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Liebe Leserinnen und Leser
 
Wir freuen uns, Ihnen die neue Ausgabe der Zeitschrift LeGes – Gesetzgebung & Evaluation zukommen zu lassen. LeGes ist das Mitteilungsblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Gesetzgebung (SGG) und der Schweizerischen Evaluationsgesellschaft (SEVAL) und richtet sich an Personen, die sich in Wissenschaft und Praxis um eine gute, verständliche und wirkungsvolle Gesetzgebung und eine gute Evaluation staatlichen Handels bemühen. 

Im vergangenen September fand in Freiburg der Jahreskongress 2020 der SEVAL zum Thema «Partizipation in der Evaluation: Illusion oder Notwendigkeit?» statt. In dieser Ausgabe erscheinen die im Rahmen des Kongresses gehaltenen Vorträge in schriftlicher Form sowie Berichte zu einer Auswahl der Methodenateliers und Workshops.

Braucht eine Organisation eine eigene Evaluationsabteilung? Verena Friedrich, Kathrin Frey und Lisa Guggenbühl beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit Evaluationssystemen in Organisationen anhand einer Literaturanalyse und Experteninterviews. 

Die elektronische Sammlung von Unterschriften (E-Collecting) ist zurzeit nicht zugelassen, wurde aber im Zuge der Corona-Pandemie und dem daraus folgenden Digitalisierungsschub wieder vermehrt diskutiert und gefordert. Katja Gfeller, Andreas Glaser und Irina Lehner beleuchten das Thema insbesondere aus Sicht der Rechtsetzung.

Jan Imhof behandelt am Beispiel der internationalen militärischen Ausbildungszusammenarbeit im VBS die Umsetzung einer Subdelegation von Vertragsabschlusskompetenzen im völkerrechtlichen Bereich.

Die aktuelle Ausgabe sowie das gesamte Archiv der Zeitschrift LeGes sind für alle kostenlos unter leges.weblaw.ch zugänglich. 

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.

Für Editions Weblaw
Eliane Locher

LeGes Wissenschaftliche Beiträge des SEVAL-Kongresses

Introduction
Caroline Jacot-Descombes, Eric Moachon

Les évaluations participatives : plus facile à dire qu’à faire ?
Seit nunmehr 50 Jahren gehören sie zum Evaluationsrepertoire und werden doch immer noch als etwas Innovatives präsentiert: Die partizipativen Evaluationen gibt es zwar schon lange, aber man trifft sie dennoch selten an. In diesem Beitrag geht es um die hauptsächlichen Gründe für das spärliche Vorkommen in der Praxis: eine unklare Definition; Befürchtungen, die sie bei den Entscheidungsträgern wecken; Schwierigkeiten, das partizipative Element über die ganze Dauer einer Evaluation beizubehalten. Doch der Versuch lohnt sich allemal. Die partizipative Evaluation ist ein Instrument der Zukunft, sie ist Ausgangspunkt künftiger Umgestaltungen des öffentlichen, staatlichen Handelns. Thomas Delahais

Armutsbetroffene Personen evaluieren Projekte der Armutspolitik
Die Mitwirkung von armutsbetroffenen und -gefährdeten Personen an Massnahmen und Projekten der Armutspolitik und derer Evaluation ist wirkungsvoll. Hierzu werden ein differenziertes Verständnis von Armut und Partizipation sowie geeignete Evaluationsinstrumente und Indizien zur Messung des Wirkungspotenzials vorausgesetzt. Dies wird im Beitrag basierend auf zwei partizipativen Evaluationsprojekten in der Schweiz skizziert. Zudem werden Chancen und Voraussetzungen der Evaluation mit Einbezug von armutsbetroffenen und -gefährdeten Personen herausgearbeitet. Emanuela Chiapparini

