter besonderen fachlichen Gesichtspunkten.» Wie das Kurzgutachten im Rahmen der Evaluation ergeben hat, meint der Begriff «ständig» keine bestimmte Intensität oder Häufigkeit der Beratung, sondern lediglich, dass die Kommission dem Bundesrat oder der Bundesverwaltung nicht für ein einzelnes Projekt, sondern für mehrere Geschäfte zur Verfügung stehen soll (Uhlmann 2022, RZ. 18). Insgesamt ist der Begriff der «ständigen Beratung» weit gefasst und bewusst offengelassen, um den flexiblen Einsatz von Kommissionen zu erlauben (Uhlmann 2022, RZ. 31). Ständige Beratung erlaubt dabei fast jede Tätigkeit, immer unter Vorbehalt einer klaren Regelung in der Einsetzungsverfügung. «Beratung» impliziert jedenfalls eine gewisse Zweiseitigkeit, einen Austausch (Uhlmann 2022, RZ. 20). Problematisch wären einzig Entscheidbefugnisse (Uhlmann 2022, RZ. 29).

[10]

Die Leistungen der Verwaltungskommissionen, die letztlich erbracht werden, entsprechen im Allgemeinen den in den Einsetzungsverfügungen festgehaltenen Aufgaben und können daher als rechtmässig eingestuft werden. Die PVK hat im Rahmen einer Dokumentenanalyse der Einsetzungsverfügung aller Verwaltungskommissionen festgestellt, dass in rund jeder zehnten Einsetzungsverfügung die Aufgabe der ständigen Beratung nicht oder kaum vorkommt. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Befragung, die zu Tage führte, dass rund 10 Prozent der Mitglieder wie auch der Sekretariate der Verwaltungskommissionen gewisse ihrer Leistungen nicht als ständige Beratung einordnen.

3.2. Qualitativ gute Leistungen dank kompetenter Mitglieder

[11]

Die Verwaltung schätzt die Leistungen der Kommissionen allgemein als qualitativ hoch ein, wie sich in den Fallstudien herausstellte. Dies ist insbesondere bei Kommissionen mit eher technischer Ausrichtung, wie beispielsweise der Lärmkommission, der Fall. Bei den Kommissionen, die stärker der Konsultation verschiedener Interessengruppen dienen, wie beispielsweise die Eidg. Migrationskommission (EKM), fiel die Beurteilung der Verwaltung etwas kritischer aus. Dies ist auch damit zu begründen, dass sich diese Kommissionen oftmals nicht nur an die Verwaltung, sondern auch an andere Zielgruppen, insbesondere auch direkt an die Öffentlichkeit, richten. Dies ist in den jeweiligen Einsetzungsverfügungen auch so vorgesehen.5 Das Format der ausserparlamentarischen Kommission erlaubt gemäss den Befragten generell, dass verschiedene Einschätzungen und Meinungen diskutiert werden und sich die relevanten Interessengruppen u. a. bei Rechtsanpassungen, der Erarbeitung von Berichten oder der Beratung von parlamentarischen Vorstössen einbringen können.

[12]

Die Verwaltung besetzt laut den Ergebnissen der Befragungen die Verwaltungskommissionen mit kompetenten Personen, wodurch die fachliche Erfüllung der Aufträge durch die Kommissionen ermöglicht werde. Die Ergebnisse der Befragung widersprechen damit der Kritik, welche seitens der Verwaltung oft geäussert wurde, wonach die gesetzlichen Quoten für die Zusammensetzung der Mitglieder nach Geschlecht, Sprachregion usw. (Art. 57e Abs. 2 RVOG) eine qualitativ gute Besetzung der Kommissionen verhindere.6 Von der PVK wird einzig bemängelt, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung in 38 der 84 Kommissionen Mitarbeitende der Bundesverwaltung als Mitglieder vertreten waren. Die rechtlichen Grundlagen (Art. 57e Abs. 3 RVOG) halten fest, dass Angehörige der Bundesverwaltung nur in begründeten Einzelfällen Mitglieder in den Kommissionen sein dürfen.

[13]

Die Leistungen von einzelnen Verwaltungskommissionen stehen jedoch verschiedentlich auch in der öffentlichen Kritik. Oftmals wird insbesondere seitens einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Qualität der Leistungen bemängelt.7 Die PVK stellte in ihrer Evaluation fest, dass nicht alle Kommissionen Leistungen erbringen. Aus den erhobenen Daten wurde ersichtlich, dass einzelne Kommissionen kaum oder gar nicht tagen. Vereinzelt treffen Kommissionen nur zusammen, weil es sie gibt, und nicht, weil sie eine konkrete Aufgabe zu erfüllen hätten. Dies traf auch auf zwei in den Fallstudien untersuchte Kommissionen zu:

  • Die Eidg. Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäter (FaKo/Fachkommission) beurteilt im Auftrag der zuständigen Justizvollzugsbehörde, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Behandlung einer lebenslänglich verwahrten Person vorliegen. Seit der Einsetzung der Kommission im Jahr 2014 wurde ihr kein Fall vorgelegt. Die Kommission trifft sich einmal pro Jahr, um den informellen Austausch zwischen den Mitgliedern zu ermöglichen.
  • Die Kommission für die Harmonisierung der direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden (KHSt/Steuerharmonisierungskommission) beobachtet und analysiert Entwicklungen des Steuerrechts, definiert einen allfälligen Gesetzgebungsbedarf, entwickelt dazu Vorschläge und nimmt Stellung zu wichtigen Gesetzesvorhaben und Berichten. Die Kommission hat zwischen 2016 und 2019 nie getagt, und die Verwaltung äussert keine Bedürfnisse gegenüber der Kommission.
[14]

In diesen Fällen ist gegenwärtig keine ständige Beratung erkennbar. Dennoch beantragten die Departemente im Rahmen der Überprüfung 2018 keine Auflösung. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Oft hat die Verwaltung darauf verwiesen, dass gewisse Kommissionen gesetzlich verankert seien und eine Abschaffung mit einem grossen Aufwand verbunden wäre. Allerdings kann der Bundesrat gestützt auf seine Organisationskompetenz in Artikel 8 Absatz 1 RVOG Kommissionen mit beratenden Aufgaben auch im Falle einer spezialgesetzlichen Verankerung ohne Gesetzesrevision aufheben und ihre Aufgaben anderweitig verteilen, wenn sie dadurch besser erfüllt werden.

3.3. Kein kostengünstiger Ersatz durch externe Mandate

[15]

Neben der Qualität der Kommissionsleistungen greifen parlamentarische Vorstösse regelmässig auch die Kosten auf, welche Verwaltungskommissionen verursachen. Es stellt sich somit die Frage, ob es kostengünstigere Alternativen zur Leistungserbringung solcher Kommissionen gibt. Dabei steht insbesondere die Auslagerung an Dritte über die Vergabe von Aufträgen zur Debatte, die jedoch von der Art der Aufgaben abhängt: Wenn die Aufgabe darin besteht, die Kantone oder weitere interessierte Kreise einzubeziehen, dann sind externe Mandate kaum zielführend. Bei Kommissionen, die der Bundesverwaltung Fachwissen liefern sollen, wäre eine Auslagerung eher möglich.

[16]

In den Einsetzungsverfügungen steht gemäss Analyse der PVK bei rund einem Viertel der 84 Verwaltungskommissionen ausschliesslich die Bereitstellung von Fachwissen. Die Evaluation hat jedoch ergeben, dass eine Auslagerung auch in diesen Fällen oft weniger zielführend wäre. Die Gründe dafür liegen insbesondere darin, dass in einer Kommission Expertise aus verschiedenen Bereichen konsolidiert wird. So setzt sich die Lärmkommission beispielsweise aus Ingenieurinnen, Akustikern, Medizinerinnen usw. zusammen, deren jeweiliges Wissen zusammenfliesst. Zudem stellt die Kontinuität der Kommissionen eine gute Kenntnis der Themen und des Kontexts sicher. Ein weiterer Vorteil ist die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder, die in keiner finanziellen Abhängigkeit zur Verwaltung stehen, und schliesslich ist das Wissen bei dringenden Anliegen relativ schnell abrufbar.