Comment assurer la participation de publics vulnérables dans une évaluation ?
Sowohl das schweizerische wie das internationale Recht gewährleisten, dass bei staatlichem Handeln, das Kinder und Jugendliche betrifft, deren Meinung berücksichtigt wird. Die Ausgestaltung dieser Partizipation steht vor einigen Herausforderungen. Der vorliegende Bericht präsentiert zwei Evaluationsbeispiele. Er zeigt die Vor- und Nachteile eines solchen Einbezugs auf, diskutiert methodologische und ethische Fragen und zeigt Wege auf, diese Anspruchsgruppen in die Evaluation einzubeziehen. Der Beitrag zeigt die angetroffenen Schwierigkeiten auf und stellt dar, welche Kompetenzen innerhalb des Evaluationsteams nötig sind, um die Schwierigkeiten zu überwinden. Schliesslich wird die Positionierung der Evaluationsteams angesichts der mit der Partizipation geweckten Erwartungen beleuchtet. Fabienne Sastre Duret

La vidéo au service de l’évaluation
In diesem Bericht geht es um den Einsatz von Video in Evaluationen. Was verspricht man sich vom Einsatz audiovisueller Mittel und welches sind dabei die Herausforderungen? Welche Vorteile hat so ein Einsatz für die Partizipation in einer Evaluation? Antworten auf diese Fragen werden anhand von zwei Beispielen zu geben versucht: humanitäre Hilfe für Haiti (François Grunewald) und Berichte des Genfer Rechnungshofes (Michel Debétaz). Die Herausforderungen beim Einsatz dieses Instruments liegen namentlich beim Ressourcenaufwand, den die Produktion eines Videos erfordert, und bei den rechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Schutzes von Personendaten, die es bei der Herstellung und bei der Publikation eines solchen Videos einzuhalten gilt. Sophie Ruchat, Michael Debétaz, François Grünewald

Indépendance et participation, un mariage impossible ?
Dieser Beitrag berichtet von den Ergebnissen eines Workshops im Rahmen des SEVAL-Kongresses 2020. Der Workshop behandelte Evaluationen von Oberaufsichtsorganen am Beispiel der Eidgenössischen Finanzkontrolle und des Genfer Rechnungshofes. Können die von diesen Institutionen durchgeführten Evaluationen einen partizipativen Ansatz und ihre eigene Unabhängigkeit unter einen Hut bringen? Fachleute aus den beiden Institutionen zeigten verschiedene Möglichkeiten der Partizipation und die mit ihnen verbundenen Schwierigkeiten auf. Dabei kam heraus, dass die Integration direkt Beteiligter in die Begleitgruppe zur gängigen Praxis gehört. Die Partizipation besteht in der Konsultation, erstreckt sich aber nicht bis hin zur Mitentscheidung. Laurent Crémieux, Eric Moachon, Isabelle Terrier, Philipp Zogg

Partizipative Ansätze und Evaluationsmethodik
Im Workshop 4 wurden acht Voraussetzungen herausgearbeitet, unter denen partizipative Ansätze der Evaluation konkret eingesetzt werden können; Hintergrund bildeten dabei Erfahrungen in den Bereichen Raumplanung und Tourismus. Was dabei herauskam, war Folgendes: Partizipative Herangehensweisen müssen neue Horizonte eröffnen, die Probleme entwirren, Konsensfindung ermöglichen und dürfen nicht zu schnell auf (vermeintliche) Lösungen zusteuern. In diesem Sinne sind partizipative Ansätze sicherlich besonders geeignet für formative Evaluationen. Bei summativen Evaluationen könnten sie eher angewendet werden auf die Verarbeitung und Interpretation der Ergebnisse und auf die Frage, wie mit den Ergebnissen weitergearbeitet werden soll. Schliesslich ist festzuhalten, dass es bei der Anwendung solcher Ansätze wichtig ist, dass mit Risiken, und zwar sowohl inhaltlicher als auch prozeduraler Art, umgegangen werden kann. Pia Gabriel-Schärer, Martin Wicki