[17]

Die Mitglieder der Kommissionen werden mit Taggeldern entschädigt. Diese machen rund 31 Prozent des gesamten Kostenaufwands bei den 84 Verwaltungskommissionen aus und fallen somit eher tief aus. Der finanzielle Aufwand fällt mehrheitlich bei den Sekretariaten und damit bei den Verwaltungsstellen an, denen die Kommissionen angegliedert sind. Vermehrte Mandatsvergaben würden den finanziellen Aufwand bei den Verwaltungsstellen kaum verringern, da auch deren Vergabe und Begleitung mit Arbeit verbunden ist.

[18]

Um die Kosten der Leistungserbringung mittels eines externen Auftrags mit der Leistungserbringung durch eine Kommission zu vergleichen, hat die PVK zu einer Leistung der Migrationskommission, welche sich klar abgrenzen liess, ein Pflichtenheft definiert und auf dieser Grundlage zwei Kostenschätzungen von potenziellen Auftragnehmenden eingeholt. Diese Kostenschätzungen hat sie dann den eruierten Kosten der Leistungserbringung durch die Kommission gegenübergestellt. Die Kosten fielen bei der Auslagerung um einiges höher aus als jene der Kommission – und dies auch, wenn beim externen Auftrag auf den Einbezug Dritter für die Konsolidierung von verschiedenen Meinungen verzichtet wurde. Der Grund für die tieferen Kosten der Leistungserbringung durch die Migrationskommission liegt in erster Linie bei den tiefen Taggeldern der Kommissionsmitglieder. Dieses beträgt zwischen 300 und 500 Franken. Die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen wird in der Regel nicht vergütet. Das Taggeld für eine Person entspricht in etwa einem Ansatz von ein bis drei Stunden einer Expertin bzw. eines Experten für ein externes Mandat.

4. Nutzung der Leistungen

4.1. Nutzung durch die Verwaltung nicht immer direkt ersichtlich

[19]

Parlamentarische Vorstösse aus den vergangenen Jahren stellten auch immer wieder die Nutzung der Leistungen spezifischer Kommissionen in Frage. Die Verarbeitung der Leistungen durch die Verwaltung ist für Aussenstehende oftmals nur schwer ersichtlich und nachvollziehbar.

[20]

Verschiedentlich fliessen Leistungen der Kommission direkt in die Handlungen der Verwaltung ein. So benannte die Rassismuskommission im Rahmen der Covid-19-Massnahmen die Schliessung von Standplätzen für Fahrende durch die Kantone sehr schnell als Problem, was vom Bundesrat dann auch berücksichtigt wurde. Die Schweizerische UNESCO-Kommission (SUK/UNESCO-Kommission) konnte ihrerseits unmittelbar Einfluss nehmen auf den Aktionsplan Schweiz 2016–2023 für das UNESCO Welterbe, den die Bundesverwaltung erarbeitete, und die Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP/Pandemiekommission) wirkte direkt auf die Erarbeitung und Überarbeitung des Pandemieplans ein.

[21]

Rund ein Viertel der befragten Mitglieder der Kommissionen sieht keine oder nur eine bedingte Nutzung ihrer Leistungen durch die Verwaltung. Dies mag einerseits daran liegen, dass vereinzelte Kommissionen keine Leistungen erbringen (siehe Ziff. 3.2), andererseits wird die Nutzung aber auch nicht immer direkt in Form eines Outputs der Verwaltung, wie beispielsweise einer Verordnungsänderung, ersichtlich. Die Sekretariate schätzen die Nutzung durch die Verwaltung positiver ein, was daran liegen mag, dass sie aufgrund der grösseren Nähe zur Verwaltung eine Nutzung erkennen, auch wenn diese nicht unmittelbar erfolgt.

[22]

Mit der Evaluation konnte aufgezeigt werden, wie Informationen und Empfehlungen von Kommissionen in Entscheidungen der Verwaltung einflossen.8 So waren beispielsweise Ergebnisse von Beratungen in der Pandemiekommission oder der Lärmkommission unterstützend für die Beantwortung von parlamentarischen Vorstössen. Die Ergebnisse der Kommissionen hat der Bundesrat zwar nicht wortwörtlich übernommen, sie bildeten aber einen Teil der Grundlagen, auf die sich Bundesrat und Verwaltung bei der Beantwortung stützten.

[23]

Werden Leistungen der Kommissionen durch die Verwaltung nur vereinzelt oder gar nicht genutzt, liegt das oftmals daran, dass sich die Leistungen nicht an einen klaren Adressaten richten. Die Zielgruppe der Kommissionsarbeiten ist meistens jene Verwaltungseinheit, der die Kommission zugeordnet ist – jedoch nicht immer. Die Familienkommission oder die UNESCO-Kommission bearbeiten beispielsweise aufkommende Themen aus Gesellschaft und Wissenschaft wie Elternurlaub bzw. frühkindliche Bildung, um sie bei der Verwaltung und anderen Interessengruppen bekannt zu machen. Die Themen betreffen häufig mehrere Ämter auf Bundesebene. Jedoch äussert keines dieser Ämter ein klares Bedürfnis nach diesen Leistungen und keines sieht sich als deren Adressaten. Ähnliches zeigt sich auch bei den Leistungen der Migrationskommission. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) gibt an, die Beratung der Migrationskommission nicht zu benötigen, weil es mittlerweile selbst in direktem Kontakt mit den relevanten Stakeholdern stehe.

4.2. Exekutive steht bei der Nutzung in der Pflicht

[24]

Da der Bundesrat die Kommissionen einsetzt, liegt es letztlich in seiner Verantwortung, dass die in der Einsetzungsverfügung beschriebenen Aufgaben den Bedürfnissen der Exekutive entsprechen. Diese Verantwortung nimmt der Bundesrat offensichtlich nicht konsequent wahr, denn die Aufgabenbeschreibung in den Einsetzungsverfügungen zielt teilweise gar nicht auf die Beratung der Verwaltung ab. Bei gewissen Kommissionen geht das Spektrum der Zielgruppen der Leistungen über die Verwaltung und den Bundesrat hinaus:

  • die Rassismuskommission und die UNESCO-Kommission richten sich auch an die Kantone;
  • die Migrationskommission richtet sich an Institutionen und Organisationen, die sich mit Migration und Integration befassen, sowie an Empfänger von Projektbeiträgen;
  • und die Fachkommission richtet sich an verurteilte Personen oder an die Strafvollzugsbehörden.
[25]

Ein regelmässiger Austausch zwischen der Kommission und der Verwaltung erhöht die Nutzung der Ergebnisse und findet insbesondere bei Kommissionen statt, die regelmässig tätig sind. Häufig tritt die Verwaltung mit Anfragen und Aufträgen an die Kommissionen heran. Die Verwaltung steht damit in der Verantwortung, Leistungen von den Kommissionen einzufordern. Den Kommissionssekretariaten kommt bei der Pflege des Kontakts zu den relevanten Stellen in der Verwaltung eine zentrale Scharnierfunktion zu.

[26]

Wenn die Verwaltung von den Kommissionen keine Leistungen verlangt oder diese nicht in ihre Arbeit einbezieht, obwohl es in der Einsetzungsverfügung vorgesehen wäre, mag dies je nach Fall berechtigt sein. Dass das Bundesamt für Gesundheit die Pandemiekommission bei der Bewältigung der Corona-Krise nicht einbezogen hat, erntete Kritik aus dem Parlament und den Medien.9 Die PVK kommt in der Evaluation ebenfalls zum Schluss, dass die Pandemiekommission aufgrund der Einsetzungsverfügung eine zentralere Rolle bei der Bekämpfung der Pandemie hätte spielen sollen bei der Evaluation der epidemiologischen Situation während Bedrohungsphasen und während pandemischer Phasen. In der Praxis wäre dies aber möglicherweise schwierig umsetzbar gewesen. Offensichtlich wurde in der Evaluation, dass das Verständnis, worin die Rolle der Kommission besteht, sowohl in der Verwaltung wie auch bei einem Teil der Mitglieder nicht mit den in der Einsetzungsverfügung aufgeführten Aufgaben übereinstimmte.