Wie stehen die Mitglieder der SEVAL zum Thema «Partizipation in Evaluationen»?
Im interaktiv konzipierten Workshop tauschten sich die Teilnehmenden über ihre Ansichten zu partizipativer Evaluation und ihre Erfahrungen damit aus. Die Diskussionen zeigten, dass Partizipation grundsätzlich wünschbar, aber nicht immer problemlos durchführbar ist. Gewisse Vorbehalte bestehen hinsichtlich der Unabhängigkeit und des Expertenstatus von Evaluierenden und bezüglich der wissenschaftlichen Güte mittels partizipativer Methoden erhobener Informationen. Partizipative Evaluation bedingt ein bestimmtes Rollenverständnis und spezifische Methodenkompetenzen seitens der Evaluierenden, Freiheitsgrade bezüglich des Evaluationsauftrags und -prozesses, aber auch die Bereitschaft von Stakeholdern, sich konstruktiv und qualifiziert an einer Evaluation zu beteiligen. Der Workshop lieferte Impulse für weitere Vertiefungen des Themas und für die Weiterentwicklung der Evaluationspraxis. Christian Rüefli

LeGes Wissenschaftliche Beiträge

Evaluationssysteme in Organisationen
Wenn Organisationen Projekte durchführen oder fördern und diese evaluiert werden sollen, so stellt sich die Frage: Braucht die Organisation dazu eine eigene Evaluationsabteilung? Wo ist diese am besten verortet? Der Beitrag befasst sich auf der Grundlage einer Literaturanalyse und von Experteninterviews damit, welche strukturellen Varianten es gibt und in welchem Zusammenhang sie mit den unterschiedlichen Zwecken der Evaluation stehen. Dabei werden das Spannungsfeld und die Trade-offs zwischen den Evaluationszwecken «Verbesserung» und «Rechenschaftslegung» beleuchtet. Der Beitrag schliesst mit der Diskussion verschiedener Möglichkeiten, wie die unterschiedlichen Evaluationszwecke im Rahmen von Evaluationssystemen verfolgt werden können. Verena Friedrich, Kathrin Frey, Lisa Guggenbühl

LeGes Werkstattberichte

E-Collecting: Umsetzungsvarianten und Rechtsetzungsbedarf
Die Unterstützungsbekundung für Volksreferenden und Volksinitiativen bedingt eine handschriftliche Unterschrift. Die elektronische Sammlung von Unterschriften (E-Collecting) wurde im Zuge der Digitalisierung wiederholt diskutiert, ist bislang aber nicht zugelassen. Die Einschränkungen der Unterschriftensammlung aufgrund der Corona-Pandemie verleihen den rechtspolitischen Forderungen nach Einführung des E-Collecting neuen Auftrieb. Der Beitrag beleuchtet die Ausgestaltung der Unterstützungsbekundung durch einen elektronischen Identitätsnachweis, zeigt den daraus folgenden Rechtsetzungsbedarf auf und schliesst mit einer rechtspolitischen Einordnung. Katja Gfeller, Andreas Glaser, Irina Lehner

Subdelegation von Vertragsabschlusskompetenzen an Verwaltungseinheiten
Völkerrechtliche Instrumente gewinnen für die Verwaltung stetig an Wichtigkeit. Diese Entwicklung trifft auch auf die Gruppe Verteidigung (Gruppe V) im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) zu. Der Gesetzgeber hat mit der Subdelegation von Kompetenzen einen Mechanismus vorgesehen, um den Bundesrat von Bagatellverträgen zu entlasten. Dem Umstand, dass wir uns bei Kompetenzdelegationen völkerrechtlicher Instrumente im Bereich der Rechtsetzung befinden, wird häufig zu wenig Beachtung geschenkt. Der vorliegende Beitrag durchleuchtet die Umsetzung einer solchen Subdelegation im VBS am Beispiel der internationalen militärischen Ausbildungszusammenarbeit. Jan Imhof

LeGes Mitteilungen

Neue Form der Angabe der Fundstelle in AS und BBl
Manuela Gehriger, Markus Nussbaumer

LeGes Literaturhinweise

Literaturhinweise – Repères bibliographiques – Riferimenti bibliografici – Indicaziuns bibliograficas
Rebekka Bratschi, Adrian Boxler, Jean-Luc Egger, Céline Mavrot, Markus Nussbaumer

LeGes Rezensionen

Recensione di: Tiphaine Samoyault, Traduction et violence, Seuil, Paris 2020, 203 pagg.
Jean-Luc Egger