[27]

Auch in weiteren Fällen hat die Evaluation festgestellt, dass die Einsetzungsverfügungen wenig konkret sind und bei den einzelnen Aufgaben keine klare Verbindung zu einer Verwaltungseinheit vorsehen. In diesen Konstellationen mit unklaren Zuständigkeiten oder mehreren betroffenen Akteuren in der Bundesverwaltung (siehe Ziff. 4.1) sind die Voraussetzungen für die Nutzung der Beratungsleistungen der Kommissionen durch die Verwaltung schlecht. Die Einsetzungsverfügungen wurden bisher im Rahmen der Gesamterneuerung jeweils nur oberflächlich überprüft und angepasst.

5. Schlussfolgerungen und Ausblick

[28]

Die immer wiederkehrende Kritik an den ausserparlamentarischen Verwaltungskommissionen veranlasste die GPK, die Thematik durch die PVK systematisch untersuchen zu lassen.

[29]

Insgesamt kommt die PVK zum Schluss, dass die Leistungen der Kommissionen aufgrund ihres Fachwissens mehrheitlich als qualitativ gut wahrgenommen werden. Auch die flexiblen Einsatzmöglichkeiten der Kommissionen sind für die Verwaltung positiv. Wenn die Leistungen einem Bedürfnis der Verwaltung entsprechen und an die Verwaltung gerichtet sind, werden sie auch häufig genutzt, wenn auch nicht immer so, dass es von aussen klar erkennbar wäre. Die Evaluation führte gleichzeitig zutage, dass gewisse Verwaltungskommissionen teilweise keine Leistungen erbringen resp. gar nicht tagen oder keine für die Verwaltung relevanten Leistungen erarbeiten. Letzteres liegt insbesondere daran, dass die Einsetzungsverfügungen zum Teil wenig konkret sind und keinen klaren Beratungsauftrag enthalten sowie Aufgaben aufführen, die keinen klaren Bezug zu einer Verwaltungseinheit haben.

[30]

Es liegt in der Verantwortung des Bundesrates, dafür zu sorgen, dass die in den Einsetzungsverfügungen aufgeführten Aufgaben seinen Bedürfnissen entsprechen. Die alle vier Jahre im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen durchgeführte Überprüfung der Kommissionen böte dazu die Gelegenheit, wird aber offenbar nicht konsequent genutzt. Die teilweise lückenhafte Überprüfung hat auch zur Folge, dass Kommissionen, die keine Leistungen (mehr) erbringen, nicht abgeschafft werden.

[31]

Gestützt auf die Ergebnisse der Evaluation hat die (GPK-S) am 15. November 2022 Empfehlungen an den Bundesrat gerichtet (GPK 2022). Die im vorliegenden Beitrag diskutierten Ergebnisse wurden in zwei Empfehlungen aufgenommen: Einerseits forderte die GPK-S den Bundesrat auf, sämtliche Einsetzungsverfügungen auf ihre Konformität und Vollständigkeit zu überprüfen. Dabei sollten insbesondere die Definition der von den Verwaltungskommissionen zu erfüllenden Aufgaben und die Angaben zur ständigen Beratung analysiert werden. Andererseits empfahl die Kommission, die Notwendigkeit der Verwaltungskommissionen zu überprüfen. Besonderes Augenmerk solle dabei auf jene Verwaltungskommissionen gelegt werden, die nie oder nur selten tagen oder die keine oder kaum Leistungen für die Bundesverwaltung erbringen.

[32]

In seiner Antwort vom 29. März 2023 (Bundesrat 2023) hielt der Bundesrat fest, dass die Einsetzungsverfügungen im Jahr 2022 anlässlich der Überprüfung der Kommissionen von den Departementen kontrolliert und zehn Verfügungen angepasst wurden. Sollten die Departemente gestützt auf die Ergebnisse der Evaluation der PVK zum Schluss kommen, dass einzelne Einsetzungsverfügungen angepasst werden müssten, so könnten sie dies jederzeit tun. Der Bundesrat hat zudem aufgrund der Überprüfung die Aufhebung von vier Kommissionen beschlossen. Die Aufhebung einer weiteren Kommission werde dem Parlament in einer Botschaft beantragt. Der Bundesrat hat sich zudem bereit erklärt, die in den Empfehlungen angesprochenen Punkte im Rahmen der nächsten Überprüfung im Jahr 2026 für alle ausserparlamentarischen Kommissionen vertieft zu analysieren.


Dr. Felix Strebel, Stv. Leiter, Parlamentarische Verwaltungskontrolle PVK.


Literaturverzeichnis

  • Bundesrat (2007): Botschaft vom 12. September 2007 über die Neuordnung der ausserparlamentarischen Kommissionen, Änderung des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes und weiterer Erlasse, BBl 2007 6641.
  • Bundesrat (2023): Stellungnahme des Bundesrates vom 29. März 2023 betreffend Ausserparlamentarische Verwaltungskommissionen, Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 15. November 2022, BBl 2023 835.
  • GPK-S (2022): Ausserparlamentarische Verwaltungskommissionen, Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 12. Oktober 2018, BBl 2023 835.
  • Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle (1994): Funktion und Einfluss von ausserparlamentarischen Kommissionen des Bundes, Schlussbericht zuhanden der GPK, Bern, 31. März 1994.
  • PVK (2022): Ausserparlamentarische Verwaltungskommissionen, Bericht vom 20. Juni 2022 zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates, BBl 2022 3007.
  • PVK (2015): Evaluation der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung, Bericht vom 2. Februar 2015 zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates, BBl 2016 1723.
  • Rebmann, Frédéric Mach, André (2013): Die ausserparlamentarischen Kommissionen des Bundes. In: Ladner, Andreas et al. (Hrsg.): Handbuch der öffentlichen Verwaltung in der Schweiz. Zürich: NZZ Verlag, 167–182.
  • Strategos (2022): Commissions consultatives extraparlementaires: neuf études de cas. Mandant: Contrôle parlementaire de l’administration. Lausanne, im Auftrag der PVK 24. Mai 2022.
  • Uhlmann, Felix (2022): Kurzgutachten betreffend Begriff der ständigen Beratung für Verwaltungskommissionen nach Art. 57a Abs. 1 RVOG vom 17. Januar 2022 im Auftrag der PVK.

 


  1. 1 In einer Evaluation aus dem Jahr 2015 hat die PVK bereits deren Unabhängigkeit untersucht (PVK, 2015).
  2. 2 Eidg. Kommission für Familienfragen (EKFF), Eidg. Kommission für Lärmbekämpfung (EKLB), Eidg. Migrationskommission (EKM), Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP), Eidg. Kommission gegen Rassismus (EKR), Eidg. Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäter (FaKo), Kommission für das Beschaffungswesen Bund–Kantone (KBBK), Kommission für die Harmonisierung der direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden (KHSt), Schweizerische UNESCO-Kommission (SUK). Siehe auch: Strategos, 2022.
  3. 3 Ausführliche Daten zu den Ausserparlamentarischen Kommissionen werden von der BK online publiziert: Ausserparlamentarische Kommissionen, Leitungsorgane und Bundesvertretungen (admin.ch).
  4. 4 Botschaft vom 12. September 2007 über die Neuordnung der ausserparlamentarischen Kommissionen, Änderung des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes und weiterer Erlasse (BBl 2007 6641, hier 6651).
  5. 5 Die Nutzung der Leistungen durch Dritte wurde aufgrund des im RVOG formulierten Zwecks der Beratung von Bundesrat und Verwaltung in dieser Evaluation nicht untersucht.
  6. 6 Zur Erfüllung der Quoten siehe auch PVK 2022, 25f.
  7. 7 Siehe z.B. Interpellation 19.3760: Kosten- und Qualitätscheck für die Eidgenössische Kommission für Familienfragen; Interpellation 18.3784: Eidgenössische Medienkommission. Kosten- und Qualitätscheck.
  8. 8 Verschiedentlich werden Leistungen der Kommissionen auch von Parlamentsmitgliedern, Parteien und Interessengruppen verwendet.
  9. 9 Siehe z.B. Interpellation 20.3274: Mangelhafte Vorbereitung und Bewältigung trotz eidgenössischer Pandemiekommission, neu überarbeitetem Pandemieplan und frühzeitigen Alarmsignalen aus China.
Précédent Suivant PDF